Die von Nobelpreisträger Mohammed Yunus geführte Übergangsregierung in Bangladesch steht vor einer Herkulesaufgabe. Sie soll das demokratische System gemäß den Vorstellungen der unterschiedlichen politischen Strömungen, die an der Regierung teilhaben, reformieren. Ein Ziel ist es, eine erneute parteipolitische Instrumentalisierung staatlicher Institutionen zu verhindern und somit die Grundlage für eine neue politische Kultur zu legen. Des Weiteren muss die Regierung die wirtschaftliche Krise bewältigen. Und schließlich muss sie ihre außenpolitischen Interessen definieren und die Beziehungen zu Akteuren wie Indien, den USA, China und Russland neu austarieren. Deutschland und Europa muss daran gelegen sein, dass die Reformen die Unabhängigkeit der demokratischen Institutionen in dem muslimischen Land stärken und die sozialen Errungenschaften, zum Beispiel bei der Frauenförderung, bewahrt werden.
Die Militärausgaben Russlands werden 2025 erneut beträchtlich wachsen. Sowohl die Rüstungsproduktion als auch die Rekrutierung neuer Soldaten erfordern immer größere Anstrengungen. In Teilen der russischen Wirtschaft hat die hohe staatliche Nachfrage in den vergangenen zwei Jahren einen Kriegsboom ausgelöst. Die Einkommen sind stark gestiegen, und es herrscht Aufbruchstimmung. Aufgrund des Arbeitskräftemangels und der westlichen Sanktionen ist das Wirtschaftswachstum im Laufe dieses Jahres jedoch zum Erliegen gekommen, während sich eine hartnäckige Inflation eingestellt hat. Die Zentralbank kämpft mit hohen Zinsen gegen die Preisspirale an, was die Wirtschaft bremst, die Inflation aber noch nicht dämpfen konnte. Mit Blick auf das Jahr 2025 trüben sich die Konjunkturaussichten weiter ein, wodurch Russland krisenanfälliger wird. Neue Sanktionen oder auch ein niedrigerer Ölpreis könnten eine Rezession in Gang setzen.
Beim BRICS-Gipfel im russischen Kasan kam es diesen Oktober einmal mehr zur innigen Umarmung zwischen dem indischen Premierminister Narendra Modi und Russlands Machthaber Wladimir Putin. Seit im Februar 2022 die russische Vollinvasion in der Ukraine begonnen hat, gelten die engen Beziehungen zwischen Neu-Delhi und Moskau im Westen als Hindernis für eine internationale Isolation des Aggressorstaats. Doch haben die Bemühungen westlicher Staaten, Indiens Abhängigkeit von Russland durch eigene Initiativen zu reduzieren, nur durchwachsene Ergebnisse erzielt. Insbesondere Indiens rasant ansteigende Importe von günstigem russischem Rohöl verdeutlichen, dass Neu-Delhi gegenüber Moskau primär eigene Interessen verfolgt. Indien sieht in Russland einen vertrauenswürdigen Partner, weshalb die deutsche Indien-Politik sich nicht der falschen Hoffnung hingeben sollte, das Land werde sich von Russland abwenden.
Die Entsendung mehrerer Tausend nordkoreanischer Soldaten nach Russland stellt nicht nur eine bedeutende Eskalation und Ausweitung des russischen Krieges gegen die Ukraine dar, sondern signalisiert den Übergang zu einer neuen Ebene der russisch-nordkoreanischen Verteidigungskooperation. Diese zunehmende Verflechtung der Sicherheitsdynamiken in Europa und im Indo-Pazifik hat weitreichende Implikationen für beide Regionen. Darauf muss Europa reagieren, etwa durch verstärkte Unterstützung der Ukraine, vertiefte nachrichtendienstliche Kooperation mit Südkorea und verbesserte Szenarienplanung.
Saudi Arabia has entered the geopolitical competition for mineral resources – and it has done so in a determined manner and with substantial funds at its disposal. As part of its Vision 2030, the Kingdom aims to strengthen local processing and industrial value added. Currently, Saudi Arabia secures its mineral resources through international investments and offtake agreements; but, in the long term, it plans to develop its domestic mining industry. Many initiatives remain in the conceptual phase. As it looks to realise its ambitions, Saudi Arabia continues to rely on international partners. Positioning itself as a geopolitically neutral “link” between the major powers, the Kingdom is seeking closer ties with China while at the same time competing with the People’s Republic. Simultaneously, it presents itself to the West as a potential partner for resource diversification. The EU appears to regard cooperation with Saudi Arabia as a viable option for securing its raw material supply. However, the key conditions for a strategic partnership have still not been met.
Die jüngsten wirtschaftspolitischen Entwicklungen in der Türkei sind international nicht unbemerkt geblieben. Auf der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) im Oktober erhielt der türkische Finanzminister Mehmet Şimşek viel Lob für den nach seiner Ernennung im Juni 2023 eingeleiteten Kurswechsel. Mit Maßnahmen wie Ausgabendisziplin, Steuererhöhungen und restriktiver Kreditvergabe sollen Strukturprobleme der türkischen Wirtschaft, insbesondere die hohe Inflation und langjährige Währungsabwertung, überwunden werden. Verschiedene makro-ökonomische Kennzahlen deuten auf erste Erfolge hin. Der Rückgang der Preisinflation lag im Oktober 2024 bei 48,6 Prozent. Im Oktober 2022 hatte die offiziell ausgewiesene Inflation mit 85,5 Prozent eine Größenordnung erreicht, die an die Hyperinflation der 1990er Jahre in der Türkei erinnert.
Abkehr von unorthodoxer ZinspolitikDie Abschwächung der Verbraucherpreise geht auf eine Reihe von Einflussfaktoren zurück. Zentral war dabei die Abkehr von der »unorthodoxen Zinspolitik«. Mit der geldpolitischen Wende der türkischen Zentralbank beträgt der Leitzins heute 50 Prozent - fast deckungsgleich mit der Preisentwicklung. Die Zinserhöhungen sind ein klarer Bruch mit der vorherigen Politik, die - entgegen ökonomischer Logik und internationaler Empfehlungen - niedrige Zinsen bei zweistelliger Inflation als Wachstumsimpuls propagierte. Weitere Zinserhöhungen sind zu erwarten, sollte die hohe Inflation anhalten.
Die Wende in der türkischen Zinspolitik soll das Vertrauen in die türkische Lira stärken und internationale Investoren zurückbringen - ein politisch riskanter, aber notwendiger Schritt. Die exorbitanten Inflationsraten der vergangenen Jahre, einhergehend mit einer signifikanten Abwertung der Landeswährung, waren ein zentraler Grund für die Niederlage der Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdoğan bei den diesjährigen Kommunalwahlen. Anders gesagt: Ein nachhaltiger Rückgang der Inflation wird auch über das politische Schicksal von Şimşek entscheiden.
Geopolitische Risiken und geldpolitische UnabhängigkeitDie mittelfristigen Konjunkturaussichten der Türkei sind insgesamt positiv, stehen aber auf dünnem Eis. Der IWF erwartet für 2024 ein Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent – von einer Rezession kann deshalb keine Rede sein. Gleichwohl stellen höhere globale Energiepreise, von denen die Türkei als Importeur erheblich abhängig ist, sowie der Konflikt im Nahen Osten und der Krieg in der Ukraine geopolitische Risikofaktoren für die einheimische Wirtschaftsentwicklung dar.
Vom Januar bis Juli 2024 haben sich die Exporte im Vergleich zum Vorjahr um 4,1 Prozent auf 148,8 Milliarden US-Dollar gesteigert, während die Importe um 8,4 Prozent auf 198,6 Milliarden US-Dollar gesunken sind. Das Defizit belief sich auf 49,8 Milliarden US-Dollar, was einem Rückgang von 32 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Das koordinierte Zusammenspiel von Fiskal- und Zinspolitik hat in Ankara in den vergangenen Monaten an Substanz und Glaubwürdigkeit gewonnen. Die politischen Spielräume für Şimşek und Zentralbankgouverneur Fatih Karahan haben sich schrittweise verbessert. Das türkische Verfassungsgericht hat in einer Entscheidung vom Juni 2024 Präsident Erdoğan die Befugnis entzogen, Zentralbankchefs vor Ablauf ihrer Amtszeit zu feuern. Diese Entscheidung stärkt die Unabhängigkeit der Zentralbank und reduziert die politische Einflussnahme – ein entscheidender Schritt, der bei internationalen Investoren positiv aufgenommen wurde.
Stärkung des AußenhandelsZur wirtschaftspolitischen Strategie der Türkei gehört auch das Ziel, Handelsbeziehungen zu diversifizieren, um die Exportchancen zu erhöhen. So sind die steigenden Ausfuhren auch auf die wachsende Zahl von Freihandelsabkommen (FTA) zurückzuführen. Insgesamt bestehen 54 FTAs zwischen der Türkei und Partnerländern, darunter 27 im EU-Binnenmarkt durch die Zollunion. Zuletzt hat die Türkei im August 2024 ein Freihandelsabkommen mit der Ukraine ratifiziert. Mit dem Golfkooperationsrat laufen Verhandlungen über ein FTA. Die mögliche Mitgliedschaft der Türkei in der BRICS-Allianz ist ein weiterer Hinweis auf Ankaras Interesse, seine wirtschaftliche und geopolitische Position durch Integration in multilaterale Institutionen zu stärken.
Die türkische Wirtschafts- und Finanzpolitik hat in den vergangenen Monaten erkennbare Fortschritte gemacht. Doch auch wenn die neuen Maßnahmen Wirkung zeigen, bleibt die wirtschaftliche Lage fragil. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Türkei den Weg zu einer berechenbaren Wirtschaftspolitik fortsetzt, oder erneut unter den Hypotheken der Vergangenheit leidet.