Nur wenige Stunden nach dem Debakel seiner sozialistischen Partei PSOE bei den Kommunal- und Regionalwahlen am 28. Mai hat Pedro Sánchez einen Coup gelandet: Der spanische Ministerpräsident zog die ursprünglich für Ende Dezember angesetzten Parlamentswahlen auf den 23. Juli vor. Mit diesem riskanten Schritt, der ihn das Amt kosten könnte, überraschte er nicht nur politische Freunde und Gegner. Er hat sich auch einige taktische Vorteile verschafft: Die laute Kritik an seiner Person und seinem Führungsstil in der eigenen Partei wird schnell verstummen, alle Landesfürsten seiner Partei müssen sich trotz schmerzhafter Niederlagen in ihren Hochburgen hinter dem Ministerpräsidenten versammeln. Auch sein linker, zerstrittener Koalitionspartner Unidas Podemos wird durch diesen Schachzug gezwungen sein, sich schnell intern zu einigen, um in einer Allianz mit der PSOE in die Wahlen gehen zu können.
Es zeichnet sich ein klarer Lagerwahlkampf ab, der die politische Polarisierung im Land weiter vorantreiben dürfte. Denn mit der siegreichen konservativen Volkspartei Partido Popular steht dem Regierungslager ein politischer Gegner gegenüber, der das politische Momentum auf seiner Seite hat. PP-Chef Alberto Núñez Feijóo wird allerdings erklären müssen, wie er sich ein mögliches Bündnis der Volkspartei mit der rechtsextremen Vox als wichtigstem potenziellen Partner auf nationaler Ebene vorstellt. Die Vorverlegung der Wahlen könnte der PP und den anderen rechten Kräften weniger schaden als dem aktuellen Regierungsbündnis, das sich jetzt schnell neu aufstellen muss, um den Wählern noch als tragfähige Option für eine Fortsetzung der gemeinsamen Regierung zu erscheinen.
Ein Regierungswechsel könnte zu einer Verschiebung der innenpolitischen Prioritäten führen und damit alte Gräben wieder aufreißen – sei es im Umgang mit Autonomiebestrebungen, Minderheiten und Migranten, der erreichten Neuausrichtung in der Klima- und Energiepolitik oder der Rücknahme der umstrittenen Sexualgesetzgebung. Mit der in den vergangenen Jahren zunehmenden Polarisierung ist die politische Mitte in Spanien erodiert, jede neue Regierung hat die Politik ihrer Vorgängerin zurückgedreht. Im Vorfeld der Wahlen, die die spanischen Wählerinnen und Wähler erstmals mitten in den Sommerferien zu den Urnen rufen, ist jedoch mit einer starken Personalisierung auf die beiden Spitzenkandidaten zu rechnen.
Belastungen für EuropaDa ein Regierungswechsel nur drei Wochen nach der Übernahme der sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft durch Spanien stattfinden könnte, bringt die Vorverlegung der Wahlen auch eine gewisse Unsicherheit für die EU mit sich. Zwar ist es nicht das erste Mal, dass die rotierende Ratspräsidentschaft mit einer Parlamentswahl zusammenfällt – doch könnte die Polarisierung der spanischen Politik auch auf die europäische Ebene ausstrahlen, indem Themen, die auf europäischer Ebene zu entscheiden sind, im Wahlkampf instrumentalisiert und Entscheidungen aus Angst vor Gesichtsverlust blockiert oder aufgeschoben werden. Der parteiübergreifende Konsens über die Prioritäten der spanischen Ratspräsidentschaft kann nicht mehr im Parlament beschlossen werden und droht im Wahlkampfgetöse unterzugehen.
Es ist nicht auszuschließen, dass die Wahlen keine klare Mehrheit im Parlament ergeben - die letzten Wahlen in Spanien im April 2019 mussten im November wiederholt werden, nachdem die Verhandlungen über eine Koalitionsregierung gescheitert waren. Eine solche Hängepartie wäre für den europäischen Prozess sehr belastend, da Verhandlungen über europäische Schlüsselfragen aus Zeitmangel der durch den Wahlkampf zu Hause gebundenen spanischen Führung verschoben werden müssten. Dies gilt umso mehr, als die spanische Ratspräsidentschaft als letzte rotierende Ratspräsidentschaft vor den Europawahlen 2024 eine Vielzahl von Gesetzgebungsdossiers abschließen müsste, um einen Rückstau zahlreicher europäischer Entscheidungsprozesse zu vermeiden, darunter die Reform des Strommarktes nach der Krise, die Regulierung künstlicher Intelligenz oder die Strategie zur Verhinderung der Abwanderung grüner Industrien.
Hinzu kommt die auch für Spanien zentrale Frage der Regulierung der Migration, bei der gemeinsame Positionen mit den Regierungen Italiens und Griechenlands gefunden werden müssen. Gerade auf den Schultern der Ratspräsidentschaft lastet hier die schwierige Aufgabe, mit diplomatischem Geschick einen Konsens der EU-27 herbeizuführen und den Verlauf der politischen Debatte zu beeinflussen.
Wenn Madrids Handlungsspielraum im Europäischen Rat durch den Wahlkampf und einen möglichen Regierungswechsel, ein politisches Führungsvakuum in Spanien und damit auch an der Spitze des Rates bedroht ist, werden viele Dossiers auf die nächste Ratspräsidentschaft verschoben, die Belgien im ersten Halbjahr 2024 innehaben wird, das bereits im Zeichen des Wahlkampfes zum Europäischen Parlament stehen wird. Um Verzögerungen zu vermeiden, wird es daher an den Mitgliedstaaten und den Brüsseler Instanzen liegen, die möglichen Bremsspuren der vorgezogenen Neuwahlen kurz zu halten und für Stabilität bei den internen Prozessen der europäischen Entscheidungsfindung zu sorgen.
Nach offiziellen Verlautbarungen besteht der Hauptzweck des Quadrilateralen Sicherheitsdialogs (Quad) darin, die Zusammenarbeit der vier Partnerländer Australien, Indien, Japan und die USA bei der Bewältigung dringlicher Herausforderungen zu intensivieren; dazu zählen unter anderem Klimaschutz, Gesundheitspolitik oder maritime Sicherheit. In erster Linie ist es aber der Aufstieg Chinas und die mit ihm verbundene Infragestellung der US-Hegemonie in der Region, welche die vier Partner zusammenbringen. Minilaterale Kooperationsformate wie der Quad gewinnen zwar global an Bedeutung. Aber auch mehr als 15 Jahre nach dem Beginn formeller Diskussionsrunden und trotz verstärkter Zusammenarbeit erscheint der Sicherheitsdialog zwischen den vier ungleichen Partnern mehr als Symptom regionaler Instabilität denn als Abhilfe gegen sie.
Climate policy in the European Union (EU) and Germany changed significantly with the adoption of net-zero emissions targets. A key new development is the growing importance of carbon management. The umbrella term includes not only the capture and storage of CO2 (carbon capture and storage, CCS), but also CO2 capture and utilisation (carbon capture and utilisation, CCU) as well as the removal of CO2 from the atmosphere (carbon dioxide removal, CDR). It is important to provide clarity when differentiating between these approaches and identifying their relation to so-called residual emissions and hard-to-abate emissions. This is particularly important because it will determine the overall ambition of climate policy as well as shape future policy designs and their distributional impacts. Current policy and legislative processes should ensure that carbon management does not delay the phase-out of fossil fuels. New policy initiatives present an opportunity to actively shape the interface between ambitious climate and industrial policy.
Konnektivität, besonders im Transportbereich, ist mit Blick auf den Südkaukasus während der letzten Jahre zu einem allgegenwärtigen Thema avanciert. Auch in der EU-Politik vis-à-vis der Region spielt Transportkonnektivität eine zentrale Rolle. Im Rahmen ihrer Global-Gateway-Initiative hat sich die EU dabei einem Engagement verschrieben, das gleichzeitig wertebasiert und geostrategisch ist. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, sollte die EU die verschiedenen Dimensionen von Transportkonnektivität und ihre Implikationen auf mehreren Ebenen integriert betrachten. Vor allem der Verknüpfung von Konnektivität mit machtpolitischen Fragen sollte die EU Rechnung tragen. Bei der Etablierung genuin inklusiver und transparenter Multi-Stakeholder-Prozesse sowie unabhängiger projektbegleitender Monitorings könnte die EU Unterstützung leisten. Dies könnte die Richtung zu einem eher holistisch gedachten Konnektivitätsansatz weisen. Die EU sollte ihr Konnektivitätsengagement auch kritisch auf mögliche Zielkonflikte abklopfen. Die Policy-Debatten in Berlin und Brüssel würden dabei von einem intensiveren Austausch mit der kritischen Logistik-, Infrastruktur- und Konnektivitätsforschung profitieren. Deren Erkenntnisse könnten zu einer nuancierteren Betrachtung von Transportkonnektivität und der damit verbundenen Komplexitäten und Ambivalenzen beitragen.
Mit der »Zeitenwende« in der internationalen Politik geht die Notwendigkeit einher, strategisches Denken zu stärken und sich für künftige Herausforderungen besser zu wappnen. Deutschland tut dies bereits, indem es strategische Dokumente zur nationalen Sicherheit und zu den Beziehungen mit China vorbereitet. In Bezug auf Russland drängt sich eine ähnliche Vorgehensweise auf: Erstens weil Russlands Aggression gegen die Ukraine die Situation in Europa und darüber hinaus für längere Zeit wesentlich verschlechtert hat. Zweitens weil die Konzeption einer Russlandpolitik, die auf den seit 2022 deklarierten Leitlinien basiert, eine Möglichkeit bietet, frühere Fehler zu korrigieren und Maßnahmen, die aus einer Krisensituation hervorgegangen sind, in eine langfristige Politik zu verwandeln.
Sudan’s two main security forces are fighting each other. A swift military outcome is not to be expected in view of the relatively balanced power between the Sudanese Armed Forces (SAF) and the Rapid Support Forces (RSF). This strategic stalemate means that the chances for successful mediation are not hopeless. For this to happen, however, Sudan’s international partners would have to abandon the approach that dominated negotiations for decades, namely giving violent actors a leading role in negotiations. Civilian actors formed a broad anti-war coalition that should set the tone for peace talks from the very beginning. This could well be in the interest of the parties to the conflict, as they will need a third actor to arbitrate their relationship in the future. The German government should strive for stronger coordination of the international mediation approaches under civilian leadership from Sudan, while the European Union (EU) should initiate constrains on the financial leeway of Sudan’s violent actors.