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Stiftung Wissenschaft und Politik
Updated: 2 weeks 1 day ago

Von der Leyens zweite Amtszeit: Gestärkte Mitte gegen »Patrioten für Europa«?

Fri, 19/07/2024 - 16:25

Mit 401 von 707 Stimmen hat Ursula von der Leyen bei der Wahl am 18. Juli ein klares Mandat für ihre zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin erhalten. Ihre Wiederwahl sendet ein wichtiges Signal der Stabilität, angesichts der politischen Turbulenzen in Frankreich und den USA. Und sie zeigt, dass eine handlungsfähige Koalition ohne Unterstützung rechtspopulistischer Kräfte möglich ist.

Die politischen Leitlinien von der Leyens für die nächsten fünf Jahre spiegeln die Zielsetzung wider, die Interessen der Mitte zu bedienen. Für die Liberalen und die führende EVP werden Wettbewerbsfähigkeit, Verteidigungspolitik und innere Sicherheit priorisiert. Gleichzeitig will von der Leyen mit angepassten Mitteln die Ziele des Green Deal weiterverfolgen – ein Zugeständnis, das sich unmittelbar politisch ausgezahlt hat, da die Grünen ausschlaggebend für ihre Wiederwahl waren. Auch den Sozialdemokraten machte sie neue Angebote, etwa mit europäischen Förderprogrammen zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Die meisten zentralen Wahlversprechen von der Leyens hängen an einer Ausweitung des EU-Haushaltsrahmens, um dem ab 2025 hart gerungen werden wird. Für die kommenden Monate ist jedoch die Eindämmung illiberaler Kräfte vordringlich.

Viktor Orbán provoziert

Viktor Orbáns konspirative Reisen zu Wladimir Putin, Xi Jinping und Donald Trump haben zu Beginn der ungarischen Ratspräsidentschaft für Aufregung gesorgt. Die offizielle Rolle der EU-Ratspräsidentschaft ist es, die interne EU-Agenda zu moderieren. Deshalb war die Annahme verbreitet, dass die ungarische Ratspräsidentschaft keinen großen Schaden anrichten könne, solange keine neue EU-Kommission steht und die Gesetzgebung wieder anläuft. In diese Übergangsphase ist Orban rabiat hineingestoßen: Er missbraucht die Präsidentschaft als außenpolitischen Pegelverstärker. Als Reaktion darauf kündigten die nordeuropäischen Mitgliedsstaaten und von der Leyen an, alle informellen Treffen mit Ungarn auf politischer Ebene vorerst zu boykottieren. Das neu zusammengetretene Europaparlament verurteilte die außenpolitische Irrfahrt Orbans auf das Schärfste. 

Diese Situation erinnert an das Jahr 2000, als die EU versuchte, die damalige österreichische Regierung unter Beteiligung des Rechtspopulisten Haider auf diplomatischer Ebene zu isolieren, letztlich ohne Erfolg. Heute bestehen stärkere und formalisierte EU-Mechanismen: Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH, das Einfrieren von europäischen Fördergeldern und das sogenannte Artikel-7-Verfahren, welches schwerwiegende politische Sanktionen nach sich ziehen kann. All das ist gegen Ungarn in Stellung gebracht worden – mit bisher bescheidenen Ergebnissen.

Politische Klärung statt neuer Instrumente

Die neuen politischen Leitlinien von der Leyens versprechen zwar eine Vertiefung der bestehenden EU-Politik zum Schutz der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Schon in den ersten 100 Tagen möchte sie ein »Defense of Democracy Shield« zur Bekämpfung von Desinformationskampagnen vorstellen. Zudem soll im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen verankert werden, dass die EU bei Rechtsstaatlichkeitsdefiziten flächendeckend Fördergelder einfrieren kann.

Diese Ankündigungen erscheinen in der akuten Krise aber dennoch unzureichend. Grundsätzlich wäre es rechtlich möglich, die ungarische Ratspräsidentschaft frühzeitig zu beenden, und einen solchen Schritt haben Brüssel und Straßburg bereits erwogen. Dafür müssten sich die Mitgliedstaaten aber zu einer offenen Abstimmung gegen Ungarn durchringen, was über eine rein technische Anpassung der EU-Geschäftsordnung hinausgeht. Zumindest sollten die Mitgliedsstaaten aber eine klare Warnung an Ungarn gemäß Art.7(1) EU-Vertrag zur Gefährdung der europäischen Grundwerte aussprechen. Dafür ist eine Vier-Fünftel-Mehrheit nötig.

Alle weiteren Maßnahmen hängen von dieser seit Jahren überfälligen Positionierung ab. Über die EU hinaus muss das nächste Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Budapest am 7. November, unmittelbar nach den US-Präsidentschaftswahlen, bedacht werden. Im Falle eines Sieges von Donald Trump wird Orban hier mehr denn je einen Führungsanspruch erheben. Nach dem Sommer gilt es also nicht nur, die neue Kommission aufzustellen. Dem rechtspopulistischen Lager der »Patrioten für Europa« muss eine belastbare politische Allianz in allen EU-Institutionen entgegentreten.

Die dritte Generation der Nationalen Klimabeiträge

Fri, 19/07/2024 - 02:00

Die Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens (PA) sind verpflichtet, bis zum 10. Februar 2025 neue national festgelegte Klimabeiträge (nationally determined contributions, NDCs) mit Zielen für das Jahr 2035 einzureichen. Diese »NDCs 3.0« sollen als umfassende Investitions- und Transformationspläne die Ergebnisse der ersten Globa­len Bestandsaufnahme (Global Stocktake, GST) berücksichtigen, die auf der COP 28 in Dubai abgeschlossen wurde, und das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite halten. Verhärtete Positionen zwischen Entwicklungs- und Industrieländern und der Konflikt um Finan­zierung erschweren jedoch den Aufbau einer progressiven Koali­tion zur Entwicklung ambitionierter NDCs. Durch intensivere technische Unter­stützung, diplomatische Initiativen und die Einbindung Brasiliens als Schlüsselakteur könnten Deutschland und die EU neuen Schwung in den NDC-3.0-Prozess bringen.

Gewichtig und richtig: weitreichende US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland

Thu, 18/07/2024 - 02:00

Die USA und Deutschland haben auf dem Nato-Gipfel im Juli 2024 verkündet, dass 2026 in Deutschland bodengestützte amerikanische Mittelstreckenwaffen stationiert werden, die das russische Kernland erreichen können. Das ist ein bedeutender Schritt, denn die Nato erhält damit neue Fähigkeiten in einem Bereich, der durch Russlands Raketenkrieg gegen die Ukraine wichtiger geworden ist. Moskau droht mit militärischen Gegenmaßnahmen. Aber die hiermit verknüpften Risiken für Deutschland sind bei genauer Betrachtung geringer als oft vermutet. Die Pläne haben sogar Potential, zu künftigen Rüstungskontrollvereinbarungen mit Russland beizutragen.

Der Global Digital Compact der Vereinten Nationen

Wed, 17/07/2024 - 08:13

Im September 2024 soll beim Zukunftsgipfel der Vereinten Nationen der globale Digitalpakt verabschiedet werden. Der Pakt wird zentrale Themen der internationalen Digitalpolitik aufgreifen, vom Zugang zu digitalen Technologien bis hin zu regulatorischen Herausforderungen Künstlicher Intelligenz. Gleichzeitig soll der Pakt dazu dienen, die Rolle der VN in diesem Bereich neu zu bestimmen. Bislang bleibt aber vieles vage, und die Klärung strittiger Fragen wird in Folgeprozesse ausgelagert. Für die deut­sche Politik geht es um viel, gilt es doch, das übergeordnete Ziel »Stärkung der VN« mit jenen Zielen für die internationale Digitalpolitik zu verbinden, welche gerade erst innerhalb der Regierung vereinbart wurden. Entscheidend dafür wird sein, Rückschritte bei Themen wie Menschenrechtsschutz und Nachhaltigkeitspolitik zu verhindern und Leitplanken für die Ausgestaltung des Folgeprozesses zu setzen.

Der US-Wahlkampf nach dem Attentat: Joe Biden in der Zwickmühle

Mon, 15/07/2024 - 12:00
Demokraten ändern ihre Strategie

Building Bridges in Cyber Diplomacy

Mon, 15/07/2024 - 10:12
How Brazil Shaped Global Cyber Norms

Nach Trump-Attentat:Schüsse könnten Trump im Wahlkampf helfen

Sun, 14/07/2024 - 09:20
Das Attentat auf Donald Trump werde die Reihen der Republikaner schließen, sagt die Politikwissenschaftlerin Laura von Daniels. Der Ton in den USA werde trotz aller gegenteiliger Appelle schärfer. Wahrscheinlich auch nach den Wahlen im November.

Debatte: Die Generalversammlung als zentraler Netzwerkknoten einer fragmentierten Global Governance

Fri, 12/07/2024 - 17:16
Der Zukunftsgipfel im September bietet ein Gelegenheitsfenster für Deutschland, eine Erweiterung der Arbeitsmethoden der Generalversammlung der Vereinten Nationen voranzutreiben.

European Elections and their Implications for the Cyprus Issue

Thu, 11/07/2024 - 02:00

One of the big surprises of the June 2024 European Parliamentary elections occurred in the Republic of Cyprus, where a 24-year-old YouTuber and social media influencer, Fidias Panayiotou, won a seat running as an independent having secured over 19 per­cent of the vote. Whereas the vast majority of polls had predicted the rise of the radi­cal right National People’s Front Party (ELAM) in Cyprus along with other far-right parties in Europe, Panayiotou’s victory and overall vote tally was unforeseen. His win came at the expense of the left-wing Progressive Party of the Working People (AKEL), dashing the hopes for the re-election of Turkish Cypriot MEP Niyazi Kızılyürek, whose 2019 election to the European Parliament was seen as a milestone for bi-communal relations in divided Cyprus. Kızılyürek’s defeat highlights the persistent difficulties in achieving greater political integration and representation for Turkish Cypriots with­in the EU framework. This underscores the urgent need for inclusive dialogue, eco­nomic integration, and proactive measures to address Cyprus’s unique challenges, aiming to foster a more cooperative and resilient future for the island.

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