Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat heute beschlossen, die Leitzinsen vorerst unverändert zu lassen. Dazu eine Einschätzung von Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin):
Die Entscheidung der EZB, die Zinsen unverändert zu lassen, ist nicht überraschend, birgt jedoch Risiken. Die wirtschaftlichen Unsicherheiten sind nach wie vor groß. Es ist deutlich wahrscheinlicher, dass die Inflation in den kommenden zwei Jahren zu stark sinkt, als dass sie erneut ansteigt. Eine vorsorgliche und absichernde Zinssenkung wäre daher zu diesem Zeitpunkt vertretbar gewesen – zumal die US-Notenbank ihre Zinsen in der kommenden Woche voraussichtlich ebenfalls senken wird.
Die Konjunktur im Euroraum, insbesondere in Deutschland, entwickelt sich weiterhin enttäuschend. Kriege, Handelskonflikte und die hohe politische Unsicherheit – insbesondere in Frankreich – könnten die Konjunktur zusätzlich belasten und weitere Zinssenkungen erforderlich machen. Die EZB wird dabei mit direkter Unterstützung für die französische Regierung und deren Schuldenproblem zurückhaltend sein. Im Falle von Turbulenzen an den Kapitalmärkten dürfte sie jedoch zweifellos eingreifen.