Die Bundeswehr engagiert sich als Teil der VN-Mission MINUSMA im westafrikanischen Mali. Mit diesem Einsatz stellt Deutschland erstmals seit über 20 Jahren wieder ein umfangreiches Kontingent für eine Friedensoperation der Vereinten Nationen. Dabei ist das multilaterale Krisenmanagement der VN derzeit in ganz unterschiedlichen Konfliktkontexten gefordert. Die Bundesregierung sollte prüfen, wie Deutschland sich umfassender und strategischer als bisher an solchen Missionen beteiligen kann. Denn eine Reihe von Gründen spricht dafür, dieses Engagement zu verstetigen, zu priorisieren und auszubauen. Das betrifft Fragen von Strategie, Personalpolitik, Ausbildung und Ausrüstung.
In Brasilien gerät Präsident Michel Temer aufgrund von Korruptionsvorwürfen zunehmend unter Druck. Bereits im Mai wurden strafrechtliche Ermittlungen gegen ihn aufgenommen. Nun rückt auch eine Entscheidung des Obersten Wahlgerichts über den Vorwurf illegaler Wahlkampffinanzierung näher. Der Wahlsieg, den Temer 2014 zusammen mit Dilma Rousseff errang, könnte annulliert werden. Zugleich sind die regionalen Verzweigungen des Bestechungssystems in den letzten Monaten immer deutlicher geworden. Dafür sorgten Aussagen, die verurteilte Manager des Odebrecht-Konzerns gegen Strafminderung machten. Die brasilianische Justiz hat diese Informationen jetzt ausländischen Staatsanwaltschaften zugänglich gemacht, so dass auch in anderen lateinamerikanischen Ländern mit neuen Prozessen gegen mutmaßlich korrupte Politikerinnen und Politiker zu rechnen ist. Angesichts der Affäre sollte Deutschland in der Zusammenarbeit mit Brasilien und Lateinamerika noch stärker die Umsetzung von Antikorruptionsmaßnahmen fördern. Darüber hinaus gilt es dafür zu sorgen, dass deutsche Unternehmen sich nicht an illegalen Praktiken in der Region beteiligen.
This study examines behavioural patterns of the top echelons of Russia’s elite within four fundamental spheres (law, truth, public welfare and violence) since 2008 and discovers certain continuities. It reveals the elite’s fundamental attitudes in the four areas as evinced by its actions – attitudes which will have a decisive impact on German-Russian and EU-Russia relations in the future. The study shows that Russia’s actions since 2014 – which have surprised many Western observers – are based on attitudes that were already perceptible before then. These attitudes can thus be considered part of the Russian elite’s long-standing political culture. Today, it is the instrumentalisation of law, truth and violence in foreign and domestic politics, and a desire for control derived from mistrust in external and internal actors, that especially characterise Russia’s elite. The common good or well-being of the Russian people is not a priority for the elite, or only in purely instrumental terms. Politicians and policymakers in Germany and the EU need to take these fundamental attitudes into account when developing a medium- to long-term approach to Russia because they will shape the actions of numerous members of the Russian elite for the foreseeable future.
Südostasien rüstet massiv auf. In der letzten Dekade stiegen die Militärausgaben in den Staaten der Region durchschnittlich um 57 Prozent. Als Auslöser für die sprunghaft erhöhten Waffenkäufe wird häufig das zunehmend offensivere Auftreten Chinas im Pazifik benannt. Die Studie zeigt jedoch, dass neben dem „China-Faktor“ auch andere außen- und innenpolitische Faktoren ausschlaggebend waren für den Anstieg der Militärausgaben: anhaltende territoriale Konflikte, militante Aufstandsbewegungen im Innern und der starke politische Einfluss des Militärs. Auch wenn kein direkter Zusammenhang nachgewiesen werden kann zwischen einem Wettrüsten und einem Anstieg der Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Ausbruch kriegerischer Gewalt kommt, so bedeutet dies nicht, dass die Region Südostasien durch die derzeitige Aufrüstung an Stabilität gewönne. Denn mit der quantitativen und qualitativen Erhöhung der militärischen Kapazitäten haben sich Bedrohungsperzeptionen verstärkt und ist das Misstrauen in der Region größer geworden. Dies zeigt sich an den vermehrten Zusammenstößen zwischen immer höher gerüsteten Sicherheitskräften. Vor diesem Hintergrund sind Deutschland wie auch viele seiner europäischen Nachbarn gut beraten, die eigene Rolle als zentraler Waffenlieferant Südostasiens viel stärker als bisher strategisch zu durchdenken und kritisch zu hinterfragen. Bislang betrachten Deutschland und die EU das Rüstungsgeschäft mit südostasiatischen Abnehmern primär aus wirtschaftlicher Perspektive. Sie sollten jedoch einen politischen und strategischen Diskurs über die Auswirkungen ihrer Waffenexporte führen.
Donald Trump’s election campaign and first hundred days in office were marked by abrasive rhetoric on trade, in particular blaming free trade agreements for causing economic suffering and unemployment in America. Countries that run large export surpluses with the United States, like Mexico, Germany and China, have drawn the greatest ire. Internationally this has provoked fears of trade wars and the end of the multilateral world trade order. Latin American countries, for whom the United States is a crucial trade partner, are especially concerned. So far, only some of the fears have realised. At the same time, efforts are under way across the world to reduce trade dependency on the United States.
Der EU ist es mit hohem Mitteleinsatz gelungen, den östlichen Mittelmeerraum weitgehend abzuriegeln. Dagegen stellt die anhaltende Zuwanderung von Flüchtlingen über Libyen eine immense Herausforderung dar. Der Handlungsdruck steigt angesichts der festgefahrenen Debatte über die Teilung der Lasten irregulärer Migration, falscher Erwartungen an den Außengrenzschutz und anstehender Wahlen in Italien. In der Folge könnten das Schengen-Regime und die Stabilität der Eurozone erneut in Frage gestellt werden. Freiwillige praktische Solidarität einiger Mitgliedstaaten oder die Stärkung libyscher Kräfte böten die Möglichkeit, mehr Zeit für notwendige Reformen der Flüchtlingspolitik zu gewinnen. Die Externalisierung der europäischen Migrationskontrolle darf jedoch nicht um jeden Preis angestrebt werden. Vielmehr sollte Deutschland die Unterstützung Italiens und die Freizügigkeit im Schengenraum stärker priorisieren.
South Africa’s governing party, the African National Congress (ANC), will elect a new president in December 2017. This person will also stand for the office of President of South Africa at the beginning of 2019 when President Jacob Zuma reaches the maximum number of two consecutive terms allowed by the country’s constitution. It is currently unclear whether he can finish his final term. Since the dismissal of finance minister, Pravin Gordhan, resistance against Zuma has reached a new climax. A broad alliance of civil society groups, trade unions and party representatives, even some from within his own party, have called for his resignation. Although these protests are aimed directly at Zuma, the causes of the dissatisfaction lie deeper. The ANC has not been able to successfully address the country’s social challenges. In addition, corruption and mismanagement have shaken confidence. For a long time, the former liberation movement was considered the only party to vote for by the black population. In the past four years, however, the ANC has faced serious competition from the Economic Freedom Fighters (EFF). Given the loss of meaning of the ANC, the South African party system is changing.
Im Juli 2017 übernimmt Estland den Vorsitz im Rat der EU. Estlands Hauptthemen werden die Digitalisierung sowie Europas gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik sein. Damit greift die Ratspräsidentschaft wichtige Herausforderungen für Europa auf. Gleichzeitig kann sie ein weit geöffnetes Gelegenheitsfenster nutzen, denn die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten betrachten eine Vertiefung europäischer Außen- und Sicherheitspolitik heute wohlwollender als jemals zuvor. Auch der Kommission ist das Thema Sicherheit seit Beginn ihrer Amtszeit ein ständiges Anliegen – von Kommissionspräsident Junckers' Politischen Leitlinien vom Juli 2014 bis zu seiner vorerst letzten Rede zur Lage der Union im September 2016. Politik und Gesellschaft unterstützen ein »Europa der Sicherheit«, das auf drei Großprojekten aktueller Europapolitik aufbaut: einer Sicherheitsunion, einer Verteidigungsunion und einer engen Zusammenarbeit zwischen Nato und EU. Beim Schutz kritischer Infrastrukturen, also in der Cybersicherheit, verschmelzen diese Projekte. Alle drei sollten in einem übergreifenden Weißbuch mit einer gemeinsamen strategischen Ausrichtung versehen werden.
Mit vorgezogenen Neuwahlen will sich Theresa May zu Beginn der Brexit-Verhandlungen ein neues Mandat geben lassen. Damit verstärkt sie drei zentrale innenpolitische Entwicklungen, welche die politische Landschaft im Post-Brexit-Großbritannien prägen: Erstens zementiert Theresa May mit den Neuwahlen ihre Strategie eines harten Brexits in ihrer eigenen Partei, gegenüber dem House of Lords und in der britischen Öffentlichkeit. Zweitens fehlen den 48 Prozent der Briten, die für den Verbleib in der EU gestimmt haben, parteipolitische Optionen, um gegen den harten Brexit einzutreten. Drittens bieten die Neuwahlen neuen Zündstoff für die Spannungen in Schottland und Nordirland.