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Deutsches Institut für Entwicklungspolitik / Latest News

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Publikationen des German Institute of Development and Sustainability (IDOS)
Mis à jour : il y a 13 heures 12 min

Warum wir eine Europäische Entwicklungsbank brauchen

lun, 27/11/2017 - 09:00
Bonn, 27.11.2017. Die internationale Finanzarchitektur ist im Umbruch. Die großen US-Finanzinstitute sind weiterhin führend, aber China holt auf und wird in absehbarer Zeit eine gewichtige Rolle auf den Welt-Finanzmärkten spielen, schon allein wegen seiner dauerhaften Überschüsse in der Kapitalbilanz, die international investiert werden. Europa spielt angesichts des Brexits und der nationalen Widerstände gegen einen europäischen Kapitalmarkt und eine Bankenunion demgegenüber eine abnehmende Rolle. Was China auszeichnet ist seine langfristige Orientierung, auch auf den Finanzmärkten. Während die westlichen kommerziellen Finanzinstitute einen eher kurzfristigen Zeithorizont haben und sich zu einem wesentlichen Teil mit spekulativen Geschäften auf den Sekundärmärkten beschäftigen, sind die überwiegend staatlichen chinesischen Banken viel stärker in der Finanzierung von langfristigen Investitionen engagiert. Das hat zwar einen stark planwirtschaftlichen Akzent, sowohl bei der Finanzierung von Staatsbetrieben in China als auch von Infrastrukturinvestitionen international (Belt and Road). Es trägt aber zur Kapitalbildung vor allem im Bereich der Infrastruktur bei und fördert damit wirtschaftliche Entwicklung in China und international. Nun gibt es für diese langfristigen Zwecke auch bilaterale und multilaterale Entwicklungsbanken. In Europa gibt es vier Schwergewichte: Die Europäische Investitionsbank (EIB), die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die französische Agençe Francaise de Développement (AFD). Daneben gibt es in Europa noch ein gutes Dutzend weiterer kleinerer Entwicklungsbanken. Die Banken haben vielfältige Mandate: Die EBRD wurde für den Aufbau der Privatwirtschaft in Osteuropa und den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion gegründet, die KfW fördert Unternehmen in Deutschland und Infrastruktur in Entwicklungsländern, die EIB finanziert Investitionen in der EU (Juncker Plan), in den Nachbarländern der EU und inzwischen auch weltweit (External Investment Plan).   Bereits 2010 hatte eine Kommission unter Leitung des ehemaligen IWF-Chefs, Michel Camdessus, empfohlen, aus den europäischen Entwicklungsbanken eine European Bank for Cooperation and Development zu formen. Dazu ist es nie gekommen. Die großen Vier haben vielmehr ihr internationales Geschäft weiter ausgebaut und ihre Mandate erweitert. Alle sind in Afrika engagiert, machen Klimapolitik, orientieren sich an den globalen Nachhaltigkeitszielen und haben europäische Interessen im Blick. Auf EU-Ebene kooperieren sie im Rahmen von Plattformen, die aus dem EU-Budget bezuschusst werden, weil sie den europäischen Zielen außerhalb der EU dienen sollen (EU Platform For Blending In External Cooperation).   Jetzt ist die EIB mit dem Vorschlag vorgeprescht, eine neue europäische Entwicklungsbank als Tochtergesellschaft der EIB zu gründen, und zwar mit einem Fokus auf Afrika und den Balkan. Die anderen europäischen Entwicklungsbanken sind eingeladen, sich am Kapital der neuen Bank zu beteiligen. Diese ‚kleine‘ Lösung hat sicherlich den Charme, dass sie leichter umsetzbar ist als die von der Camdessus-Kommission empfohlene Neuordnung der europäischen Entwicklungsfinanzierung in einer großen Institution. Dennoch greift dieser pragmatische Ansatz angesichts der eingangs erwähnten globalen Entwicklungen aus den folgenden Gründen zu kurz: Bei Entwicklungsbanken gibt es Größenvorteile. Nur Banken mit einer angemessenen Kapital- und Personalausstattung sind in der Lage, Risiken zu streuen, indem sie riskante und weniger riskante Investitionen gleichermaßen finanzieren. Sie haben die Aufgabe, schwierige Projekte zu entwickeln und langfristig zu finanzieren. Sie sollen Plattformen mit einem breiten Portfolio von Investitionsprojekten entwickeln, an denen sich die Privatwirtschaft und vor allem große institutionelle Investoren beteiligen können. All dies können die meisten Entwicklungsbanken mangels Masse nicht anbieten. Auch die neue, von China gegründete Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) beschränkt sich vorerst überwiegend auf die Ko-Finanzierung von Projekten, die andere entwickelt haben. Die Unterscheidung zwischen Investitionen in Entwicklungs- und Industrieländern hat sich überlebt. Mit den globalen Nachhaltigkeitszielen, der internationalen Klimapolitik und der Notwendigkeit, massiv in nachhaltige Infrastruktur in globalem Maßstab zu investieren, ist die Unterscheidung zwischen Banken, die entweder Investitionen in Entwicklungs- oder in Industrieländern finanzieren nicht mehr zeitgemäß. Die Standards für Nachhaltigkeit, etwa bei Investitionen im Energiesektor, nähern sich weltweit an. Die Konvergenz von Industrie- und Entwicklungsländern nimmt zu, ebenso wie die Investitionen von Schwellenländern wie China und Indien in Industrieländern. Gerade die Notwendigkeit der Diversifizierung von Risiken in den Bankbilanzen spricht dafür, dass Entwicklungsländer-Risiken nicht in einer Bank konzentriert werden, wie dies bei der EIB-Initiative vorgesehen ist. Wenn Europa in der Finanzarchitektur der Zukunft eine Rolle spielen will, braucht es eine Institution, die mit der Weltbank und den aufsteigenden asiatischen Akteuren in einer Liga spielt. Man sollte diese Chance jetzt nicht verstreichen lassen.

COP23: Nicht befriedigend, aber ausreichend

jeu, 23/11/2017 - 10:00
Bonn, 23.11.2017. Die von vornherein als "Arbeits-COP" (Conference of the Parties) deklarierte 23. UN-Klimakonferenz, die vom 6.-18. November unter Präsidentschaft der Fidschi-Inseln am UN-Standort Bonn tagte, musste im wesentlichen drei Vorgaben erfüllen, um als Erfolg gelten zu dürfen. Auf politischer Ebene musste sie, erstens, bestätigen, dass das Pariser Abkommen von 2015 und seine Ziele trotz eines Ausstiegs der USA nicht in Frage stehen. Auf programmatischer Ebene sollte sie, zweitens, die Verzahnung der klimapolitischen Zielvorgaben mit der multilateralen Entwicklungsagenda voranbringen. Drittens hatte sie auf technischer Ebene die Grundlagen eines verbindlichen Regelwerks zur eigentlichen Umsetzung des Pariser Abkommens zu schaffen. Dies wurde im Großen und Ganzen erfüllt. Die Ergebnisse ermöglichen, dass im Vorlauf zur COP24 im polnischen Kattowitz geordnet weitergearbeitet werden kann. Das ist wichtig und war keineswegs garantiert. Überschwang kann aber angesichts der durch den fortschreitenden Klimawandel gebotenen Dringlichkeit, der Handlungsschwäche des einstigen Klima-Vorreiters Europäische Union und der zähen Bonner Verhandlungsrunde nicht aufkommen. Viele zivilgesellschaftliche Organisationen und Klimaaktivisten erhofften sich mehr, vor allem da erstmalig ein besonders betroffener kleiner Inselstaat die Präsidentschaft innehatte. Die Hoffnungen galten insbesondere Fragen eines beschleunigten weltweiten Kohleausstiegs, der Klimafinanzierung, der Anpassung an den Klimawandel und des Umgangs mit klimabedingten Schäden und Verlusten. Der zurückhaltende Beitrag der Bundeskanzlerin, offenkundig der verfahrenen Situation der nunmehr geplatzten Berliner Sondierungsgespräche geschuldet, dämpfte die Erwartungen zusätzlich. Die technisch-fachlichen Unterhändler, die in Bonn in zahlreichen Arbeitsgruppen und Sitzungen um das Kleingedruckte der zwischenstaatlichen Klimapolitik rangen, zeigten sich hiervon weitgehend ungerührt und machten schlichtweg ihren Job. Als Ergebnis sind Fortschritte zu verzeichnen, die durchaus im Licht der Fidschi-Präsidentschaft zu betrachten sind. So etwa die von vielen technischen Detailfragen abhängige Entscheidung, wonach der unter dem Kyoto-Protokoll von 1997 geschaffene Anpassungsfonds auch unter dem Pariser Abkommen gültig sein soll. Diese zentrale Forderung vieler Entwicklungsländer hätte leicht vertagt werden können. Das Thema Schäden und Verluste hätte in Bonn eher beiläufig im Bericht des 2013 eingerichteten Warschauer Mechanismus (WIM) behandelt werden sollen. Eine umfassende inhaltliche Bewertung des WIM steht erst für 2019 auf der Agenda. Angesichts der jüngsten Häufung schwerer Sturm- und Flutereignisse drängten die Gruppen der ärmsten Entwicklungsländer und der kleinen Inselstaaten jedoch darauf, Schäden und Verluste als regelmäßigen Tagesordnungspunkt der zweimal jährlich tagenden COP-Nebenorgane zu verankern. Mit diesem Anliegen konnten sie sich zwar gegenüber den Industrieländern, die ein institutionalisiertes Forum für Kompensationsforderungen der Entwicklungsländer fürchten, nicht durchsetzen. Es wurde aber unter der Verhandlungsführung Fidschis ein internationaler Expertendialog vereinbart, der sich bei den nächsten Zwischenverhandlungen im Mai 2018 gezielt mit Finanzierungsfragen im Zusammenhang klimabedingten Schäden und Verluste befassen wird. Dessen Ergebnisse sollen wiederum 2019 in die Bewertung des WIM einfließen. Zudem wurde in der entsprechenden COP-Entscheidung explizit die Sorge vor der Häufung und Intensivierung klimabedingter Katastrophen aufgenommen, wogegen sich insbesondere Australien und die USA bis zuletzt verwehrten. Auch wenn dies trivial anmutet, ist es im prozeduralen Klein-Klein der multilateralen Klimapolitik ein nicht zu unterschätzender Fortschritt, auf den in zukünftigen Verhandlungsrunden fortan Bezug genommen werden wird. Ohne die symbolträchtige Präsidentschaft der Fidschi-Inseln wäre dies wohl kaum erreicht worden. Nicht zuletzt ist auch die Einrichtung des sogenannten Talanoa-Dialogs zu erwähnen, der die Parteien zum fortlaufenden Austausch über die Einhaltung sowie die angestrebte Erhöhung ihrer jeweiligen Klimaziele anhält. Damit gewährleistet die Fidschi-Präsidentschaft eine effizient strukturierte Vorbereitung der COP24 unter Einbeziehung ihrer polnischen Nachfolger. Derart soll das Kohleland Polen, das nicht zu den klimapolitischen Vorreitern zählt, bereits vor Beginn seiner COP24-Präsidentschaft in die Pflicht genommen werden. Der Talanoa-Dialog gilt daher als der eigentliche Coup der Fidschi-Präsidentschaft. Das Format könnte der Fidschi-Präsidentschaft helfen, unvollendete Verhandlungsbaustellen weiter voranzutreiben und das weitere Geschehen aktiv im Sinne einer ambitionierteren Klimapolitik zu gestalten. Der wahre Ertrag der Bonner COP wird sich indes erst bei der COP24 bemessen lassen, wenn ein ausverhandeltes Regelbuch zur Verabschiedung auf dem Tisch liegt.

Von Gerechtigkeitsdebatten zu Lösungsvorschlägen - 10 Jahre Managing Global Governance Programm

lun, 20/11/2017 - 09:44
Bonn, 20.11.2017. 2017 war bisher von turbulenten Ereignissen geprägt. Diplomatische Spannungen, Kriege und globale Probleme, wie die Erderwärmung oder die ökonomische Ungleichheit waren auch weiterhin an der Tagesordnung. Angesichts dieser Lage ist es ermutigend, die Agenda 2030 als gemeinsamen Referenzpunkt in den zwischenstaatlichen Beziehungen zu wissen. Insbesondere während stockender Dialogprozesse werden Netzwerke, wie Managing Global Governance (MGG), eine Plattform, die das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik mit Partnerinstitutionen unterhält, bei der Diskussion globaler Probleme und Ungleichheiten sowie bei der Erarbeitung von Lösungen umso relevanter. Eine wichtige Diskussion, die auch im Zentrum unseres MGG Alumni- und Partnertreffens diese Woche steht, ist daher die Frage nach globaler Gerechtigkeit. Globale Gerechtigkeit, was heißt das? Die politischen und ökonomischen Beziehungen zwischen Staaten sind oft von großer Ungleichheit geprägt. Die Länder des Südens beklagen oft zu Recht schwere Missstände wie ungleiche Marktzugänge oder den umweltbelastenden Ressourcenabbau durch multinationale Konzerne und den Abfluss der Gewinne in andere Länder.   Aus diesem Grund fordern einige Wissenschaftler und Aktivisten unter dem Begriff der Globalen Gerechtigkeit eine Überwindung der weltweiten Ungleichheit. Zu den prominenten Vertretern werden u.a. gezählt: der 2002 verstorbene Philosoph John Rawls (Harvard University); der Wirtschaftswissenschaftler, Philosoph und Nobelpreisträger Amartya Sen (Harvard University) sowie Martha Nussbaum, Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik (University of Chicago). Nussbaum entwickelte den Sens Capability-Ansatz zur Messung menschlicher Entwicklung weiter und legte eine Liste mit zehn Befähigungen vor, die zu einem guten Leben gehören. Dazu zählen u.a. die physische Unversehrtheit, die Möglichkeit ein selbst geplantes Leben zu führen, aber auch die Möglichkeit der Redefreiheit.   Die Agenda 2030 erlaubt - und erfordert - eine Konkretisierung der Gerechtigkeitsdebatte jenseits des wissenschaftlichen Diskurses. Konkrete gemeinsame Schritte Oft scheitert die Umsetzung von globaler Gerechtigkeit an mangelnder Zusammenarbeit zwischen Vertretern unterschiedlicher Institutionen. Ein konkretes Projekt, das seit zehn Jahren besteht und diesen Mangel zu beheben sucht, ist die Dialogplattform Managing Global Governance (MGG). MGG wurde 2006 vom BMZ gemeinsam mit dem DIE und der damaligen InWEnt (heute GIZ) begonnen und startete im DIE Anfang 2007 unter dem Namen „Global Governance School“. Das Programm bringt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Vertreterinnen und Vertreter politischer Institutionen aus Deutschland und sechs aufstrebenden Staaten (Mexiko, Brasilien, Südafrika, Indien, Indonesien und China) regelmäßig in verschiedenen Formaten zusammen. Zu diesen gehört die MGG Academy, die über einen Zeitraum von fast vier Monaten junge Nachwuchsführungskräfte aus den genannten Staaten und Deutschland/Europa in Bonn zusammenführt. Hier entwickeln die Teilnehmenden, nach einer akademischen Phase, ein eigenes Projekt, das Lösungen für bestehende Probleme bietet. In Anlehnung an die Agenda 2030 versuchen die Nachwuchsführungskräfte z.B. Ideen für nachhaltigen Tourismus zu entwickeln. Darüber hinaus bietet das Netzwerk weitere Formate an, in denen sich Mitglieder des Netzwerks z.B. für die Einführung freiwilliger Produktionsstandards in den Partnerländern einsetzen. Vom 20. bis 22. November feiert das Netzwerk sein zehnjähriges Bestehen mit einer großen Alumni- und Partnerkonferenz in Bonn. Die über 150 Gäste werden die Gelegenheit nutzen, um die Fragen der Agenda 2030 und der globalen Gerechtigkeit in verschiedenen Formaten zu erörtern. In einer Podiumsdiskussion werden sie z.B. ein alternatives Gerechtigkeitskonzept aus Ägypten kennenlernen, um dann den Begriff unter verschiedenen Perspektiven zu diskutieren. Die Beteiligten werden die Agenda 2030 und den Begriff der globalen Gerechtigkeit auf konkrete Projekte aus den eigenen Arbeitsfeldern, wie die Setzung von Standards und Normen bei der Güterproduktion oder die zwischenstaatliche Kooperation behandeln. Dabei werden sie aus dem Vollen schöpfen, denn die meisten Perspektiven werden durch die Expertise aus dem MGG-Netzwerk selbst abgedeckt.   Das Thema der globalen Gerechtigkeit ist ein Ideal. Mit der Verabschiedung der Agenda 2030 besteht jedoch die Chance, konkrete Maßnahmen auf diesem Weg einzufordern, zu überprüfen und umzusetzen. Der persönliche Austausch von Wissen, das gemeinsame Lernen und die Formulierung von Handlungsempfehlungen für relevante Akteure, wie es MGG seit zehn Jahren durch sein Netzwerk praktiziert, ist hier ein Beitrag zur Konkretisierung dieser Ziele und somit ein Schritt von der Debatte zum Handeln.

The First Yearbook of Climate Action: What businesses, cities and regions do, and which next steps are needed?

jeu, 16/11/2017 - 08:50
Bonn, 16 November 2017. The first Yearbook of Climate Action shows that effective climate action by businesses, cities and regions, and other actors could make significant contributions to narrowing the global emissions gap, adapting to climate change, and demonstrating to governments that higher ambition is desirable and doable. Moreover, climate action is growing in the global South, and many climate action initiatives are producing outputs toward their goals. Key challenges of inclusion and scope remain, however, creating an urgent need to invest in scaling up climate action – and the framework supporting it – in 2018. It is difficult to overestimate the importance of actions by businesses, investors, civil society, cities and regions in today’s climate crisis. Pledges by governments under the Paris Agreement would still translate into 3°C warming or more, resulting in adverse impacts for a majority of people, and high risk of irreversible economic and ecological disruptions. Non-state and subnational actions could significantly narrow the global mitigation gap, as well as promote adaptation, especially in developing countries. The first Yearbook on Global Climate Action by the High-level Climate Action Champions, launched at the closing of the high-level Global Climate Action sequence at COP23, shows that non-state actors are starting to deliver. First, the groundswell of climate action is expanding and diversifying; businesses, investors, civil society, cities and regions are not only making concrete contributions to reduce greenhouse gases, they are also addressing the need to adapt to already occurring climate change, and to build resilience among vulnerable communities. Second, climate action is truly becoming a global affair engaging stakeholders from all sectors, and across developed and developing countries. Although most climate actions are still led by actors based in the Global North, they are rapidly scaling up implementation in developing countries. Third, climate actions are becoming increasingly effective. The vast majority of current climate commitments are no longer just promises on paper; but they have become concrete actions, making real contributions to climate mitigation and adaptation. Notwithstanding these encouraging trends, much of the vast potential of non-state and subnational actors remains unrealised. For instance, small and medium enterprises (SMEs) are underrepresented in the Marrakech Partnership, even though they contribute up to 60 per cent of employment and up to 40 per cent of economic output in emerging economies. For many developing countries, the shares of SMEs are even higher. Moreover, rural communities are currently underrepresented, even though they make up around half of the world’s population. A total transformation as implied by the Paris Agreement goal to achieve a carbon neutral world by the second half of the century can leave no single stakeholder group, sector or community behind. As indicated in the Yearbook on Global Climate Action, businesses, civil society organisations, local governments and other actors run into operational challenges. They face a lack of (access to) funding, expert knowledge, and/or organisational capacity to implement their commitments. To ensure greater effectiveness over time, the Marrakech Partnership should consider additional ways to scale-up support to individual cities, businesses, civil society groups, and others seeking to deliver climate action on the ground. As the world faces an urgent mitigation challenge in the next few years, a focus on large-scale mitigation actions is necessary and desirable. However, climate action encompasses more than mitigation. The impact of climate change is already wreaking havoc on vulnerable communities and developing countries. While non-state and subnational climate actions are diversifying, too little attention is still given to building climate resilience and adaptation capacity. The Marrakech Partnership should continue to incentivise and spotlight adaptation and resilience actions, especially in developing countries. It is welcome news that the large majority of climate commitments are more than promises on paper; they are starting to deliver relevant outputs that could lead to desired changes in environmental and social indicators. However, data gaps continue to hamper a comprehensive valuation of non-state and subnational climate actions. For instance, limited data availability and the use of different methodologies to assess mitigation impacts hinder a clearer understanding of aggregate contributions of non-state and subnational actions. Stronger cooperation between data platforms and collaboration between data-analysts can help resolve knowledge gaps. Finally, as the Marrakech Partnership for Global Climate Action moves forward, its continued success will depend on increased support from the governments in the UNFCCC process, the UNFCCC Secretariat, and other actors. To implement the Paris Agreement, we need to turn the Marrakech Partnership into a more effective bridge between parties and other actors. Cities, businesses, investors, and civil society can help to meet existing Nationally Determined Contributions (NDCs) while also identifying new opportunities to enhance ambition going forward. In 2018, the Talanoa Dialogue and the Global Climate Action Summit in California create an enormous opportunity to go further, faster, together.  Sander Chan is a Senior Researcher at German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) and Adj. Asst Professor at Copernicus Institute of Sustainable Development (Utrecht University), Thomas Hale is an Associate Professor in Public Policy (Global Public Policy) at the Blavatnik School of Government, University of Oxford, Angel Hsu is an Assistant Professor of Environmental Studies at Yale-NUS College and Adjunct of the Yale School of Forestry and Environmental Studies, Friederike Eichhorn is a Researcher at German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Ann Gardiner is Director at AG Climate and Energy Ltd, Brendan Guy is a Manager at Natural Resources Defense Council (NRDC).

Klimakonferenz in Bonn: Good COP oder Bad COP?

mar, 14/11/2017 - 12:15
Bonn, 14.11.2017. Zwei Jahre nach Abschluss des wegweisenden „Pariser Abkommens“ im Dezember 2015 diskutieren die Vertragsparteien der COP23 in Bonn darüber, wie sie ihre jeweiligen nationalen klimapolitischen Ziele kurzfristig erhöhen können, ohne dabei nationale und internationale Entwicklungsziele aus den Augen zu verlieren. Dabei sieht sich COP23 ungewollt mit der zusätzlichen Aufgabe konfrontiert, der Welt zu versichern, dass das Pariser Abkommen trotz der Abkehr der USA nicht zur Disposition steht. Die erste Verhandlungswoche war diesbezüglich zumindest ermutigend. Angeführt von Prominenten wie dem ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore, dem vormaligen New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg und Hollywood-Legende Arnold Schwarzenegger demonstrierte die ungewohnt starke Präsenz von Gouverneuren und Senatoren aus einzelnen US-Bundesstaaten, den Bürgermeistern wichtiger US-Metropolen und wirkungsmächtigen amerikanischen Unternehmensvertretern und Nichtregierungsorganisationen unter dem Motto #WeAreStillIn eindrucksvoll, dass eine progressive US-amerikanische Klimapolitik auch ohne Unterstützung ihres Präsidenten weitergeht. Ein erfahrener COP-Teilnehmer aus Bangladesch brachte es im Rahmen der vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) mitveranstalteten Development and Climate Days am vergangenen Wochenende in Bonn wie folgt auf den Punkt: Zwar kehre der US-Präsident der Klimapolitik den Rücken zu, nicht aber sein Volk. Dies wird von COP23 mit Dank und Erleichterung zur Kenntnis genommen. Viele Unterhändler anderer Nationen bringen gar explizit Mitleid mit ihren US-Kollegen zum Ausdruck, die weisungsgebunden die Verhandlungslinien aus dem Weißen Haus vertreten müssen. In substanziellen Fragen soll sich COP23 vor allem auf ein gemeinsames „Regelbuch“ verständigen, das zukünftig anleiten soll, wer wann, mit welchen Mitteln welche klimapolitischen Maßnahmen zur Umsetzung des Pariser Abkommens ergreifen sollte und wie sich die Vertragsparteien regelmäßig, in transparenter, umfassender und vergleichbarer Weise über ihre jeweiligen Umsetzungsfortschritte unterrichten wollen. Nach einer zähen ersten Verhandlungswoche erscheint zu Beginn der zweiten Verhandlungswoche eine Einigung greifbar. Ob sie gelingt, bevor am Mittwoch und Donnerstag die Staats- und Regierungschefs einfliegen, um medienwirksam die erwarteten Fortschritte zu preisen, ist jedoch keineswegs gesichert. Damit aber die entsprechenden Leitlinien auf der nächsten Klimakonferenz 2018 offiziell verabschiedet und für alle Parteien verbindlich in Kraft treten können, muss die Bonner Konferenz liefern. Die Regierungsspitzen sind im Zweifel gefordert, bei ihren Unterhändlern für den nötigen Nachdruck zu sorgen. Wird über die Bonner Klimakonferenz hinaus noch um die Regeln gefeilscht, riskieren die Vertragsparteien entscheidende Zeit zu verlieren, die am Ende fehlt, um das im Pariser Abkommen festgeschriebene Ziel einer maximalen globalen Erwärmung von 1,5-2°C in Reichweite zu halten. COP23 würde dann als "bad COP" in die Chronologie der internationalen Klimapolitik eingehen. Nicht zuletzt ist COP23 erkennbar darum bemüht, die Verbindungen zwischen der globalen Klimapolitik und nachhaltiger Entwicklung herauszuarbeiten. Dazu müssen insbesondere die Ziele des Pariser Abkommens mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) in Einklang gebracht werden, die ebenfalls 2015 verabschiedet wurden. Nur so können unvermeidliche Zielkonflikte sichtbar gemacht und zum Gegenstand politischer Abwägung und Prioritätensetzung werden, denn letztlich bleiben Klimawandel und Klimapolitik eine Entwicklungsherausforderung. Dies gilt umso mehr als absehbare Auswirkungen des Klimawandels erreichte Entwicklungserfolge untergraben und die Nachhaltigkeit der Entwicklungsanstrengungen grundsätzlich in Frage stellen. Deshalb soll die Bonner Klimakonferenz auch dazu beitragen, mehr Klimafinanzierung zu mobilisieren und sich insbesondere über die Zukunft des Anpassungsfonds der UNFCCC zu verständigen. Dieser soll Entwicklungsländern bei der Stärkung ihrer Resilienz und bei der Anpassung an den Klimawandel helfen. Auch diese Punkte bleiben in der laufenden Verhandlungsrunde umstritten und bedürfen nicht nur klarer Bekenntnisse, sondern auch konkreter Zusagen speziell der wohlhabenden Industrienationen. Sichtbare Fortschritte bei der Ausstattung des Anpassungsfonds und der Weiterentwicklung der in Paris auf den Weg gebrachten Anpassungsagenda werden maßgeblich über die Bewertung der COP23 in den Entwicklungsländern entscheiden. Die offenen Punkte der Verhandlungsagenda wie auch das Verhalten der Trump-Administration erfordern eine noch führungsstärkere Klimadiplomatie der verbleibenden Hauptakteure globaler Klimapolitik, namentlich von China und der EU. Es wäre für die Bonner Verhandlungsrunde und darüber hinaus sehr hilfreich, wenn sich diese Einsicht endlich auch unter den Sondierern der designierten „Jamaika-Koalition“ durchsetzen würde. Auf ein entsprechendes Signal des Deutschlands, das seine selbst gesteckten Klimaziele krachend zu verfehlen droht, wartet COP23 nach wie vor vergeblich. So wird am Ende auch der Auftritt der Bundesregierung im für Mittwoch und Donnerstag anberaumten High-level Segment der COP23 mit darüber entscheiden, ob die Bonner Klimakonferenz als good COP oder bad COP im Gedächtnis bleiben wird.

Hacken für das Klima

lun, 13/11/2017 - 10:00
Bonn, 13.11.2017. Während seit letzter Woche Politiker und Vertreter der Zivilgesellschaft in Bonn zur Weltklimakonferenz zusammenkommen, treffen sich parallel dazu Hacker zu einem “Blockchain-Hackathon”. Unter dem Titel #Hack4Climate arbeiten sie am gleichen Ziel wie die Klimaexperten: Sie möchten den Klimaschutz voranbringen. Erreichen wollen sie dies allerdings nicht mit Diplomatie, sondern mit konkreten technischen Lösungen. Im Zentrum ihrer Experimente steht dabei die Technologie der sogenannten Blockchain. Die Blockchain-Technologie erlaubt es durch ausgeklügelte Technik, eine Art Register von beliebigen Informationen oder Transaktionen zu erstellen. Die enthaltenen Informationen sind frei einsehbar, jedoch im Nachhinein nicht von Dritten manipulierbar. Die bekannteste Anwendung ist die digitale Währung Bitcoin. Bei dieser sind mit Hilfe der Blockchain Transaktionen von Geldbeträgen ohne eine übergeordnete Instanz wie eine Zentralbank sicher dezentral durchführbar. Diese dezentrale Vertrauensmaschine möchte man sich nun für Klimaziele zunutze machen, wenn das Vertrauen zwischen Staaten, lokalen Verwaltungen und Betrieben nur eingeschränkt vorhanden ist. Der Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen hat die Debatte wieder neu entfacht, welche Anreize auch jenseits nationaler Politik gegen CO2-Ausstoß wirksam sind. Denn man möchte die Verlagerung von energieintensiver Produktion in Gegenden, in denen der CO2-Ausstoß besonders preiswert ist, verhindern. Ein wirksamer Hebel dafür, sogenannte Klimazölle (carbon adjustment tax), sind bislang unter anderem daran gescheitert, dass die Messung der CO2-Bilanz von Produkten entlang ihrer Wertschöpfungskette einen administrativen Alptraum darstellt. Hier bringen die Blockchain-Technologie sowie das Internet der Dinge neue Hoffnung in die Debatte für eine verlässliche und automatisierte CO2-Bilanzierung. Wie Blockchain in Handelsströmen funktionieren kann, machen einzelne Akteure bereits vor. So setzt die Reederei Maersk Line auf die Blockchain, um Transaktionen der in ihrer Handelskette involvierten Logistikunternehmen, Häfen und Zollbehörden in Echtzeit nachzuvollziehen. Auch die chinesische Regierung möchte bei ihrer neuen Seidenstraßen-Vision, der Belt-and-Road Initiative, mithilfe einer Blockchain für Transparenz und Vertrauen sorgen. Jedoch: Der Hype um die Blockchain-Technologie kann auch falsche Hoffnungen wecken. Damit die anscheinend unbegrenzten Möglichkeiten der virtuellen Blockchain-Welt in der echten Welt eine Wirkung entfalten, müssen wir erst geeignete Brücken zwischen Bits und Atomen schlagen. Sensornetzwerke im Internet der Dinge können CO2-Buchführung automatisiert in die Blockchain schreiben. Dieser Datenreichtum erlaubt automatische Konsistenzprüfungen und erschwert den Betrug. Auch der Rechtsrahmen muss für diese neuen Möglichkeiten geprüft werden. Im Handelsrecht erlaubt die Umweltklausel laut GATT Artikel XX, Produkte mit nachhaltigen Herstellungsmethoden unter gewissen Bedingungen handelspolitisch zu bevorzugen. Wenn man nun eine Blockchain-basierte CO2-Buchführung in die Praxis der Handelspolitik übertragen möchte, müssen nicht nur technische, sondern ebenso offene rechtliche Fragen z.B. zu relevanten Unterscheidungsmerkmalen, Ursprungsregeln u.a. geklärt werden. Abschrecken lassen sollten wir uns allerdings von diesen Herausforderungen nicht. Das Potenzial der Blockchain ist zu vielversprechend. Klimafreundliche Handelspolitik wäre nur der erste Schritt einer viel größeren Revolution im Welthandel. Werden wir künftig überhaupt noch Zollstationen brauchen, wenn über jedes einzelne Produkt zuverlässige Daten über dessen Herstellung vorliegen? Statt Zollbürokratie könnte die Handelspolitik direkt in die Blockchain einprogrammiert werden durch sogenannte „Smart Contracts“. Auf diese Weise können neben Klimazielen beispielsweise auch die in der Blockchain dokumentierte Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards oder andere Entwicklungsziele handelspolitisch belohnt werden. Sicher ist: Wir können nicht von jeder Idee des Bonner Klima-Hackathons gleich eine Revolution erwarten. Für zukunftsfähige Klimamärkte benötigen wir nicht nur kreative technische Ideen, sondern ebenso die Unterstützung vom Gesetzgeber und die globale Kooperation staatlicher sowie nichtstaatlicher Akteure. Doch verpassen dürfen wir die Gelegenheit keinesfalls, interdisziplinär an einer gemeinsamen Vision zu arbeiten. Dafür braucht es Phantasie und Offenheit für neue Lösungen. Blockchain könnte eine solche sein.

Franz von Weizsäcker ist Partnership Manager des "Strategischen Projekts Digitaler Wandel" der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Clara Brandi ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE).

From super typhoons to sea level rise: fighting the creeping catastrophe of climate change

mer, 08/11/2017 - 12:39
Bonn, 8 November 2017. Today marks the fourth anniversary of super typhoon Haiyan hitting the Philippines. It was the strongest tropical cyclone ever to make landfall. The world continues to be devastated by even more extreme weather events; this year alone saw floodings in Bangladesh, India, Nepal, Vietnam and the United States; droughts in Somalia; Hurricanes Harvey, Irma and Maria in the Caribbean and the U.S.; and just last week, Storm Herwart hit Germany, the Czech Republic and Poland. The growing frequency of natural disasters leaves governments around the world with little choice: They must fulfil their commitment to act on climate change on all fronts, even as they continue to ramp up disaster risk reduction efforts. Moreover, they must not only address rapid onset events but also slow onset events, which are a more silent but equal – if not more dangerous and pervasive – threats to lives, livelihoods and ecosystems. Slow onset events (SOE) associated with the adverse impacts of climate change include “sea level rise, increasing temperatures, ocean acidification, glacial retreat and related impacts, salinization, land and forest degradation, loss of biodiversity and desertification,” according to the definition of the 2010 Cancun Agreements. The United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) has recognized the negative, even fatal impacts of these SOEs. The Pacific island Fiji – this year’s host of the UN Climate Change Conference in Bonn (COP23) – was in fact the first nation to ratify the Paris Agreement, as they already struggle with rising sea levels. However, separate studies by our institutes, the Institute for Climate and Sustainable Cities and the German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), show the immense gaps in research efforts in the Philippines and other developing countries, which are at the front lines of climate change impacts. Yet, reliable research data is needed to address the challenges of SOE. Most of the currently published research on SOEs has been conducted in and focused on North America, Europe and Australasia. In Asia, only a fraction of countries – such as Japan, China, India and Malaysia – have done extensive research on SOEs, which include attribution and confounding factors. In the Philippines, surveys by three local state universities across the archipelago show that the available literature on climate change in their regions and provinces need to be improved. The lack of data reflects the lack of investments in research and development work of state universities and colleges nationwide. Several confounding factors, such as land use change and overexploitation of natural resources, also make it difficult to attribute many of the local findings to climate change. Moreover, most of the SOE research worldwide have been conducted by the life and physical sciences, while social sciences contributed the least.  In the case of local studies in the Philippines, the analysis disregards disaster and climate change perceptions of marginalised sectors such as the indigenous people (IP) communities, women, children, differently abled and senior citizens. At the national level, policies need to better reflect realities on the ground aided by sound research, both from the natural and social sciences. Researchers, as well as development and extension workers of local academic institutions must be financed and capacitated in order to help communities improve their climate and development plans and access the appropriate response opportunities. Planners and other officials should utilize research not only as additional socioeconomic agenda items in development plans, but as a trigger to national and local policy direction. Moreover, to holistically address the risks of slow onset events and other adverse impacts of climate change, governments must develop not just policies but pathways for climate finance to accelerate the reach of locality-led and science-backed initiatives in particular. COP23 must deliver responses on loss and damage, adaptation and finance in response to the ever-growing urgency of climate action. The Warsaw International Mechanism on Loss and Damage, established within two weeks after Haiyan struck the Philippines, must finally be financed. On the other hand, financial institutions and other stakeholders must also help to establish further measures to manage the risks of slow onset events. Countries must likewise ramp up their climate action so as to stay below the 1.5 degrees Celsius warming threshold set out in the Paris Agreement. The most vulnerable states, regions, countries must be given a fighting chance to survive and thrive amidst extreme weather events and creeping impacts alike.

Lourdes Tibig is Researcher at the Institute for Climate and Sustainable Cities, Denise Margaret Matias is Researcher at the German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Gemeinsam sind wir stark: Pariser Abkommen und Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung!

lun, 06/11/2017 - 09:36
Bonn, 06.11.2017. Heute beginnt in Bonn die UN-Klimakonferenz (23rd Conference of the Parties, COP23) unter der Präsidentschaft Fidschis.Das Pariser Abkommen strebt an, auf Basis nationaler Klimapläne, der sogenannten Nationally Determined Contributions (NDCs), den globalen Temperaturanstieg auf möglichst 1,5 Grad über dem Niveau vor der Industrialisierung zu begrenzen, um die gefährlichsten Folgen des Klimawandels abzuwenden. Aktuell reicht weder die Summe der eingegangenen Selbstverpflichtungen zur Zielerreichung, noch schaffen es die Länder, Deutschland eingeschlossen, diese unzureichenden Selbstverpflichtungen überhaupt umzusetzen. Die diesjährige Klimakonferenz muss daher zeigen, wie ernst die Weltgemeinschaft das Pariser Abkommen nimmt, und sie sollte als Chance genutzt werden, um Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung besser zu verzahnen. Fidschis eigene Situation als verletzlicher Inselstaat zeigt: Klima und Entwicklung sind untrennbar miteinander verbunden. Die ökologische und ökonomische Komponente des Klimaschutzes muss auch die soziale Dimension miteinbeziehen, um kein Land mit den Auswirkungen des Klimawandels zurückzulassen. Der Klimagipfel in Bonn sollte daher ein eindrucksvolles Signal für die enge Verzahnung von Klimaschutz und nachhaltiger Entwicklung setzen, um auch Wegweisend für die nächsten SDG-Fortschrittsberichte vor dem High Level Political Forum (HLPF) der Vereinten Nationen in New York zu sein. Wir brauchen deshalb jetzt ein global geteiltes Verständnis, um integrierte und weitreichendere Nachhaltigkeitsstrategien und Klimapläne zu initiieren. Klimaabkommen von Paris und Agenda 2030 - gemeinsam schneller weiter Diese beiden historischen Agenden sind die beiden Leitplanken für den Erhalt dieses einen Planeten: Die SDGs erfordern eine integrierte Umsetzung der ökologischen, ökonomischen und sozialen Dimension von Nachhaltigkeit ebenso wie Klimaschutzmaßnahmen und nachhaltige Entwicklung zusammengedacht und weit über ökologische und ökonomische Komponenten hinausgehen müssen. Die Agenden benötigen daher gemeinsame  Umsetzungspfade. Das unterstreicht auch eine neue Analyse, die das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) gemeinsam mit dem Stockholm Environment Institute (SEI) realisiert hat. Unter dem Titel NDC-SDG Connections wurden mehr als 160 Klimapläne hinsichtlich ihres inhaltlichen Beitrags zu den Zielen und Unterzielen der Agenda 2030 analysiert. Diese Analyse wird in einem interaktiven Online-Tool visuell dargestellt und auf der COP23 in Bonn erstmals vorgestellt. NDC-SDG Connections ermöglicht die Erkundung der Schnittstellen zwischen NDCs und SDGs auf drei Ebenen: Erstens, zeigt das das Tool, in welchem Ausmaß und auf welche Weise die mehr als 160 eingereichten NDCs zu den 17 SDGs beitragen. Eine zweite Ebene zeigt, welche Art von Klimamaßnahmen zur Umsetzung der einzelnen Unterziele der SDGs beitragen können. Dieser Einblick ermöglicht eine schnelle Einschätzung, in welchen Bereichen Klimamaßnahmen bereits einen großen Beitrag zur Umsetzung der Agenda 2030 leisten; und sie zeigt zugleich, wie beide Agenden inhaltlich ineinandergreifen, um eine ergänzende Umsetzung zu gewährleisten. Eine dritte Perspektive unterstreicht den vernetzten Charakter der 17 SDGs; und sie zeigt, wie bereits in den Klimamaßnahmen Synergien mit mehreren Nachhaltigkeitszielen gleichzeitig angelegt sind. Interdependenzen betonen – Umsetzung stärken Ein Blick auf die Klimamaßnahmen durch die Brille der SDGs im Rahmen von NDC-SDG Connections ermöglicht es politischen Entscheidungsträgern, Zivilgesellschaft und anderen Stakeholdern, einen schnellen Überblick darüber zu erhalten, wie sich das Pariser Abkommen inhaltlich mit der Agenda 2030 ergänzt. Dafür sollte der rückwärtsgewandte SDG-Review-Prozess  vor dem HLPF zum Anlass genommen werden, um das regelmäßige Anpassen der verpflichtenden Klimapläne systematisch zu informieren – und umgekehrt. Nur wenn Maßnahmen zur Erreichung des Pariser Abkommens und der SDGs ineinandergreifen, können mögliche Zielkonflikte zwischen den beiden Agenden erkannt und abgemildert werden. Zusätzlich zu den offiziellen Verhandlungen, können wir alle im Rahmen der zahlreichen Austauschmöglichkeiten in Bonn während der COP23 unsere Stimme erheben. Dazu zählen die offiziellen UN- Side-Events sowie Veranstaltungen in der sogenannten „Bonn Zone“, eine interaktive Ausstellung im „Climate Planet“, angekündigte Demonstrationen sowie die „Interconnection Zone“ am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE), unterstützt vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die speziell darauf ausgerichtet ist, im Rahmen von mehr als 40 Veranstaltungen die Wechselwirkungen zwischen Klimaschutz und nachhaltiger Entwicklung zu debattieren. Lasst uns gemeinsam ein kooperatives Zeichen für unseren Planeten Erde setzen!

Clara Brandi und Hannah Janetschek sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Adis Dzebo ist Research Fellow am Stockholm Environment Institute (SEI).

Kraftanstrengung für Klimaschutz und sozialen Ausgleich: Auf der UN-Klimakonferenz müssen zentrale Weichen gestellt werden!

lun, 30/10/2017 - 10:00
Bonn, 30.10.2017. Im Klimaschutz spielen Zeit und Geschwindigkeit eine zentrale Rolle: Um die globale Erwärmung unterhalb von 2 Grad zu halten, müssen die Treibhausgasemissionen weltweit bis Mitte des 21. Jahrhunderts auf Null zurückgeführt werden. Damit das gelingen kann, müssen die Emissionen in den kommenden Dekaden jeweils halbiert werden. Noch ist dieses Jahrhundertprojekt keineswegs in trockenen Tüchern. Beim Pariser Klimagipfel wurde 2015 beschlossen, auf der Weltklimakonferenz 2018 Bilanz zu ziehen und zu überprüfen, ob die Staaten ihre Versprechen zum Klimaschutz auch tatsächlich umsetzen. Doch nun wird bereits die diesjährige Klimakonferenz (COP23) in Bonn zu einem wichtigen Lackmustest der globalen Klimapolitik. Nach dem großen Durchbruch in Paris läuft es nicht mehr rund. Präsident Trump hat den Rückzug der USA aus dem Klimaabkommen angekündigt. Zwar stand der Präsident mit dieser Haltung beim G20-Gipfel in Hamburg alleine da, doch viele, eher unentschlossene Regierungen werden sich fragen, warum sie klimapolitische Anstrengungen unternehmen sollen, wenn nicht einmal das Schwergewicht USA zum Umsteuern bereit ist. Die Sorge ist, dass die Unterstützungsallianzen für ambitionierten Klimaschutz bröckeln. Auf der COP23 in Bonn geht es deshalb darum, im Verhandlungsprozess und im Rahmenprogramm des Klimagipfels deutlich zu machen, dass die Gruppe der Klimapioniere nicht „wackelt“ und dass Städte, Unternehmen, Forschungsinstitute und Bürger den Klimaprozess vorantreiben. Unterstützung kommt hier auch aus den USA. In Bonn wird die „We are still in“ – Initiative vertreten sein, in der neun US-Bundesstaaten, 252 amerikanische Städte sowie 339 Universitäten und 1.780 Unternehmen in den Vereinigten Staaten ihre Unterstützung für ambitionierten Klimaschutz unterstreichen. Es geht um die Deutungshoheit über die Zukunft und konkrete Schritte zur Umsetzung der klimapolitischen Verpflichtungen. Das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) und das International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) veranstalten deshalb am 4. und 5. November eine hochrangige Konferenz (www.crossroadsbonn.org), in der Akteure aus unterschiedlichen Bereichen unserer Gesellschaften und aus allen Regionen des Planeten zusammenkommen, um zu beraten, wie Klimaschutz, die Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft sowie sozialer Ausgleich zusammengeführt werden können. Zu demonstrieren, wie Klimaschutz gelingen kann, der den Planeten stabilisiert und unsere Gesellschaften resilienter und fairer macht, kann Kräfte zur Umsetzung des Pariser Abkommens freisetzen. Während der COP23 steht auch Deutschland im Zentrum der Aufmerksamkeit. Die noch amtierende Bundesregierung und die „Jamaika-Verhandler“, die derzeit die Grundlagen der nächsten Bundesregierung erarbeiten, müssen der Weltöffentlichkeit deutlich machen, wie Deutschland seine Klimaziele für 2020, also eine Reduzierung der Emissionen um 40 % gegenüber 1990, doch noch schaffen kann, nachdem das Umweltministerium deutlich gemacht hat, dass die derzeitigen Anstrengungen dazu nicht ausreichen. Deutschland ist wichtig für den globalen Klimaprozess. Es versteht sich seit COP1, die 1995 in Berlin stattfand, als klimapolitischer Vorreiter. Wie sollen Länder wie Indien, Südafrika, Indonesien, Vietnam, Argentinien oder auch Polen überzeugt werden, den Aufbau einer klimaverträglichen Wirtschaft zu beschleunigen, wenn selbst dem vielbestaunten Wirtschaftswunderland Deutschland, das die globale Finanzmarktkrise besser überstanden hat als die meisten anderen Ökonomien, die Kraft dazu fehlt? Dass die Klimaverhandlungen 2017 in Deutschland stattfinden, ist daher Chance und Verpflichtung zugleich. Die Sorge vor Rechtspopulismus, neuem Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit beschäftigt viele Menschen – nicht zuletzt in den westlichen Ländern. Wutbürgertum resultiert oft aus fehlender Zuversicht und Zukunftsangst. Das Pariser Klimaabkommen und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung können hier wichtige Wegweiser sein, um Zukunft zu gestalten. Klimaschutz wird nicht als „Verzichtsprogramm“ erfolgreich sein – weder in reichen, noch in armen Ländern. Klimaschutz wird nur gelingen, wenn er Hand in Hand geht mit Investitionen in soziale Kohäsion und in den Abbau von Ungleichheiten. Klimaschutz und Gerechtigkeitspolitik sind Zwillinge. Der Klimagipfel in Bonn kann und sollte Lust machen auf Zukunft, auf den Aufbau attraktiver Städte, auf die Schaffung einer leistungsfähigen und zugleich planeten- und menschentauglichen Landwirtschaft, auf die Bewahrung der Umwelt, mit all ihren unglaublichen Schönheiten, auf die Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Städten, Künstlern, Wissenschaftlern, Jugendlichen über Ländergrenzen hinweg. Kreativität, Aufbruchsstimmung und Begeisterung für Zukunftsgestaltung könnten an die Stelle von Verzagtheit, Zynismus, Abgrenzung und Zukunftsblindheit treten. Hört sich naiv an? Die Schaffung Europas auf den Trümmern und dem Hass nach den beiden Weltkriegen war auch so eine naive, aber zugleich bahnbrechende Vision. Am Ende könnte das globale Klimaproblem den Anstoß für das größte und erste weltumspannende Modernisierungsprogramm der Menschheit gegeben haben.

Keine Stabilität ohne soziale Sicherheit

ven, 27/10/2017 - 14:54
Bonn, 27.10.2017. Die derzeit laufenden Koalitionsverhandlungen sollten soziale Sicherungssysteme zu einem zentralen Thema deutscher Entwicklungszusammenarbeit (EZ) machen. Selbst wenn sich das globale Wirtschaftswachstum stark beschleunigt, wird es vor allem in Afrika noch sehr lange brauchen, um die dortige Armut zu beseitigen. Darum müssen soziale Grundsicherungssysteme aufgebaut werden, um Gesellschaften und Staaten zu stabilisieren. Denn wenn noch mehr Staaten zerfallen, kann es zu neuen Kriegen und einem weiteren Anstieg der Migration nach Europa kommen. Projektionen der Weltbank zeigen, dass das erste Nachhaltigkeitsziel (Beseitigung der extremen Armut) global nicht bis 2030 erreicht wird, wenn nicht das Wirtschaftswachstum zunimmt und auch erheblich mehr Einkommen zu den Ärmsten umverteilt wird. Dies gilt umso mehr für Subsahara Afrika, wo der Anteil der extrem Armen noch immer sehr groß und das Wirtschaftswachstum volatil ist. Umverteilung kann über staatliche Bildungs- und Gesundheitssysteme stattfinden, v.a. aber über soziale Grundsicherungssysteme, die Bargeldtransfers an arme Haushalte leisten. Diese können, je nach Bedarf, unterschiedliche Zielgruppen begünstigen. Und sie können an eine Bedingung geknüpft sein – zum Beispiel, dass Kinder in die Schule gehen (cash for education) oder Erwachsene Arbeitsleistungen beim Aufbau lokaler Infrastruktur erbringen (cash for work). Lange argumentierten viele Politiker, dass Entwicklungsländer erst ökonomisch wachsen müssten, bevor sie sich Sozialpolitik leisten können. Internationale Vergleiche zeigen jedoch, dass auch arme Länder soziale Grundsicherungssysteme finanzieren können. Im Durchschnitt geben sie hierfür keineswegs einen deutlich kleineren Anteil des Bruttoinlandsprodukts (BIPs) aus als reiche Länder. Und es lässt sich auch mit vergleichsweise kleinen Beträgen viel erreichen. Lesotho zum Beispiel wendet 6% des Bruttoinlandsprodukts (BIPs) für Sozialtransfers auf, obwohl sein Prokopfeinkommen nur rund 1200 US-Dollar pro Jahr beträgt. Es baute u.a. – sogar gegen den Rat der internationalen Geber – ein Sozialrentensystem auf, das heute als äußerst erfolgreich gilt, obwohl es nur 1,8 % des BIP kostet. Malawi und Peru besitzen Sozialhilfesysteme, die nur 0,1-0,2% des BIP kosten. Äthiopiens cash for work-Programm unterstützt sieben Millionen Haushalte, kostet aber ebenfalls nur 0,65% des BIP. Entscheidend ist, dass soziale Sicherung nicht nur eine soziale, sondern auch eine bedeutsame ökonomische und politische Funktion hat. In der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008-2009 zeigte sich, dass Länder mit leistungsfähigen sozialen Grundsicherungssystemen externe ökonomische Schocks besser verkraften, weil diese verhindern, dass auch die Binnennachfrage stark nachgibt. Zudem ermutigt der Zugang zu solchen Systemen insbesondere einkommensschwache Haushalte dazu, zu investieren und sich dadurch selbst aus Armut zu befreien. Menschen ohne soziale Sicherheit scheuen Risiken. Können sie überhaupt je Ersparnisse bilden, so horten sie diese, anstatt zu investieren. Denn sie brauchen die Ersparnisse am dringendsten, um Schocks wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit zu bewältigen. Erst wenn sie ein Mindestmaß an sozialer Absicherung gegen die wichtigsten derartigen Risiken haben, sind sie bereit, in Produktionsmittel oder eine Ausbildung zu investieren. Hiermit gehen sie nämlich neue Risiken ein: Im günstigen Fall steigern sie ihr Einkommen deutlich, jedoch kann sich die Ausgabe im Extremfall auch als Fehlinvestition erweisen. Soziale Sicherung wird somit nicht erst durch Wirtschaftswachstum ermöglicht, sondern sie ermöglicht Wirtschaftswachstum – und zwar vor allem solches, das breitenwirksam (pro-poor) ist, weil es von den Armen selbst ausgeht. Schließlich ist soziale Grundsicherung auch deswegen eine gute Investition, weil sie Staat und Gesellschaft stabilisiert – und damit auch für Investoren die notwendigen Rahmenbedingungen schafft. Soziale Sicherheit fördert die soziale Inklusion benachteiligter Menschen, indem sie diese soziale Teilhabe ermöglicht. Dadurch steigert sie die Zufriedenheit der Bürger und die Akzeptanz der bestehenden gesellschaftlichen und politischen Ordnung und verringert die Gefahr von Aufstand und Krieg. In den middle-income countries sollte deutsche Entwicklungszusammenarbeit den Ausbau sozialer Grundsicherungssysteme vor allem durch Beratung und begrenzte finanzielle Anreize fördern. Die laufenden Kosten können die meisten dieser Länder durch Umschichtungen im Staatshaushalt finanzieren. Die low-income countries hingegen sind darauf angewiesen, dass die internationale Gebergemeinschaft zumindest für eine bestimmte Zeit auch die laufenden Transferzahlungen finanziert. Zumindest können diese anbieten, eine Aufstockung der Transfers zu übernehmen, wenn Wirtschaftsschocks oder Naturkatastrophen drohen oder auftreten. Nicht nur die Entwicklungsländer, sondern auch Europa sollten größtes Interesse daran haben, soziale Sicherungssysteme zu schaffen und auszubauen. Eine nachhaltige Stabilisierung etwa der Staaten in Afrika hilft auch Europa, weil sie das Risiko neuer Bürgerkriege, des Zerfalls von Staaten und damit einer weiteren Zunahme des Migrationsdrucks auf Europa senkt.

Akteure des Südens beginnen mit der Gestaltung von Nachhaltigkeitsstandards

lun, 23/10/2017 - 08:00
Bonn, 23.10.2017. In Genf ansässige Internationale Organisationen haben jüngst freiwilligen Nachhaltigkeitsstandards (voluntary sustainability standards, VSS) große Aufmerksamkeit geschenkt. Diese fordern Produktions- und Konsummuster nach bestimmten sozialen, ökologischen und ethischen Vorgaben auszurichten. Auf Konferenzen im vergangenen September, die von der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) und vom Internationalen Handelszentrum (ITC) ausgerichtet wurden, identifizierten die Teilnehmer drei Faktoren für die wachsende Bedeutung von VSS: Erstens verlangen Verbraucher in fortgeschrittenen Volkswirtschaften zunehmend nach „sauberen“ Produkten, sei es nach nachhaltig produziertem Holz, sei es nach fair gehandelten Kakao und Kaffee. Zweitens wenden sich transnationale Konzerne VSS zu, um Reputationsrisiken abzumildern und ihre Waren und Dienstleistungen zu differenzieren. Schließlich hat das öffentliche Beschaffungswesen in Europa und in südlichen Ländern wie Brasilien, China und Indien angefangen, Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen. Mit weltweit mehr als 500 Produktbezeichnungen, die Nachhaltigkeit versprechen, hat das schnelle Wachstum von VSS einen regelrechten Dschungel an Standards geschaffen, in dem Verbraucher, Produzenten, Händler und Behörden große Orientierungsschwierigkeiten haben. Die objektive Folgenabschätzung und die Vergleichbarkeit konkurrierender VSS-Systeme werden durch mangelnde Transparenz und unvollständige empirische Evidenz beeinträchtigt. Nachhaltigkeitsansprüche einzelner Unternehmen, die nicht durch Dritte überprüft werden, erhöhen die Komplexität noch weiter. Historisch gesehen haben Akteure aus dem Süden im Norden konzipierte Standards als protektionistisch und diskriminierend gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) abgelehnt. Die skeptische Haltung ist vor kurzem aktivem Engagement gewichen, da der Süden an der Gestaltung der Entwicklung von VSS entsprechend seiner Prioritäten mitwirken will. Von März 2016 bis Juni 2017 schufen Indien, Brasilien und China nationale VSS-Plattformen, die als Clearingstelle dem Informationsaustausch und der Politikformulierung dienen. Der Quality Council of India (QCI), eine gemeinsame Einrichtung des Ministeriums für Handel und Industrie und von Industrieverbänden, fungiert als Sekretariat für die nationale Plattform. In Brasilien ist INMETRO, Teil des Ministeriums für Industrie und Außenhandel, mit dieser Aufgabe betraut. In China arbeiten die Standardization Administration of China und the China Association for Standardization zusammen, um die nationale Plattform zu koordinieren. Auf der Grundlage dieser Erfahrungen in Multi-Stakeholder-Umgebungen sondieren Mexiko, Indonesien und Südafrika als Teil des Managing Global Governance Network derzeit Möglichkeiten, ähnliche Institutionen zu schaffen. Die Plattformen in Indien, Brasilien und China haben drei Aufgaben gemeinsam: Förderung des Dialogs, Anpassung von Standards und internationale Vernetzung. Während die Interaktion zwischen mehreren Akteuren zu einer etablierten Praxis geworden ist, stellt die Anpassung von VSS an die nationalen Prioritäten erhebliche Herausforderungen dar. Ambitionierte internationale Labels müssen durch niedrigschwellige Versionen ergänzt werden, die eine schrittweise Höherstufung heimischer Unternehmen erlauben. In Indien z.B. hat der QCI für Lebensmittelproduzenten BasicGAP als Sprungbrett für das international anerkannte GlobalGAP geschaffen. Ergänzend müssen Regierungen KMU bei der Einführung von Standards finanziell und technisch unterstützen. Die nationalen Plattformen arbeiten jetzt an politischen Rahmenbedingungen, die sicherstellen, dass VSS mit den Entwicklungsprioritäten des Landes übereinstimmen und zugleich nachhaltige Ergebnisse erreichen. Der zugrundeliegende Paradigmenwechsel kann als Gegenmaßnahme zur ungezügelten Liberalisierung des Welthandels verstanden werden, die zu unfairem sozialen und ökologischen Wettbewerb geführt hat. Im Süden werden VSS nicht mehr aus der Perspektive einzelner Unternehmen betrachtet, sondern als Instrumente, die den makroökonomischen Zielen der Transformation und nachhaltiger Entwicklung dienen. Immer mehr Regierungen wollen die Bedingungen bestimmen, unter denen internationale Regelungen hilfreich sind (eine Art „Betriebsgenehmigung“). Indien und China entwickeln derzeit eigenständig nationale Zulassungsverfahren für VSS („Standard für Standards“). Einmal eingeführt, wird öffentliche Unterstüt-zung von der Einhaltung solcher Anforderungen abhängig gemacht werden. Das zunehmende proaktive Engagement von Entwicklungsländern für Nachhaltigkeitsstandards ist eine erfreuliche Entwicklung. Ihre Bemühungen, VSS mit nationalen Prioritäten in Übereinstimmung zu bringen und die Perspektiven des Südens auf internationaler Ebene zu artikulieren, werden den Beitrag solcher marktbasierten Instrumente zur Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung stärken. Kurzfristig sollte das UN-Forum für Nachhaltigkeitsstandards unter Führung der UNCTAD einen Multi-Stakeholder-Prozess für den Erfahrungsaustausch, die Schaffung gemeinsamen Wissens und einen Politik-Dialog über VSS unterstützen. Langfristig muss die internationale Gemeinschaft einen einheitlichen globalen Rahmen für VSS schaffen, der den derzeitigen Zustand der Zersplitterung überwinden und nachhaltigen Handel fördern kann.

China’s 19th Party Congress: A stronger role for China in global development?

mar, 17/10/2017 - 11:30
Starting Wednesday, 18 October 2017, key political decisions will be announced at the 19th Congress of the Communist Party of China Beijing. While most observers focus on the changes in the party’s leadership, it is the so called political report of the Congress that will set the Chinese policy agenda for the next five years. As the highest decision-making organ of the Communist Party, the Congress and its report have enormous influence on Chinese and global politics. What does this mean for global development and foreign aid?

The political report is drafted by a special committee, following a year-long consultative process of gathering inputs from across government and from experts. The report is, therefore, a laboriously crafted consensus document, shared by all major constituencies within the Communist Party. As a result, formulations are broad and often unspecific. Still, wording matters, even if the significance of a specific phrase is not apparent at first. The meaning of key passages often emerges later, after further elaboration and interpretation.

The report contains large sections that remain unchanged; continuity prevails. For President Xi Jinping, however, this is the first political report of the Congress to prominently feature his policy ideas, including the “Chinese Dream” – often presented as vision for development – and the “New Type of Great Power Relations”, which sets out China’s foreign policy aspirations and relations with the US. Notably China now declares itself as a ”Great Power”, and not just a developing country.

Three key trends
Traditionally, the report first and foremost focuses on domestic issues. China’s engagement in international development will be outlined in the second to last section (the 11th of 12), which in 2012 was entitled “Continuing to Promote the Noble Cause of Peace and Development of Mankind”. Despite foreign policy’s limited role, this part of the report will determine key lines for China’s international relations in the next years. We expect this vision to promise a more assertive role for China in global governance and foreign aid, based on three key trends of the last years.

First, China has initiated a big push on global development, most notably through the launch of the “One Belt One Road” Initiative, also known as the Silk Road of the 21stCentury. This cross-regional integration effort bundles Chinese aid, trade, investment, loans and political influence into infrastructure projects across Asia, Africa and Europe. More than 60 countries are included and about USD 926 billion in investments have been announced. In addition, China continues to promote regional development under the Forum on China-Africa Cooperation (FOCAC), the Shanghai Cooperation Organisation (SCO) for Central Asia and the China and Community of Latin American and Caribbean States (CELAC) Forum.

Second, China has increased its engagement in multilateralism. Speaking at the World Economic Forum in Davos in January, President Xi called China the defender of globalisation and free trade, in marked contrast to the US administration under President Trump. China is now the second-largest funder of the UN, and the biggest provider of UN peacekeeping troops among the UN Security Council’s permanent members. China continues to back the Paris climate agreement and the Iran nuclear deal. The IMF voting rights reform in 2010 formalised China’s position as the 3rd largest member country in the IMF. In 2016, the Renminbi became a global reserve currency. During its G-20 Presidency last year China championed the implementation of the 2030 Agenda, linking its G-20 and UN activities. Two new multilateral institutions, the New Development Bank (“BRICS bank”) and the Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) are backed by China.

Third, Chinese cooperation is targeted more strongly at achieving the 2030 Agenda. In 2015, China made commitments for South-South Cooperation of over USD 5 billion, including a USD 2 billion commitment to development assistance for poor countries to eradicate poverty. In 2017, China launched the China Center for International Knowledge on Development (CIKD) to share “China’s wisdom” and put forward “China’s proposals” for international development. On foreign aid, China does not intend to join the OECD club of donors, but it could explore more coordination of global engagement in different platforms, including for instance the Global Partnership for Effective Development Co-Operation.

A new global role for China
All these foreign policy pursuits are strongly embedded in China’s domestic core interests— national sovereignty, territorial integrity, and domestic development – especially its pursuit of the “Chinese dream”. However, in a global context that is increasingly defined by zero-sum thinking, Chinese ideas of “mutual interest” and “win-win” cooperation offer themselves as an alternative to the at times inadequate engagement of Western countries on the global stage.

China is also reshaping its own role in international cooperation, from being a participant and follower to acting as a provider of new developmental proposals and solutions. Development actors, including Western aid agencies and China, should continue their mutual learning and exchange, with the goal of addressing global development challenges together. Western countries should prepare to engage with a China that is much more assertive and at the same time willing to share lessons based its own development experiences.


Heiner Janus is a Researcher at the Department Bi- and Multilateral Development Cooperation at German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Lixia Tang is Associate Professor at the College of Humanities and Development Studies, China Agricultural University, Beijing




Eine Welt ohne Hunger in einer Welt voller Kriege?

lun, 16/10/2017 - 10:00
Trotz der Verpflichtung der internationalen Gemeinschaft, den Hunger bis 2030 zu beenden, gab es 2016 rund 38 Millionen mehr hungernde Menschen als im Vorjahr. Einem aktuellen Bericht der Vereinten Nationen zufolge sind bewaffnete Konflikte der Hauptgrund für diesen drastischen Anstieg. Vor dem Hintergrund des heutigen Welternährungstags ist es daher notwendig, die besonderen Herausforderungen an der Schnittstelle zwischen Ernährungssicherung und Friedensförderung stärker in den Blick der Entwicklungspolitik zu rücken.

Menschengemachter Hunger
Selbstverständlich hat Hunger viele Gesichter und ebenso vielfältige Ursachen. In Bangladesch trifft er vielleicht eine Feldarbeiterin, deren Lohn nur für eine karge Mahlzeit am Tag reicht. In Mexiko lässt er Straßenkinder nachts wach liegen. In Südasien und Subsahara-Afrika, wo die meisten Hungernden leben, vernichten Dürren sowie Hochwasser seit Monaten Ernten und dezimieren Tierherden. Die meisten Hungernden sind Kleinbauern, die bei wachsender Bevölkerungsdichte, begrenzten Landreserven, degradierenden Böden und mangelnder Unterstützung nicht genug produzieren können, um sich ausreichend zu ernähren.

Der vorherrschende Hungertreiber ist jedoch ein anderer: Die Mehrheit der Hungernden lebt in Ländern, die von erodierender Staatlichkeit und kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt sind. In der Tat sind schwache institutionelle Kapazitäten und anhaltende Konflikte ein Türöffner für schwere Hungersnöte. Dies wurde in den vergangenen Monaten insbesondere im Südsudan, Nigeria, Somalia und im Jemen deutlich. Hier werden Hunger und Not möglicherweise systematisch von Konfliktparteien eingesetzt: Rebellen und Soldaten brennen Felder nieder, vernichten Saatgut, vergiften Brunnen und erschweren humanitären Organisationen gleichzeitig den Zugang zu Krisenregionen.

Die zugespitzte Ernährungslage in Krisen- und Konfliktländern widerspricht dem zweiten globalen Nachhaltigkeitsziel: den Hunger in den kommenden 13 Jahren weltweit zu beenden. Da die Glaubwürdigkeit der Agenda 2030 und damit der Vereinten Nationen stark von Fortschritten bei Armut und Hunger abhängig ist, muss auch Deutschland überzeugende Mittel finden, um den Hunger in der Welt zu bekämpfen. Der Erfolg entwicklungspolitischer Maßnahmen in fragilen Ländern und Konfliktregionen wird dafür entscheidend sein. Die folgenden vier Vorschläge könnten dazu beitragen.

Kohärente Entwicklungspolitik als Schlüssel
Zunächst müssen Diskrepanzen in der strategischen Ausrichtung der außenorientierten Politiken der Bundesregierung beseitigt werden. Ernährungssicherung und Friedensförderung dürfen nicht parallel nebeneinander existieren, sondern müssen Hand in Hand gehen. Doch bisher gehen weder die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie noch die Leitlinien zu ziviler Krisenprävention ausreichend auf die Verbindung zwischen Hunger und Konflikten ein. Zwar bezeichnet der aktuelle Entwicklungspolitische Bericht der Bundesregierung die Entwicklungszusammenarbeit (EZ) explizit auch als Instrument der Friedenspolitik, allerdings mangelt es an einer kohärenten Vision, die auch andere politische Handlungsfelder integriert.

Zweitens sollte das neue Kabinett Not- und Katastrophenhilfe intensiver mit langfristigen Entwicklungsinitiativen verbinden. Dazu gehört insbesondere, die Übergangshilfe auf eine größere Zahl von Ländern auszuweiten und die Kooperation zwischen dem Auswärtigen Amt – zuständig für humanitäre Hilfe – und dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – verantwortlich für Übergangshilfe – zu verbessern.

Darauf aufbauend ist es unabdingbar, einen stärkeren Fokus auf (potentielle) Krisenregionen zu legen. Anstatt Unruhegebiete und schwache Staaten zu verlassen, sollten diese in besonderer Weise von der EZ berücksichtigt werden. Nur so können Strukturen aufgebaut werden, die langfristig Frieden garantieren und gleichzeitig wachsendem Mangel präventiv entgegentreten können.
Zu guter Letzt würde ein besseres Konflikt-Monitoring die Krisenanfälligkeit der Entwicklungspolitik stark vermindern. So wie das schon praktizierte ‚Climate Proofing’ könnte ein ‚Conflict Proofing’ - also die Überprüfung von EZ-Projekten hinsichtlich ihrer potentiellen Auswirkungen auf Konflikte bzw. Anfälligkeit für Konflikte - in das Standardrepertoire aufgenommen werden. So würde ein sensiblerer Umgang mit Konfliktprävention und Friedensförderung systematisch in das Alltagsgeschäft der EZ integriert werden.

Worten Taten folgen lassen
Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele ist eine Mammutaufgabe für die internationale Gemeinschaft. Nur wenn gemeinsame und ernsthafte Anstrengungen zur Verwirklichung der Ziele unternommen werden, kann die globale Entwicklungsagenda zu einem Erfolg werden. Das gilt insbesondere für die Beseitigung von Hunger in all seinen Formen. Um diesen elementaren Vorsatz zu erreichen, muss die Schnittstelle zwischen Ernährungssicherung und bewaffneten Konflikten einen höheren Stellenwert in der deutschen Entwicklungspolitik einnehmen. Erst dann wird das Motto der Agenda 2030 – leave no one behind – wirklich mit Leben gefüllt.

Daniel Wegner ist Teilnehmer des 53. Kurses des Postgraduierten-Programms.


Lernen aus Evidenz – Wie Wirkungsanalysen besser genutzt werden können

lun, 02/10/2017 - 09:58
Die Bedeutung von Wirkungsanalysen ist in der Entwicklungszusammenarbeit kein neues Thema. Es gibt einen zunehmenden Konsens in der Entwicklungspolitik, dass es wichtig ist, Interventionen mittels rigoroser Wirkungsstudien zu beurteilen. In Deutschland haben Wert und Bedeutung von unabhängigen, rigorosen Wirkungsanalysen in den vergangenen Jahren zugenommen, obwohl sie weit weniger institutionalisiert sind als in anderen wichtigen Geberländern. Es gibt viele gute Gründe für den verstärkten Einsatz von Wirkungsanalysen. Dazu gehört z.B. die Durchführungsorganisationen rechenschaftspflichtig zu machen und Entwicklungszusammenarbeit zu legitimieren, indem positive Wirkungen aufgezeigt werden. Lernen aus Wirkungsanalysen dominiert die derzeitige Debatte. Wirkungsanalysen schaffen – nach der Theorie – Wissen, das Praktiker dazu bringt, ihre Strategien und Projekte so zu verändern, dass bessere Ergebnisse erzielt werden können. Leider nutzen Geber und Durchführungsorganisationen Wirkungsanalysen viel zu wenig, vor allem im deutschen Kontext. Mehrere Faktoren behindern ihre Anwendung und die Nutzung der Ergebnisse. Erstens ist die externe Validität der Ergebnisse rigoroser Wirkungsanalysen beschränkt. Folglich können Einsichten der Analyse nicht einfach auf andere Zusammenhänge und Länder übertragen werden. Zweitens erhöht die Wahrnehmung, dass nur die Leistungen von Programmen oder sogar Einzelpersonen bewertet werden zu einer negativen Voreingenommenheit in einigen Fällen sogar zu offenen Widerstand gegenüber Wirkungsanalysen. Vielen Herausforderungen, denen sich die Entwicklungszusammenarbeit bei der Nutzung von Evidenz durch Wirkungsanalysen gegenüber sieht, könnte durch gemeinsames Handeln von Forschern und Praktikern begegnet werden. Leider werden Wirkungsanalysen, die von externen Forschern durchgeführt werden, zunehmend von Praktikern als zusätzliche und periphere Aufgabe ihrer täglichen Arbeit angesehen. Der Grund für diesen Trend liegt nicht nur in den mangelnden Anreizen rigorose Wirkungsanalysen zu unterstützen, er ist auch einem Kommunikationsproblem zwischen Forschern und Praktikern geschuldet. Einerseits müssen Forscher die Ergebnisse für Praktiker zugänglich und nutzbar machen, insbesondere um die Intuition hinter den verschiedenen methodischen Ansätzen zu erklären. Andererseits müssen Praktiker deutlich machen, was ihre Lerninteressen sind und ihre Grenzen und Befürchtungen offen diskutieren. Die Projektplanung muss auch sicherstellen, dass Praktiker genügend Zeit haben, um sinnvoll in die Planung der Wirkungsanalyse einbezogen zu werden. Wir sind der Ansicht, dass Begleitforschung in denen Wirkungsanalysen eingebettet sind dazu beitragen können, die Zusammenarbeit zwischen Praktikern und Forschern zu verbessern. Am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) sammeln wir positive Erfahrungen mit diesem Ansatz in Ländern wie Benin, Malawi und Mosambik. Der Eckpfeiler dieses Modells ist ein regelmäßiger Austausch über Konzeption und Umsetzung von Wirkungsanalysen in enger Zusammenarbeit zwischen den als unabhängige Gutachter eingesetzten Forschern und den Durchführungsorganisationen der zu evaluierenden Entwicklungsmaßnahmen. Im Gegensatz zu kurzfristigen beratungsbezogenen Analysen, zielt dieses Modell darauf ab, eine zuverlässige, langfristige Arbeitsbeziehung zwischen allen Akteuren zu entwickeln. Dies erleichtert einen gemeinsamen Lernprozess und gewährleistet zugleich unabhängige Wirkungsanalysen. Im besten Fall müssen die Durchführungsorganisationen, die finanziellen Kosten der Wirkungsstudien nicht tragen, weil externe Geber dafür aufkommen. Dieses Modell kann die Qualität und den Nutzen von Wirkungsanalysen erhöhen und die Diskussion der Ergebnisse verbessern. Forscher lernen mehr über die Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung von Entwicklungsmaßnahmen sowie über die Präsentation ihrer Ergebnisse jenseits der Forschungsgemeinschaft, während Praktiker etwas über Vorteile und Grenzen rigoroser Wirkungsanalysen erfahren und außerhalb ihres Projekts erzeugte Evidenz besser verstehen und nutzen. Das heißt nicht, dass alle Wirkungsanalysen auf diese Weise durchgeführt werden sollten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, unabhängige Wirkungsstudien durchzuführen. Nach unserer Erfahrung sind Wirkungsanalysen innerhalb von Begleitforschungsprojekten, besonders gut geeignet, die Qualität und Nutzung der Ergebnisse zu verbessern. Die Politik drängt dazu, Wirkungsanalysen stärker einzusetzen. Es geht aber nicht nur um mehr Analysen sondern auch um eine bessere Nutzung der erzeugten Evidenz. Wirkungsanalyse innerhalb von Begleitforschungsprojekten zu integrieren, ist ein Modell, das in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag leisten kann. Alexandra Rudolph ist tätig am Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Christoph Strupat und Armin von Schiller sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE).
Diese Kolumne ist am 05.10.2017 auch auf euractiv.de erschienen.

Wir haben nur einen Planeten – quo vadis Umweltschutz in Handelsabkommen?

lun, 25/09/2017 - 10:23
Bonn, 25.09.2017. Unter dem Motto „Trade: Behind the Headlines“ treffen sich vom 26. bis 28. September 2017 in Genf Handelspolitiker, Wissenschaftler und Vertreter von Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt zum alljährlichen Public Forum der Welthandelsorganisation (WTO). Die Schlagzeilen der letzten Jahre waren bestimmt von der Unfähigkeit der WTO-Mitglieder, die vor 16 Jahren begonnene Doha-Verhandlungsrunde zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Wichtige Mitgliedstaaten wie die USA sprechen sich sogar für einen offiziellen Abbruch der dahinsiechenden Verhandlungen ab. Als Reaktion auf das Stocken der multilateralen Verhandlungen wichen viele Länder auf die Verhandlung von Handelsabkommen außerhalb der WTO aus. In Deutschland wurden die Verhandlungen zu TTIP, der Transatlantic Trade and Investment Partnership, kontrovers diskutiert. Viele Bürger fürchteten, dass Abkommen wie TTIP dazu führen, Sozial- und Umweltstandards aufzuweichen. Blickt man jedoch hinter die Schlagzeilen der aufgeheizten handelspolitischen Debatte, wird deutlich, dass die neuen Handelsabkommen eine Vielzahl von Regelungen enthalten, die über den Abbau von Handelsschranken hinausgehen. Aktuelle Daten der kanadischen Laval Universität zeigen: 85 Prozent aller Freihandelsabkommen enthalten Umweltklauseln. Die jüngst abgeschlossenen Abkommen warten dabei sogar mit mehr als 60 unterschiedlichen umweltrelevanten Klauseln auf. Umweltklauseln – mehr als nur Protektionismus Dieser Anstieg von Umweltklauseln in Handelsabkommen mag zwar bekannt sein, Akteuren in der Handelspolitik fehlt jedoch oftmals ein tieferes Verständnis über ihre Entwicklung und Vielfalt – und zwar über Sektoren, Regionen und Ländern hinweg. Dieser Trend begann Anfang der 1990er Jahre mit dem Abschluss des wegweisenden nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA), das umfassende Umweltregeln und ein Nebenabkommen für Umweltbelange enthielt. Die NAFTA-Mitgliedsländer schrieben Umweltaspekte natürlich nicht allein aus altruistischen Motiven in das Abkommen. Für die USA spielte insbesondere die Furcht vor Wettbewerbsverzerrungen durch laxe Umweltstandards in Mexiko eine Rolle. Zudem diente die Integration von Umweltregeln der US-Regierung, neben Arbeits- und Sozialstandards, als Mittel zur Besänftigung der heimischen NAFTA-Kritiker. Umweltklauseln in Handelsabkommen als versteckten Protektionismus zu kennzeichnen, greift allerdings zu kurz. Dagegen spricht insbesondere die zunehmende Diversität dieser Klauseln. Das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) hat zusammen mit Jean-Frédéric Morin von der Laval University das interaktive Online-Tool TREND analytics aufgebaut, welches auf Basis aktueller Daten einen detaillierten Blick in die Feinheiten von Umweltklauseln in Handelsabkommen ermöglicht. Dabei zeigt sich, dass mittlerweile nahezu 300 verschiedene Umweltklauseln in Handelsabkommen zu finden sind. Hierzu gehören Verpflichtungen zur Umsetzung von nationalen Umweltgesetzen oder die Ratifizierung von internationalen Umweltabkommen. Es gibt aber auch Klauseln zu Klimaschutz, nachhaltigen Fischereimethoden, oder der verbesserten Partizipation von zivilgesellschaftlichen Akteuren in umweltrelevante Politikprozessen. Chancen und Risiken Es sind bisher vor allem die großen Handelsmächte, insbesondere die USA, EU oder Kanada gewesen, die die Integration von Umweltaspekten in Freihandelsabkommen vorantreiben. Entwicklungsländer dagegen fürchten einen „grünen Protektionismus“, dass also diese Umweltklauseln von Industrieländern missbraucht werden, um günstige Produkte aus Entwicklungsländern vom Markt fernzuhalten. Doch in letzter Zeit sehen sie verstärkt auch die Vorteile solcher Klauseln und Länder wie Costa Rica setzen sich zunehmen aktiv dafür ein, Umweltaspekte in neue Handelsregeln zu integrieren und so den Umweltschutz zu stärken. Das US-Peru-Abkommen hat beispielsweise stark zum Schutz des peruanischen Waldes und seiner Artenvielfalt beigetragen. Umweltklauseln sind mehr als nur ein Feigenblatt der Handelspolitik. Auch in Zukunft sollten daher Umweltklausel in Handelsabkommen genutzt werden, um Handel und Umweltschutz besser in Einklang zu bringen – nicht zuletzt, um zur Umsetzung der 2030 Agenda beizutragen. Die Diskussion über den Beitrag von Handelsabkommen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung sollte stärker in den Fokus der öffentlichen Debatte gerückt werden. Das WTO Public Forum in Genf kann eine wichtige Rolle dabei spielen. Gerade in Zeiten polarisierter und häufig ideologisch geprägter Kontroversen über Handelspolitik ist es wichtig, evidenzbasiert zu argumentieren und mit vielen der bestehenden Vorurteile aufzuräumen. Hierdurch kann nicht nur dazu beigetragen werden, dass umweltpolitisch sinnvolle Klauseln in mehr und mehr bilateralen und regionalen Freihandelsabkommen aufgegriffen werden, sondern auch in die multilateralen Verhandlungen der WTO ihren Eingang finden. 

Weltfriedenstag der Vereinten Nationen: seine Symbolik und seine Bedeutung in der Agenda 2030

lun, 18/09/2017 - 10:00
Bonn, 18.09.2017. Hand aufs Herz: Wer weiß, dass am 21. September der „Internationale Friedenstag der Vereinten Nationen“ begangen wird? Wichtig ist in diesem Kontext und an diesem besonderen Tag, Bezug zur Agenda 2030 zu nehmen: Sie formuliert anspruchsvolle Eckpunkte für die Friedensfrage. 21. September 1981: Symbolik ohne Folgen 1981 beschloss die UN-Generalversammlung, diesen Tag künftig als internationalen Friedenstag zu begehen. Hinter der Symbolik „Weltfriedenstag“ steckt die ewige Sehnsucht nach Frieden. Aber welche tatsächliche Rolle spielt der Welttag? Faktisch verbleiben seit Ende des Zweiten Weltkriegs Kriege und gewaltsame Konflikte – bezüglich ihrer Anzahl und ihrer brutalen Grausamkeit – auf stets ähnlich hohem Niveau. Kein Wunder also, dass der Weltfriedenstag im kollektiven Gedächtnis des globalen Geschehens kaum bzw. überhaupt keine Rolle spielt: Er wirkt wie die symbolische Resignation vor der Macht des Faktischen. 25. September 2015: Bedingungen für nachhaltigen Frieden in der Agenda 2030 Im Gegensatz dazu formuliert das 16. Nachhaltigkeitsziel (SDGs) der Agenda 2030 nicht mehr nur eine „Friedenssehnsucht“, sondern klopft anspruchsvolle Eckpunkte fest, an denen sich letztendlich alle 17 Ziele der Agenda zu orientieren haben: „Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.“ (SDG 16) In Verbindung mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die in der Resolution das übergreifende Dach der Agenda 2030 bildet, wird in diesem einzigen Satz im Grunde der klassische Rahmen demokratischer Staatlichkeit als Voraussetzung für Frieden bzw. friedliches und gewaltfreies Zusammenleben formuliert; und ohne diese fundamentalen Koordinaten würde nicht zuletzt die Umsetzungsarbeit in den nationalen und regionalen Foren sowie auf den globalen Ebenen für alle anderen Ziele konterkariert werden. Frieden auf Platz 16: Inhaltlich nachvollziehbar? Man könnte der Meinung sein, dass es einerseits - aufgrund der geringen friedenspraktischen Folgen der letzten Jahrzehnte – für Frieden und Rechtsstaat, für stabile Institutionen und gute Regierungsführung „nur“ zu Platz 16 unter den SDGs gereicht hat. Und dass andererseits, aus diesem Grund auch das Friedensziel in der Präambel der Agenda 2030 lediglich den vorletzten Platz unter den Hauptzielen einnimmt. Mindestens ebenso gerechtfertigt ist jedoch eine andere Interpretation: Dieser zufolge ergibt sich der Stellenwert des 16. Ziels nämlich inhaltslogisch aus einer Kette hochkomplexer „Wenn-Dann“-Bedingungen, die vor allem aus der Präambel der Agenda 2030 ableitbar sind – und das liest sich so: (a) Erst wenn Armut und Hunger in der Welt besiegt worden sind; (b) erst wenn die natürlichen Ressourcen nachhaltig gesichert sein werden und der Klimawandel gestoppt wurde; (c) erst wenn die Menschen ein von Wohlstand und nachhaltigem Konsum geprägtes Leben führen können und sich der wirtschaftliche, soziale und technische Fortschritt in Harmonie mit der Natur vollzieht – erst dann können (d) Friedensordnungen aufgebaut werden und vor allem nachhaltig bestehen. Frieden: auf dem Weg zu Platz 1? Um diese „Wenn-Dann“-Logik zielführend ernst zu nehmen – nicht zuletzt aufgrund des enormen Zeitdrucks von nur noch 13 Jahren bis zum Jahr 2030 – empfiehlt es sich, den letzten Absatz der Präambel genau zu lesen, der ausdrücklich Querverbindungen zwischen den Agenda2030 Zielen einfordert. Daher empfiehlt sich für die Verhandlungen in den globalen und regionalen Gremien eine Zwei-Ebenen-Strategie: Ebene 1: Die Verzahnung sachlicher Ebenen, die sich bezüglich des Friedensziels bedingen. Ein Beispiel: Unterziel 16.4 „illegale Finanz- und Waffenströme“ muss sinnvollerweise mit Ziel 8 („nachhaltiges Wirtschaftswachstum“) sowie mit Ziel 17 („Technologie“) verzahnt und verhandelt werden. Kaum eine Technologie ist so wenig nachhaltig wie die Rüstung; sie konterkariert Nachhaltigkeit geradezu und dient entweder dem Drohungs- oder Tötungszweck. Ebene 2: Die komplexen Dimensionen der in vielen Zielen angesprochenen Menschenrechte in engste Beziehung zu den Sachebenen bringen. Ein Beispiel: Die in Punkt 36 der Agenda-Einleitung geforderte Entwicklung und Förderung eines „Ethos der Weltbürgerschaft“ muss sich an einer Umsetzung der Zielpunkte 16.a und 16.b („Antiterrorismus und Nichtdiskriminierung“) messen lassen. Komplexer geht es kaum, denn hier wird der Anspruch formuliert, dass die globale Lebensvielfalt mit einer auf Toleranz und Ausgleich und daher friedfertigen, ethisch-moralischen globalen Gesinnung versehen werden kann – einem Realitätscheck hält das kaum Stand. Um dem Friedensziel ein starkes Fundament zu verleihen, müssen die in der Agenda ausdrücklich eingeforderten Partnerschaften zwischen den Zielen eingegangen werden. Dies wird gleichwohl – ähnlich wie beim Klimaziel – zu einer gigantischen Herausforderung werden. In Abkehr von aller Symbolik jedoch hätte der „Weltfriedenstag“ der Vereinten Nationen dann endlich die Berechtigung, ein populärer zu werden.

Wir schaffen uns ab, ganz demokratisch!

ven, 15/09/2017 - 10:19
Plädoyer für eine lebensfreundliche Demokratie Bonn, 15. September 2017. Am 15. September eines jeden Jahres begehen die Vereinten Nationen den „Internationalen Tag der Demokratie“. 2017 steht dieser Tag unter dem Motto Konfliktvermeidung, also des Beitrags demokratischer Institutionen zu Frieden und Stabilität. Wie die meisten Menschen in Europa können wir uns in Deutschland glücklich schätzen, in einem politischen System zu leben, in dem die Menschenrechte und bürgerliche Grundrechte eingeklagt und individuelle Freiheiten ausgelebt werden können. Unsere politischen Institutionen fördern die gewaltfreie Auseinandersetzung bei Konflikten: Eine zentrale Bedingung für Frieden und Stabilität. Doch es ist ein Irrtum zu glauben, wir könnten uns auf diesen Errungenschaften ausruhen. Denn trotz Demokratie setzen wir seit Jahrzehnten eine friedliche und stabile Zukunft aufs Spiel: Der Klimawandel schreitet ungebremst fort, zerstört Leben und Lebensgrundlagen und wird in Zukunft weitere Konflikte befeuern. Konflikte um Ressourcen, ums Überleben, nicht nur anderswo – auch hier bei uns. Wir wissen das seit Langem und tun doch nicht genug. Denn unsere Demokratie lädt dazu ein, das Klimaproblem aufzuschieben anstatt es zu lösen. Mitverantwortlich für dieses Dilemma ist eine strukturell verankerte politische Kurzsichtigkeit. Diese äußert sich in den Interessen von Wählerinnen, aber genauso in den Versprechen und Entscheidungen von Politikerinnen oder Parteien, die vor allem kurzfristig einlösbare Versprechen ankündigen. In einer repräsentativen Demokratie sind das zwei Seiten derselben Medaille. Viel zu oft gewinnen daher – allem Wissen aus Forschung und längst spürbarer katastrophaler Auswirkungen unseres Lebensstils zum Trotz – Bequemlichkeit, mangelnde Aufklärung und Machtstreben gegen strategisch kluge Nachhaltigkeitsentscheidungen. Auch so ist zu erklären, dass wir in Deutschland und weltweit immer noch an der für das Klima so gefährlichen Kohleindustrie festhalten, Autos mit Verbrennungsmotoren fahren oder weiterhin Unmengen von Fleisch konsumieren. Und das, obwohl Wählerinnen wie Politikerinnen meist genau wissen, dass die Kosten für ihre kurzsichtigen Interessen von Menschen in anderen Ländern, ihren Kindern und Enkelinnen oder sogar ihnen selbst getragen werden. Die Deutschen mögen umweltbewusst sein, doch die Wahlergebnisse der letzten Jahre sprechen für ein weiter so. Wie könnten da die gewählten Volksvertreterinnen mutig für den erforderlichen Umbau zur Nachhaltigkeit stimmen, selbst wenn sie wollten? Das ist unverantwortlich, aber demokratisch legitimiert. Zwar beschreibt Demokratie vor allen Dingen Prozesse zur politischen Entscheidungsfindung und nicht bestimmte Politikinhalte, solange diese verfassungskonform sind. Was aber, wenn die so entstandene Politik unsere ökologischen Lebensgrundlagen systematisch untergräbt; uns und künftigen Generationen den sprichwörtlichen Ast absägt, auf dem wir sitzen? Ein solches System ist lebensbedrohlich. Dies ist kein Plädoyer gegen Demokratie - im Gegenteil: Es ist eine Aufforderung an alle Demokratinnen, den 15. September zum Anlass zu nehmen, um eine Diskussion über die Weiterentwicklung unseres politischen Systems in Gang zu bringen. Eine zukunftstaugliche Demokratie muss die Transformation zur Nachhaltigkeit unterstützen, indem sie die Menschen vor der Zerstörung ihrer eigenen Lebensgrundlagen schützt. Sie muss uns davor bewahren, uns selbst abzuschaffen. Es gibt bereits zahlreiche Ideen für eine nachhaltigkeitsförderliche, im wahrsten Sinne lebendige Demokratie, die Prinzipien wie Verantwortlichkeit und politische Mitbestimmung ausbauen. Sie reichen von der Einführung oder Aufwertung des Verfassungsrangs für Nachhaltigkeit zum Staatsziel, der strikten Nachhaltigkeitsprüfung von Gesetzen, Ombudspersonen für die Zukunft, über eine parlamentarische Vertretung der Interessen künftiger Generationen und politischen Mitspracherechten von Kindern und Jugendlichen, bis hin zur beschränkten Mandatszeit für Volksvertreterinnen oder Zukunftsräten aus zufällig ausgelosten Bürgerinnen. Der Schlüssel für die Wirkung dieser und ähnlicher zukunftsweisender Institutionen wäre Verbindlichkeit. Wir brauchen mehr als Dialogforen oder sonstige Talkshop-Formate, bei denen sich ohnehin engagierte Bürgerinnen und Expertinnen austauschen, um Absichtserklärungen für die Schubladen der Ministerien zu produzieren. Stattdessen brauchen wir Mut zu demokratischen Experimenten mit innovativen Formaten, welche die traditionellen Institutionen wie Regierungen und Parlamente nicht nur beraten, sondern verbindlich ergänzen. Kurz vor der Bundestagswahl und der UN-Klimakonferenz zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens in Bonn (COP23) ist es höchste Zeit für einen Nachhaltigkeitscheck unserer Demokratie. Ziel 16 der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung lautet „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“ für nachhaltige Entwicklung fördern. Es geht darum, die institutionellen Voraussetzungen für die Erreichung aller Ziele zu schaffen. Für demokratische Staaten wie Deutschland bedeutet das: Nur wenn wir unsere Institutionen so anpassen, dass sie langfristige und nachhaltige Politik fördern, kann Demokratie wirklich dauerhaft zu Konfliktvermeidung, Frieden und Stabilität im Sinne des Mottos der Vereinten Nationen beitragen.

Ist die Romanze der Süd-Süd-Kooperation vorbei?

lun, 11/09/2017 - 10:31
Bonn, 11.09.2017. Was ist nur aus dem emanzipatorischen Projekt der Süd-Süd-Solidarität geworden, das 1955 auf der Asiatisch-Afrikanischen Konferenz in Bandung, Indonesien das Licht der Welt erblickt hat? Gegenüber dem Westen zeigt der Süden weiterhin eine geschlossene Front, wie kürzlich auf dem Gipfel von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (BRICS) im chinesischen Xiamen demonstriert. Aber die wachsenden Spannungen innerhalb der heterogen Ländergruppe treten immer deutlicher zu Tage. Ein wesentlicher Faktor dafür ist die zunehmende geopolitische Rivalität zwischen China und Indien. Das ist keine gute Nachricht, weder für die Entwicklungsländer noch für die ganze Welt. Die Umsetzung der transformativen Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung lässt sich nur dann erreichen, wenn die südlichen Geber untereinander kooperieren und komplementär zu den westlichen Ländern aktiv werden. Die bevorstehende Konferenz der Vereinten Nationen (VN) zur Süd-Süd-Kooperation in Argentinien (März 2019) bietet die einzigartige Gelegenheit, die Spaltungen innerhalb des Südens zu überwinden und das globale Gemeinwohl zu befördern. Kein Konsens in der Süd-Süd-Zusammenarbeit Das indische Forschungsinstitut Research and Development System for Developing Countries (RIS), das dem Außenministerium zugeordnet ist, hat die internationale Debatte zur Süd-Süd-Kooperation durch eine Reihe von großen Konferenzen wesentlich vorangebracht. Der Vergleich der letzten Veranstaltung, auch Delhi 3 genannt (mit den RIS-Konferenzen Delhi 1 und 2 in 2013 und 2015) zeigt sowohl Fortschritt als auch Stagnation. Ein Ergebnis sticht heraus: Die südlichen Geber können sich immer noch nicht auf Definitionen und Konzepte für die Süd-Süd-Kooperation einigen. Eine mit Hilfe der VN eingerichtete Plattform für Süd-Regierungen, die andere Entwicklungsländer unterstützen, ist aus Mangel an Gemeinsamkeiten wieder aufgelöst worden. Wie Márcio Corrêa, ein führender Beamter von ABC, der brasilianischen Agentur für Entwicklungszusammenarbeit, prägnant formuliert hat, „zeigen die wichtigen Akteure der Süd-Süd-Kooperation keine Bereitschaft, ein gemeinsames Grundverständnis zu entwickeln“. Im Gegensatz dazu gibt es Fortschritte im Bereich der analytischen Arbeit zu den Modalitäten und Wirkungen der Süd-Süd-Kooperation. Unter Führung des Network of Southern Think Tanks (NeST) entsteht ein wachsender Fundus an empirischen Studien. Doch auch hier werden Gegensätze deutlich, da die beteiligten Organisationen unterschiedliche Modelle für Begleitung und Bewertung der Projekte und Programme verwenden. Überwindung der geopolitischen Rivalität Die Debatten bei Delhi 3 wurden von der wachsenden Spannung zwischen Indien und China überschattet, die sich zunehmend auf die jeweiligen nationalen Strategien der Süd-Süd-Kooperation auswirkt. China konzentriert alle Kräfte auf die Belt and Road Initiative, die zahlreiche Länder in Asien und Afrika einbezieht. Als Gegenmaßnahme hat sich Indien mit Japan verbündet und den Asia-Africa Growth Corridor ins Leben gerufen. Im Moment scheint keine der beiden Seiten an Dialog und Koordination hinsichtlich ihrer konkurrierenden Pläne zur Förderung von Konnektivität, Handel und Investitionen interessiert. Der Konflikt zwischen den beiden Ländern wird durch den chinesischen Wunsch geschürt, BRICS um zusätzliche Länder, beispielsweise Indonesien und Pakistan, zu erweitern. Indien wehrt sich dagegen, weil es die chinesischen Ambitionen auf eine globale Führungsrolle fürchtet. Die staatliche chinesische Nachrichten Agentur Xinhua hat dazu mitgeteilt, dass das Motiv für die Erweiterung ist, BRICS zur führenden Plattform für Süd-Süd-Kooperation umzuwandeln. Die Konkurrenz zwischen den südlichen Supermächten birgt erhebliche Risiken für Entwicklungsländer. Sie könnten demnächst gegen ihren Willen mit einer Situation konfrontiert sein, wo sie sich für die eine Seite und gegen die andere entscheiden müssen. Regionalorganisationen, etwa die Afrikanische Union (AU) oder die Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) sollten als zentrale Vermittler die potenziellen Gefahren abwehren und die Entwicklungschancen nutzen. Auch Think Tanks, zum Beispiel NeST und die Think(T)20-Africa Standing Group haben eine wichtige Verantwortung zur Förderung des wechselseitigen Verständnisses und gemeinsamer Perspektiven. Dazu bemerkt Elizabeth Sidiropoulos, Direktorin des South African Institute of International Affairs: „Afrika schätzt die Partnerschaften mit sowohl Indien und China und bemüht sich um Komplementaritäten anstelle von Rivalitäten“. BAPA+40 als Rettung der Süd-Süd-Kooperation? Die symbolisch aufgeladene Veranstaltung zur Erinnerung an die VN-Konferenz zur technischen Zusammenarbeit zwischen Entwicklungsländern von 1978 könnte den Einstieg zu einer konstruktiven Neubestimmung der Süd-Süd-Kooperation bieten und helfen, den geopolitischen Streit zu überwinden. Nach einer bitteren Debatte entlang der Nord-Süd-Konfliktlinie konnte sich die VN-Vollversammlung nur auf einen Minimalbeschluss für die Konferenz verständigen, der Formalitäten, aber keine inhaltlichen Festlegungen umfasst. BAPA+40, so genannt mit Bezug auf die Verabschiedung des Buenos Aires Aktionsplans vor vierzig Jahren, wird von Argentinien vom 20. bis 22. März 2019 ausgerichtet. Zusätzlich wird das Land bald die Präsidentschaft der G20 übernehmen und Gastgeber für die nächste Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation sein. Dies bedeutet, dass Argentinien in den nächsten Monaten zum Schlüsselakteur in der globalen Politik wird. Die Stärkung der Süd-Süd-Zusammenarbeit ist von zentraler Bedeutung für die Erreichung der globalen Ziele nachhaltiger Entwicklung. Die Industrieländer sollten deshalb eine positive Haltung gegenüber BAPA+40 einnehmen und den Vorbereitungsprozess proaktiv unterstützen, um den Erfolg der Konferenz sicherzustellen.

Pflicht, nicht Wohltätigkeit – ein rechtebasierter Ansatz für den Kampf gegen die Wüstenbildung

lun, 04/09/2017 - 10:00
Bonn, 04.09.2017. Die 13. Vertragsstaatenkonferenz zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) findet in dieser Woche in Ordos (China) zum Thema „Bekämpfung der Wüstenbildung für das menschliche Wohlergehen“ statt. Damit greift das diesjährige Thema die Wüstenbildung jedoch nur als Bedrohung menschlicher Lebensqualität auf. Es reflektiert nicht, dass Wüstenbildung das Ergebnis von Klimaschwankungen und nicht-nachhaltigen menschlichen Aktivitäten auf produktivem Land ist. Die Ursachen von Wüstenbildung sind komplex. Sie reichen von leichter erkennbaren „unmittelbaren Ursachen“ geophysikalischer Natur bis zu weniger eindeutigen „zugrundeliegenden Ursachen“ wie Armut. Das UNCDD spricht sich für „Landdegradations-Neutralität“ (LDN) als Mittel zum Kampf gegen Wüstenbildung aus. Maßnahmen zur Erreichung des LDN-Ziels – keinen Netto-Verlust von gesundem und fruchtbarem Boden zu erleiden –, stehen jedoch im Verdacht, lediglich die unmittelbaren und nicht die grundlegenden Ursachen von Wüstenbildung anzugehen. Wenn Wüstenbildung umgekehrt und verhindert werden soll, müssen auch die zugrundeliegenden Ursachen berücksichtigt werden. Das UNCCD kann das nicht alleine schaffen. Die Macht von drei Konventionen Das UNCCD und die beiden anderen Rio-Konventionen – das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über den Klimawandel (UNFCCC) und das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) – wurden alle 1992 während der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (dem sogenanten „Erdgipfel“) in Rio de Janeiro (Brasilien) verhandelt und verabschiedet. Das zugrundeliegende Konzept der nachhaltigen Entwicklung hat von Beginn an die Notwendigkeit der Maximierung von Synergien zwischen den Konventionen betont. Die Umweltschwerpunkte der drei Konventionen sind miteinander verknüpft; so sind Wüstenbildung und Verlust an Biodiversität zwei langsam fortschreitende Wirkungen des Klimawandels. Dennoch wurde erst 2001 eine Kontaktgruppe (Joint Liaison Group, JLG) eingerichtet. Bis heute sondiert diese „mögliche konkrete Stränge der Zusammenarbeit“. Sie hat das Potenzial, eine Schlüsselrolle bei der Ermittlung und Erforschung von Lösungen für die zugrundeliegenden – und nicht nur die unmittelbaren – Ursachen der Wüstenbildung zu spielen. Doch als informelles Forum, das nur einmal im Jahr zusammenkommt, ist das Mandat der Kontaktgruppe darauf beschränkt, die „Koordination zu verbessern“ und „Möglichkeiten der weiteren Zusammenarbeit“ unter den Rio-Konventionen zu untersuchen. Die grundlegenden Ursachen angehen, um das menschliche Wohlergehen zu verbessern Die der Wüstenbildung zugrundeliegenden Ursachen müssen neben den unmittelbaren Ursachen angegangen werden; andernfalls bleiben Ursache und Wirkung in einem Teufelskreis gefangen. Armut ist eine der Wüstenbildung zugrundeliegende Ursache, aber Wüstenbildung führt auch zu Armut. Wenn die Ressourcen eines Haushalts nur für seine Grundbedürfnisse ausreichen, kann die Einführung alternativer Praktiken wie LDN oder nachhaltige Landbewirtschaftung einige Zeit dauern. Ein angemessener Ansatz muss daher den durch Wüstenbildung verschärften Entwicklungsproblemen Rechnung tragen. Als Produkte des Erdgipfels operieren das UNCCD und die beiden anderen Rio-Konventionen meist aus einer ökologischen Perspektive, die sich auf Ökosysteme und nicht auf Menschen konzentriert. So zielt LDN vor allem darauf ab, landgestütztes Naturkapital und Ökosystemdienstleistungen zu bewahren; menschliches Wohlergehen und Ernährungssicherheit sind dabei Nebenprodukte. Um Wohlergehen zu verbessern, müssen die Folgen sowohl für soziale und als auch für ökologische Systeme in Betracht gezogen werden. Ein rechtebasierter Ansatz, um die grundlegenden Ursachen anzugehen Das UNCCD ist in einer strategischen Partnerschaft mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), das das „Integrierte Programm für Trockengebiete“ (Integrated Drylands Development Programme, IDDP) ins Leben gerufen hat. Das Programm ist ein menschenorientierter Ansatz, der das SDG-Ziel 15.3 zur Bekämpfung der Wüstenbildung bis 2030 verfolgt. Er hat das Potenzial, die grundlegenden Ursachen der Wüstenbildung anzugehen, ist jedoch darauf angewiesen, dass Regierungen die Probleme mit Trockengebieten in ihre Politik einbeziehen. Ein rechtebasierter Ansatz betont die universelle Verantwortung bei der Bewältigung der Ursachen von Wüstenbildung. Die Vereinten Nationen haben schon früh die Verbindungen zwischen Armut und Menschenrechten hervorgehoben und erklärt, dass Armutsbekämpfung „eine Pflicht und nicht Wohltätigkeit“ ist. Wenn der Kampf gegen die Wüstenbildung wirklich zum menschlichen Wohlergehen beitragen soll, müssen das UNCCD ebenso wie die JLG und das IDDP einen rechtebasierten Ansatz verfolgen. Nur so können sie die unmittelbaren sowie die zugrundeliegenden Ursachen der Wüstenbildung angehen. Da die grundlegenden Ursachen der Wüstenbildung eng mit weiteren Umweltproblemen wie Entwaldung und Biodiversitätsverlust verbunden sind, strahlt die Wirkung eines rechtebasierten Ansatzes bei der Bewältigung der Wüstenbildung weit über dessen direkte Ziele hinaus.

Wasser – ein „blauer“ Faden zieht sich durch die Agenda 2030 und das Klimaabkommen von Paris

lun, 28/08/2017 - 10:00
Wasser ist für den Menschen und für den Erhalt der Umwelt unverzichtbar. Wasser spielt auch eine fundamentale Rolle für die Anpassung an den Klimawandel und bietet als Querschnittsthema großes Potential, die Agenda 2030 sektorübergreifend umzusetzen. Auf der jährlich stattfindenden Weltwasserwoche in Stockholm widmen sich Experten aus Forschung, Politik und Zivilgesellschaft den drängenden Themen Wasser und Wasserressourcen. Einerseits, um Politik, Gesellschaft und Industrie zu sensibilisieren und andererseits, um den Wassersektor auf nationalen und internationalen politischen Agenden stärker zu verankern. Auf der diesjährigen Weltwasserwoche diskutieren die mehr als 3.000 Teilnehmenden aus über 130 Ländern die Verschwendung von Wasser. Diese Themensetzung ist ein Appell an die Weltgemeinschaft, sowohl Effizienzsteigerung in der Ressourcennutzung, als auch sektorübergreifende Politikprozesse stärker in den Fokus zu rücken. Eine Bündelung an Maßnahmen und Veränderungen ist gefragt, um den komplexen Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung begegnen zu können. Das Wasserthema muss eine Querschnittsfunktion für nachhaltige Entwicklung und die nationalen Klimaanpassungsstrategien einnehmen Aktuelle Analysen des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) zeigen, dass fast alle nationalen Klimapläne/NDCs Wasser in den Mittelpunkt stellen. Im Rahmen der Weltwasserwoche 2017 diskutiert das DIE den Beitrag von Klimamaßnahmen im Wasserbereich sowie den Wassersektor als integrierendes Element in der Umsetzung des Klimaabkommens von Paris und der Agenda 2030. Einen Überblick über die weltweiten Klimapläne und einen Vergleich über Themen und Länder hinweg erlaubt der NDC Explorer. Auch wenn die nationalen Klimapläne ursprünglich nur auf Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels abzielten, betrifft ein Großteil der Länderaktivitäten auch Anpassungsmaßnahmen, die sehr eng mit dem Wassersektor und nachhaltiger Entwicklung insgesamt verwoben sind. 65 Prozent der nationalen Klimapläne (NDCs) betonen die Klimavulnerabilität des Wassersektors und knapp 80 Prozent beinhalten Anpassungsmaßnahmen im Wassersektor. So weisen SDG 6 „Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten“ und SDG 13 „Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen“ zahlreiche Verbindungen auf. Das DIE analysiert und visualisiert aktuell die Klimamaßnahmen von 163 Ländern hinsichtlich ihres Beitrages zur Zielerreichung der SDGs. In Bezug zu SDG 6 und zu den Unterzielen leisten Klimamaßnahmen den größten Beitrag zum Umgang mit Wasserknappheit und effizienter Wassernutzung (SDG 6.4). Wasser-relevante Maßnahmen in den nationalen Klimaplänen Die NDCs berücksichtigen den Wassersektor in vielerlei Hinsicht, allerdings werden auch Lücken deutlich. Eine Vielzahl der NDCs aus wasserarmen Regionen schlagen beispielsweise Effizienzsteigerungen im landwirtschaftlichen Bewässerungsmanagement und Regenwassergewinnung und Wiederverwendung auf Haushaltsebene vor. Ein geringerer Teil beinhaltet Maßnahmen für ein integriertes Wasserressourcenmanagement (SDG 6.5) und die Verbesserung des Zugangs zu Trinkwasser für alle (SDG 6.1). Und nur sehr wenige Klimamaßnahmen nennen den Schutz von Wasserökosystemen (SDG 6.6), obwohl dieser wesentlich zur Anpassung an den Klimawandel beitragen kann. Selten werden die Versorgung mit sanitären Anlagen (SDG 6.2) und Reduzierung von Verschmutzung (SDG 6.3) als Klimamaßnahmen in den NDCs genannt. Die DIE-Analyse der Klimapläne untermauert die Bedeutung des vernetzten Zielsystems der Agenda 2030. Die meisten Klimamaßnahmen im Wasserbereich stehen im engen Zusammenhang mit der Landwirtschaft (SDG 2) und mit der Infrastrukturentwicklung (SDG 9). Weitere SDGs, die einen Querbezug zu Wassermaßnahmen der Klimapläne besitzen, sind SDG 1 zu Armut, SDG 7 zu erneuerbaren Energien und SDGs 14 und 15 zu Land- und Meeresökosystemen. Klimamaßnahmen liefern weit über das Klimaziel (SDG 13) hinaus wichtige Beiträge zur Agenda 2030 im Allgemeinen und zum Wasserziel (SDG 6) im Speziellen. Es wird aber auch deutlich, dass jenseits der Klimapläne zahlreiche Herausforderungen zur Umsetzung der Agenda 2030 und der Adressierung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung weiterhin bestehen und anzugehen sind. Die Weltwasserwoche ist das weltweit größte und etablierteste Forum für bereichsübergreifende Diskussionen um Wasserressourcen. Wasser als Querschnittsthema innerhalb und über die Agenda 2030 hinweg muss auf der Weltwasserwoche anerkannt werden, um a) die bedeutsame Rolle von intersektoralen Wechselwirkungen in der Umsetzung der Agenda 2030 auf nationaler Ebene Bedeutung zu verleihen und, um b) die nationalen Umsetzungen des Abkommens von Paris und der Agenda 2030 in ihren Maßnahmen kohärent und einander ergänzend umzusetzen. Die aktive Einbeziehung von Wechselwirkungen und die gemeinsame Umsetzung des Abkommens von Paris und der Agenda 2030 können sektorales Denken aufbrechen und in ihrer Komplementarität nachhaltige Entwicklung entscheidend voranbringen. Wasser spielt dabei eine zentrale Rolle! Die Kolumne ist am 28.09.2017 auch bei euractiv.de erschienen

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