Von 2007 an wurden die USA und Europa von schweren Finanzkrisen erschüttert. Diese Turbulenzen führten in der Anfangsphase zu einer verstärkten supranationalen Zusammenarbeit. Dabei betrieb die Gruppe der 20 größten Industrieländer (G20) ein erfolgreiches Krisenmanagement. Seit einigen Jahren jedoch stockt die Kooperation. Wichtige Akteure, darunter die USA, wenden sich von supranationalen Vorgaben ab und gehen stattdessen eigene Wege in der Finanzmarktregulierung. Dies wird von vielen Beobachterinnen und Beobachtern kritisiert, die eine Stärkung globaler Regeln für die Finanzmärkte fordern. Doch ist ein höheres Maß an Diversität in der Finanzmarktregulierung tatsächlich ein Problem? Oder ist die heute zu beobachtende „Balkanisierung“ der Finanzmärkte sogar nützlich, weil sie das internationale Finanzsystem stabiler macht?
In dieser Studie wird die These vertreten, dass globale Regeln für die Finanzmärkte per saldo mehr schaden als nutzen. Die empirischen Erfahrungen sind negativ, denn die bisherigen Versuche sind allesamt gescheitert, durch gemeinsam erarbeitete Regelwerke – etwa Basel I, II und III – Krisen zu vermeiden. Geeinigt hatte man sich jeweils auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, und dieser Minimalkonsens verhinderte nicht die schweren Verwerfungen der letzten 25 Jahre. Nach den Erfahrungen in den USA und Europa sollte das Ziel sein, den Staaten größere Spielräume bei Regulierung der nationalen Finanzmärkte zu ermöglichen.
Regierungen sollten auswählen können, welcher Pfad der Globalisierung für die gesellschaftlichen Präferenzen in ihrem Land angemessen erscheint. Eine selektive, maßgeschneiderte Globalisierung berücksichtigt die Diversität von Volkswirtschaften, ohne ökonomische Zusammenarbeit und internationale Arbeitsteilung grundsätzlich in Frage zu stellen.
Die Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung unter Präsident Juan Manuel Santos und der aufständischen FARC-Guerilla treten nach zweieinhalb Jahren in eine kritische Phase ein. Neben den Verhandlungsfortschritten – in drei von fünf Punkten ist man sich bereits einig – unterstreichen beide Seiten ihre Kompromissbereitschaft durch Zeichen des guten Willens. Gleichzeitig aber wächst die Unsicherheit, ob angesichts der noch umstrittenen Grundsatzfragen der Durchbruch zu einem umfassenden Friedensabkommen gelingen kann. Die Gespräche werden von der internationalen Gemeinschaft unterstützt, doch innenpolitisch zeigt sich das Land stark polarisiert. Der bisherige Verhandlungsverlauf sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Kolumbien nach 50 Jahren gewaltsamer Auseinandersetzungen noch einen weiten Weg zu einem stabilen Frieden vor sich hat. Selbst eine erfolgreiche Verhandlungslösung wäre nur der Anfang eines schwierigen Friedensprozesses mit weitreichendem Reformbedarf. Diesen Prozess sollte die internationale Gemeinschaft mit technischer und finanzieller Unterstützung begleiten.
Was in Europa kaum ein Thema ist: Nordkoreas totalitärer Führerstaat verübt Verbrechen gegen die Menschlichkeit in einem Ausmaß, das in der Gegenwart keine Parallele hat. Das Regime der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK) terrorisiert die eigene Bevölkerung mit Mord, Folter, Versklavung und willkürlicher Inhaftierung. Die vom UN-Menschenrechtsrat beauftragte Untersuchungskommission hat nach einjähriger Recherche in einem rund 400 Seiten langen Bericht schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Am 18. Dezember 2014 verurteilte die UN-Generalversammlung diese Verletzungen und empfahl, die Verantwortlichen vor dem Internationalen Strafgerichtshof anzuklagen. Zwar folgte der UN-Sicherheitsrat diesem Votum bislang nicht. Weil die Menschenrechtsverletzungen der DVRK aber nun auf höchster UN-Ebene thematisiert wurden, haben sie die gebotene internationale politische Relevanz erlangt. Europa und gerade auch Deutschland tragen Verantwortung dafür, dass Menschenrechte in ihrer Nordkoreapolitik einen höheren Stellenwert bekommen und die durch die UN-Untersuchung erzeugte Aufmerksamkeit nicht wieder nachlässt.
Im Nordosten Myanmars sind Kämpfe zwischen den Streitkräften der Zentralregierung und einer aus ethnischen Chinesinnen und Chinesen bestehenden Rebellengruppe wiederaufgeflammt. Auf den ersten Blick ist dies nur eine Randnotiz der internationalen Politik. Doch der Konflikt zeigt europäischen Beobachterinnen und Beobachtern, dass China – sonst derzeit vor allem aufgrund der Streitigkeiten im Südchinesischen Meer in den Schlagzeilen – in bestimmten Fällen zurückhaltender agieren kann: Die Lage in dem kulturell und wirtschaftlich chinesisch geprägten Gebiet böte einer auf nationalistische Emotionen setzenden Führung in Beijing einen plausiblen Anlass, um als Schutzmacht ethnischer Chinesinnen und Chinesen im Ausland aufzutreten. Im Falle Myanmars ist Beijing jedoch offenbar bereit, nationale Befindlichkeiten zugunsten langfristiger strategischer Ziele zurückzustellen. Das chinesische Verhalten beruht auf einem pragmatischen strategischen Ansatz Beijings: Wichtige Nachbarn sollen nicht irritiert werden.
Am 25. März 2015 startete eine saudisch geführte Koalition arabischer Staaten Luftangriffe auf den Jemen, um den Vormarsch der Houthi-Bewegung zu stoppen. Wenige Tage später gaben die Teilnehmer des Gipfeltreffens der Arabischen Liga ihre Entscheidung bekannt, eine gemeinsame arabische Armee aufzustellen. Dabei vertreten die beiden wichtigsten arabischen Ländern gegensätzliche Konzepte militärischer Kooperation: Ägypten setzt auf eine langfristig ausgerichtete, institutionalisierte Militärzusammenarbeit, um größere politische Bedeutung in der Region zu gewinnen; Saudi-Arabien dagegen zieht Ad-hoc-Koalitionen vor, um langfristige Abhängigkeiten von anderen Ländern zu vermeiden, nicht zuletzt von Ägypten. Beide Ereignisse deuten darauf hin, dass die Staaten der Region militärisch vermehrt miteinander kooperieren. Deutschland und die EU sollten dieser Entwicklung mit Skepsis begegnen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass regionale Konflikte durch solche Kooperationen eher verschärft als gelöst wurden.
Die Gefahr eines Nuklearwaffeneinsatzes ist wieder ins Blickfeld internationaler Politik gerückt. Im Januar 2015 stellte das renommierte Bulletin of the Atomic Scientists seine Doomsday Clock auf drei Minuten vor zwölf. Das heißt, die Atomwaffenexperten sehen die Welt so nah an der nuklearen Katastrophe wie zuletzt vor 30 Jahren. Nukleare Drohgebärden Russlands, der ungelöste Atomkonflikt mit Iran, aber auch der Rüstungswettlauf in Asien machen deutlich, dass Kernwaffen in der Sicherheitspolitik wieder eine wichtigere Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund beraten seit dem 27. April bis zum 22. Mai Vertreterinnen und Vertreter der 190 Mitgliedstaaten des nuklearen Nichtverbreitungsvertrags (NVV) in New York, wie die nukleare Bedrohung begrenzt werden kann. Die größte Gefahr für das Nichtverbreitungsregime geht dabei von einer zunehmenden Polarisierung der Mitglieder aus, insbesondere zwischen Atomwaffenstaaten und Nichtatomwaffenstaaten.
Der Ausgang der britischen Unterhauswahlen im Mai 2015 ist ungewiss wie nie zuvor. Diese Unsicherheit speist sich aus drei längerfristigen Entwicklungen. Erstens verliert das traditionell stabile bipolare Parteiensystem an Bindewirkung, während mehrere kleine Parteien an Zustimmung gewinnen. Es drohen unklare Mehrheitsverhältnisse, eine schwierige Regierungsbildung und eine instabile Regierung. Zweitens werden sowohl in Schottland als auch in England die Grundstrukturen des Vereinigten Königreichs in Frage gestellt. Drittens entscheiden die Bürgerinnen und Bürger in der Wahl auch darüber, ob und mit welcher Zielrichtung sie in naher Zukunft über Großbritanniens EU-Mitgliedschaft abstimmen werden – und ob der Austritt des zweitgrößten EU-Staates damit zur realistischen Option wird.