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Diplomacy & Defense Think Tank News

La evaluación y la revisión de la Directiva NIS: la Directiva NIS 2.0

Real Instituto Elcano - Tue, 09/02/2021 - 03:01
Félix Arteaga. ARI 19/2021 - 9/2/2021

La Comisión Europea ha propuesto revisar la Directiva NIS, elaborada para armonizar las medidas de ciberseguridad de las redes y sistemas de comunicación, tras su evaluación durante 2020.

Militärputsch in Myanmar: Ende einer Demokratie?

SWP - Tue, 09/02/2021 - 00:10

Als ausgerechnet die Militärjunta in Myanmar 2010 demokratische Reformen einleitete, waren viele westliche Beobachter überrascht. Schließlich schlug sie in fünf Jahrzehnten ihrer Diktatur jeglichen Protest brutal nieder – so auch 2007 bei der »Safran-Revolution«, als Tausende Menschen, angeführt von buddhistischen Mönchen, demokratische Reformen forderten. Mit der Freilassung Aung San Suu Kyis Ende 2010 und ihrem Wahlsieg 2015 wurde Myanmar in relativ kurzer Zeit vom Paria zum demokratischen Partner. Dabei haben viele nicht gesehen oder sehen wollen, dass es dem Militär nie um Demokratie und Menschenrechte ging. Vielmehr sollte die Öffnung des Landes das eigene Image international aufbessern. Auch sollte die Abhängigkeit von China reduziert werden. Diese hatte aufgrund westlicher Sanktionen seit den 1980ern, sehr zum Missfallen der ultra-nationalistischen Militärführungen, stetig zugenommen. In seiner Selbstwahrnehmung war das Militär immer der zentrale politische Akteur im Land, eine Art Prätorianer, ohne den die Union Myanmars in viele Kleinstaaten zerfallen würde.

Autoritäre Verfassung, illiberale Demokratie

Eine zentrale Hypothek für die von Aung San Suu Kyi geführte Nationale Liga für Demokratie (NLD) war denn auch die vom Militär 2008 verabschiedete Verfassung. Diese garantierte dem Militär nicht nur 25 Prozent der Parlamentssitze und damit eine Sperrminorität für jedwede Verfassungsänderung, sondern auch weitereichende andere Machtbefugnisse, darunter die Führung der Ministerien für Grenzschutz, Verteidigung und Inneres. Auch die vielen wirtschaftlichen Verflechtungen des Militärs in Gestalt von Konglomeraten retteten die Generäle unbeschadet in die neue »demokratische« Ära. Gleichzeitig tat die NLD-Regierung ihr Übriges, um die junge Demokratie zu beschädigen: Regierungskritische Journalisten wurden verhaftet, zivilgesellschaftliche Organisationen in ihrer Arbeit behindert, und selbst innerhalb der NLD kritisierten viele den zunehmend autoritären Führungsstil von Aung San Suu Kyi. Diese unternahm zudem wenig, um die Prärogative des Militärs zu beschneiden. Mehr noch: Die Regierungschefin verteidigte öffentlich das Vorgehen des Militärs gegen die Rohingya, welches laut UN »genozidale Intentionen« dabei verfolgte.

Das Verhältnis zwischen Aung San Suu Kyi und der Militärführung verschlechterte sich jedoch ab 2019 zunehmend. Insidern zufolge brach ab Mitte 2020 die Kommunikation zwischen ziviler und militärischer Führung sogar vollständig ab. Zuvor hatte Aung San Suu Kyi Forderungen nach einer Verfassungsänderung und der damit verbundenen Demilitarisierung des Staatsapparates zu ihrem zentralen Wahlkampfthema gemacht. Der Erdrutschsieg ihrer Partei im November 2020 verlieh dieser aus Sicht des Militärs inakzeptablen Forderung noch mehr Schlagkraft. Kurz bevor das neu gewählte Parlament zusammentreten konnte, putschte sich das Militär am 1. Februar erneut an die Macht.

Militärdiktatur oder gelenkte Demokratie?

Mit dem Putsch hat Myanmars ohnehin fragiler Übergang zur Demokratie zunächst ein jähes Ende gefunden. Es ist wahrscheinlich, dass die derzeitige NLD-Führung auf der Basis fragwürdiger Gerichtsverfahren zu Gefängnisstrafen verurteilt wird. Aung San Suu Kyi und die anderen Mitglieder dürften dann künftig keine Regierungsämter mehr ausüben. Daran anschließend erscheinen mindestens zwei Entwicklungsszenarien plausibel: Im ersten Szenario reagiert das Militär auf die zunehmenden Proteste nach erprobtem Muster mit brutaler Gewalt. Die daraus resultierende Instabilität wird anschließend zum Vorwand genommen, die versprochenen Wahlen 2021 wiederholt aufzuschieben, und das Land entwickelt sich schrittweise zurück in eine Militärdiktatur.

Im zweiten Szenario verfällt das Militär nicht vollends in alte Handlungsmuster, sondern übt ähnlich wie die Führung Thailands eine »stillere« Form staatlicher Repression aus: Proteste werden nicht gewaltsam niedergeschlagen und oppositionelle Parteien nicht per se verboten, aber führende Oppositionelle wie auch Parteien werden regelmäßig mit fabrizierten Gerichtsverfahren überzogen, andere Regierungskritiker »verschwinden«. Es kommt zu Wahlen, die zwar relativ frei, aber mitnichten fair sind, und in einer vom Militär »gelenkten« bzw. »disziplinierten« Demokratie« münden.

In jedem Fall ist annehmbar, dass sich die Beziehungen mit Deutschland weiter verschlechtern werden. Bereits 2020 hatte Berlin den Großteil der Entwicklungshilfemaßnahmen mit Verweis auf den Umgang Myanmars mit den Rohingya ausgesetzt. Weitere Sanktionen gegen das Militär infolge des Putsches sind wahrscheinlich. Leider ebenso wahrscheinlich ist es, dass erhöhter Druck aus Deutschland und anderen westlichen Ländern die Streitkräfte nicht dazu bringen dürfte, ihr Verhalten zu ändern. Bislang zeigten sich diese gegenüber externem Druck immun. Zum einen, weil die Sanktionen vor allem den Exportsektor trafen und weniger das Militär selbst. Zum anderen, weil Sanktionsregime bislang von Nachbarstaaten wie China nicht mitgetragen wurden. Hier könnten die wachsenden Massenproteste gegen den Putsch ins Spiel kommen. Sofern sie nicht abreißen, haben vor allem sie das Potenzial, die Handlungen des Militärs zu beeinflussen.

Dieser Text ist in aktualisierter Fassung auch im Tagesspiegel erschienen.

EU-Strategie zur Cybersicherheit: Desiderat Cyberdiplomatie

SWP - Tue, 09/02/2021 - 00:00

Im Dezember 2020 hat die Europäische Union (EU) ihre neue Strategie zur Cyber­sicherheit vorgelegt mit dem Ziel, Europas technologische und digitale Souveränität zu stärken. Das Dokument listet Reformvorhaben auf, die die Cybersicherheit enger mit den neuen EU-Regeln zu Daten, Algorithmen, Märkten und Internetdiensten ver­binden sollen. Ein­deutig zu kurz geraten ist dabei jedoch der Aufbau einer europäischen Cyberdiplomatie, die sowohl der »strategischen Offenheit« als auch dem Schutz des digitalen Bin­nenmarktes verpflichtet ist. Um dies zu erreichen, sollte die EU-Cyber­diplomatie in ihrer supra­natio­nalen, demokratischen und wirtschaftlichen bzw. technologischen Dimension kohärenter ausgestaltet werden. Deutschland kann hier­zu einen wichtigen Beitrag leisten, indem es dem Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) die notwendigen rechtlichen, fachlichen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung stellt.

Vaccins : la bataille du "soft power" est lancée

Institut Montaigne - Mon, 08/02/2021 - 14:21

Alors que le Royaume-Uni se targue d'avoir vacciné autant de personnes que tous les pays de l'Union européenne mis ensemble, et que la Chine se dit prête à exporter ses vaccins dans le monde entier, il faut se garder d'oublier que dans une épidémie, la lutte doit être globale et solidaire pour des raisons avant tout sanitaires.

"Royaume-Uni 1 - Union européenne 0". C'est en termes sportifs qu'un tabloïde britannique…

Plädoyer für eine europäische Digitalstrategie in Afrika

Der globale Wettbewerb um die digitale Vormachtstellung ist in vollem Gange. In Abgrenzung zu Überwachungskapitalismus und staatlicher digitaler Überwachung strebt die Europäische Union (EU) nach einem dritten Modell eines menschenzentrierten „sicheren und offenen globalen Internets“. Unter der Kommission von der Leyen hat sich die EU eingeschworen, ihr Image als Nebendarstellerin im digitalen Wettbewerb abzuschütteln und den Strukturwandel hin zu einer grünen, nachhaltigen und digitalen Wirtschaft zu beschleunigen – nicht nur zuhause, sondern auch im Ausland. EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton will Europa gar „zum weltweit führenden Datenkontinent“ machen. Digitalisierung wird damit auch eine zentrale Säule der angestrebten EU-Afrika-Partnerschaft.

2020 war die EU stark darum bemüht, diese Ambitionen zu verwirklichen. Sie veröffentlichte Mitteilungen über die Gestaltung der digitalen Zukunft Europas und über eine europäische Datenstrategie, ein Weißbuch zu KI, einen Vorschlag für ein europäisches Datenkontrollgesetz und zuletzt für ein Gesetz über digitale Dienste. Diese Initiativen bezeugen das Streben der EU nach globaler Führung und digitalem, nachhaltigem Wachstum. Finanziert wird ihre Umsetzung im Rahmen des neuen siebenjährigen EU-Haushalts (2021–2027), der die digitale Transformation langfristig fördern soll. Außerdem sind mindestens 20 Prozent des Instruments für Wiederaufbau und Resilienz im Zuge der COVID-19 Pandemie dem digitalen Wandel vorbehalten.

Da sich die Digitalstrategie auf der globalen Bühne bewähren muss, sollte die EU bei ihrem Streben nach einer digitalen Führungsrolle den Blick klar nach außen richten. Der Wettbewerb mit den USA und China wird sich verschärfen, und die EU wird sich bei der Gestaltung der globalen digitalen Ordnung auch zunehmend auf andere Regionen konzentrieren müssen.

Eine digitale Partnerschaft mit Afrika, dem Kontinent mit der jüngsten und am schnellsten wachsenden Bevölkerung der Welt, der bereits jetzt einen sprunghaften Anstieg des Internetverkehrs verzeichnet, kann der EU helfen, ihre hohen geopolitischen Ambitionen zu verwirklichen. Statt alleine bestehen zu wollen, sollte die EU auf die Vorteile einer Zusammenarbeit mit ihrem direkten Nachbarn setzen.

Obgleich Digitalisierung immer stärker in den Fokus des Handelns von Brüssel rückt, fehlt es nach wie vor an einer Verankerung der Thematik in außen- und entwicklungspolitischen Debatten der EU. Obwohl sich die EU mit ihrem Rahmenprogramm Digital4Development (D4D) zum Ziel gesetzt hat, digitale Technologien in ihrer Entwicklungspolitik und ihren Beziehungen zu Drittstaaten hervorzuheben, fehlt ihr eine klare strategische Agenda, die eine kohärente Politikgestaltung in diesem Bereich erleichtern würde. In ihrer Bewertung der Entwicklungszusammenarbeit der EU im Bereich Digitalisierung in Subsahara-Afrika stellten Data Pop Alliance und ADE fest, dass „keine offensichtlichen Muster erkennbar sind, was auf das Fehlen eines kohärenten Ansatzes zur Nutzung der kumulativen Wirkung von Projekten hinweisen kann, die Teil von D4D sind“. Auch wenn sich in der Zwischenzeit bereits einiges getan hat, muss in diesem Zusammenhang noch deutlich mehr geschehen.

Darüber hinaus zeichnet sich der Digitalisierungsdiskurs der EU durch eine weitgehend unentschlossene Haltung aus. Auf der einen Seite erleben wir eine pragmatische, interessengeleitete und selbstbewusste EU, die sich in der digitalen Welt als Vorreiter etablieren und Standards setzen will. Auf der anderen Seite bleibt die strategische Vision der EU für ein digitales Afrika noch sehr vage. Interessen werden nur zaghaft geäußert, und Digitalisierung wird selten als eigenständiges Thema und außenpolitisches Ziel gesehen. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe erfordert jedoch einen ehrlichen Diskurs, der sowohl Interessen und Kooperationsmöglichkeiten, als auch Unvereinbarkeiten klar benennt.

Das Plädoyer für eine eigenständige digitale Strategie in Afrika geht über die Verteidigung europäischer Interessen im Ausland hinaus. Richtig umgesetzt bietet eine Partnerschaft auch Afrika die Möglichkeit, seine digitale Zukunft mitzugestalten, anstatt sich nur an bestehende Systeme anzupassen. Die EU erkennt mit ihrer geplanten umfassenden EU-Afrika-Strategie den Mehrwert der Zusammenarbeit an, indem sie „eine Partnerschaft für die digitale Transformation“ als eine von fünf Hauptsäulen benennt. Die Gründung der EU-AU Task Force für die digitale Wirtschaft und der Start der Digital4Development-Plattform im vergangenen Dezember bekräftigten den Wunsch nach einer tatsächlichen digitalen Partnerschaft, mit der sich gemeinsame Projektziele erreichen lassen.

Nur wenn sich Afrikanische Union (AU) und EU auf gemeinsame Interessen verständigen, können sie ihre geplante digitale Partnerschaft mit Leben füllen, zum Beispiel mit Innovationen und einem sicheren digitalen Binnenmarkt. Die digitale Transformation allein wird die Welt nicht zu einem besseren Ort machen, kann jedoch ihren Teil dazu beitragen. Daher ist es nun an Afrika und Europa, die Bedeutung des vorgeschlagenen menschenzentrierten Ansatzes in der Digitalisierung zu verdeutlichen und eine Partnerschaft zu etablieren, die zu einer inklusiveren Digitalwirtschaft und Wohlergehen auf beiden Kontinenten führen wird.

Plädoyer für eine europäische Digitalstrategie in Afrika

Der globale Wettbewerb um die digitale Vormachtstellung ist in vollem Gange. In Abgrenzung zu Überwachungskapitalismus und staatlicher digitaler Überwachung strebt die Europäische Union (EU) nach einem dritten Modell eines menschenzentrierten „sicheren und offenen globalen Internets“. Unter der Kommission von der Leyen hat sich die EU eingeschworen, ihr Image als Nebendarstellerin im digitalen Wettbewerb abzuschütteln und den Strukturwandel hin zu einer grünen, nachhaltigen und digitalen Wirtschaft zu beschleunigen – nicht nur zuhause, sondern auch im Ausland. EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton will Europa gar „zum weltweit führenden Datenkontinent“ machen. Digitalisierung wird damit auch eine zentrale Säule der angestrebten EU-Afrika-Partnerschaft.

2020 war die EU stark darum bemüht, diese Ambitionen zu verwirklichen. Sie veröffentlichte Mitteilungen über die Gestaltung der digitalen Zukunft Europas und über eine europäische Datenstrategie, ein Weißbuch zu KI, einen Vorschlag für ein europäisches Datenkontrollgesetz und zuletzt für ein Gesetz über digitale Dienste. Diese Initiativen bezeugen das Streben der EU nach globaler Führung und digitalem, nachhaltigem Wachstum. Finanziert wird ihre Umsetzung im Rahmen des neuen siebenjährigen EU-Haushalts (2021–2027), der die digitale Transformation langfristig fördern soll. Außerdem sind mindestens 20 Prozent des Instruments für Wiederaufbau und Resilienz im Zuge der COVID-19 Pandemie dem digitalen Wandel vorbehalten.

Da sich die Digitalstrategie auf der globalen Bühne bewähren muss, sollte die EU bei ihrem Streben nach einer digitalen Führungsrolle den Blick klar nach außen richten. Der Wettbewerb mit den USA und China wird sich verschärfen, und die EU wird sich bei der Gestaltung der globalen digitalen Ordnung auch zunehmend auf andere Regionen konzentrieren müssen.

Eine digitale Partnerschaft mit Afrika, dem Kontinent mit der jüngsten und am schnellsten wachsenden Bevölkerung der Welt, der bereits jetzt einen sprunghaften Anstieg des Internetverkehrs verzeichnet, kann der EU helfen, ihre hohen geopolitischen Ambitionen zu verwirklichen. Statt alleine bestehen zu wollen, sollte die EU auf die Vorteile einer Zusammenarbeit mit ihrem direkten Nachbarn setzen.

Obgleich Digitalisierung immer stärker in den Fokus des Handelns von Brüssel rückt, fehlt es nach wie vor an einer Verankerung der Thematik in außen- und entwicklungspolitischen Debatten der EU. Obwohl sich die EU mit ihrem Rahmenprogramm Digital4Development (D4D) zum Ziel gesetzt hat, digitale Technologien in ihrer Entwicklungspolitik und ihren Beziehungen zu Drittstaaten hervorzuheben, fehlt ihr eine klare strategische Agenda, die eine kohärente Politikgestaltung in diesem Bereich erleichtern würde. In ihrer Bewertung der Entwicklungszusammenarbeit der EU im Bereich Digitalisierung in Subsahara-Afrika stellten Data Pop Alliance und ADE fest, dass „keine offensichtlichen Muster erkennbar sind, was auf das Fehlen eines kohärenten Ansatzes zur Nutzung der kumulativen Wirkung von Projekten hinweisen kann, die Teil von D4D sind“. Auch wenn sich in der Zwischenzeit bereits einiges getan hat, muss in diesem Zusammenhang noch deutlich mehr geschehen.

Darüber hinaus zeichnet sich der Digitalisierungsdiskurs der EU durch eine weitgehend unentschlossene Haltung aus. Auf der einen Seite erleben wir eine pragmatische, interessengeleitete und selbstbewusste EU, die sich in der digitalen Welt als Vorreiter etablieren und Standards setzen will. Auf der anderen Seite bleibt die strategische Vision der EU für ein digitales Afrika noch sehr vage. Interessen werden nur zaghaft geäußert, und Digitalisierung wird selten als eigenständiges Thema und außenpolitisches Ziel gesehen. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe erfordert jedoch einen ehrlichen Diskurs, der sowohl Interessen und Kooperationsmöglichkeiten, als auch Unvereinbarkeiten klar benennt.

Das Plädoyer für eine eigenständige digitale Strategie in Afrika geht über die Verteidigung europäischer Interessen im Ausland hinaus. Richtig umgesetzt bietet eine Partnerschaft auch Afrika die Möglichkeit, seine digitale Zukunft mitzugestalten, anstatt sich nur an bestehende Systeme anzupassen. Die EU erkennt mit ihrer geplanten umfassenden EU-Afrika-Strategie den Mehrwert der Zusammenarbeit an, indem sie „eine Partnerschaft für die digitale Transformation“ als eine von fünf Hauptsäulen benennt. Die Gründung der EU-AU Task Force für die digitale Wirtschaft und der Start der Digital4Development-Plattform im vergangenen Dezember bekräftigten den Wunsch nach einer tatsächlichen digitalen Partnerschaft, mit der sich gemeinsame Projektziele erreichen lassen.

Nur wenn sich Afrikanische Union (AU) und EU auf gemeinsame Interessen verständigen, können sie ihre geplante digitale Partnerschaft mit Leben füllen, zum Beispiel mit Innovationen und einem sicheren digitalen Binnenmarkt. Die digitale Transformation allein wird die Welt nicht zu einem besseren Ort machen, kann jedoch ihren Teil dazu beitragen. Daher ist es nun an Afrika und Europa, die Bedeutung des vorgeschlagenen menschenzentrierten Ansatzes in der Digitalisierung zu verdeutlichen und eine Partnerschaft zu etablieren, die zu einer inklusiveren Digitalwirtschaft und Wohlergehen auf beiden Kontinenten führen wird.

Plädoyer für eine europäische Digitalstrategie in Afrika

Der globale Wettbewerb um die digitale Vormachtstellung ist in vollem Gange. In Abgrenzung zu Überwachungskapitalismus und staatlicher digitaler Überwachung strebt die Europäische Union (EU) nach einem dritten Modell eines menschenzentrierten „sicheren und offenen globalen Internets“. Unter der Kommission von der Leyen hat sich die EU eingeschworen, ihr Image als Nebendarstellerin im digitalen Wettbewerb abzuschütteln und den Strukturwandel hin zu einer grünen, nachhaltigen und digitalen Wirtschaft zu beschleunigen – nicht nur zuhause, sondern auch im Ausland. EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton will Europa gar „zum weltweit führenden Datenkontinent“ machen. Digitalisierung wird damit auch eine zentrale Säule der angestrebten EU-Afrika-Partnerschaft.

2020 war die EU stark darum bemüht, diese Ambitionen zu verwirklichen. Sie veröffentlichte Mitteilungen über die Gestaltung der digitalen Zukunft Europas und über eine europäische Datenstrategie, ein Weißbuch zu KI, einen Vorschlag für ein europäisches Datenkontrollgesetz und zuletzt für ein Gesetz über digitale Dienste. Diese Initiativen bezeugen das Streben der EU nach globaler Führung und digitalem, nachhaltigem Wachstum. Finanziert wird ihre Umsetzung im Rahmen des neuen siebenjährigen EU-Haushalts (2021–2027), der die digitale Transformation langfristig fördern soll. Außerdem sind mindestens 20 Prozent des Instruments für Wiederaufbau und Resilienz im Zuge der COVID-19 Pandemie dem digitalen Wandel vorbehalten.

Da sich die Digitalstrategie auf der globalen Bühne bewähren muss, sollte die EU bei ihrem Streben nach einer digitalen Führungsrolle den Blick klar nach außen richten. Der Wettbewerb mit den USA und China wird sich verschärfen, und die EU wird sich bei der Gestaltung der globalen digitalen Ordnung auch zunehmend auf andere Regionen konzentrieren müssen.

Eine digitale Partnerschaft mit Afrika, dem Kontinent mit der jüngsten und am schnellsten wachsenden Bevölkerung der Welt, der bereits jetzt einen sprunghaften Anstieg des Internetverkehrs verzeichnet, kann der EU helfen, ihre hohen geopolitischen Ambitionen zu verwirklichen. Statt alleine bestehen zu wollen, sollte die EU auf die Vorteile einer Zusammenarbeit mit ihrem direkten Nachbarn setzen.

Obgleich Digitalisierung immer stärker in den Fokus des Handelns von Brüssel rückt, fehlt es nach wie vor an einer Verankerung der Thematik in außen- und entwicklungspolitischen Debatten der EU. Obwohl sich die EU mit ihrem Rahmenprogramm Digital4Development (D4D) zum Ziel gesetzt hat, digitale Technologien in ihrer Entwicklungspolitik und ihren Beziehungen zu Drittstaaten hervorzuheben, fehlt ihr eine klare strategische Agenda, die eine kohärente Politikgestaltung in diesem Bereich erleichtern würde. In ihrer Bewertung der Entwicklungszusammenarbeit der EU im Bereich Digitalisierung in Subsahara-Afrika stellten Data Pop Alliance und ADE fest, dass „keine offensichtlichen Muster erkennbar sind, was auf das Fehlen eines kohärenten Ansatzes zur Nutzung der kumulativen Wirkung von Projekten hinweisen kann, die Teil von D4D sind“. Auch wenn sich in der Zwischenzeit bereits einiges getan hat, muss in diesem Zusammenhang noch deutlich mehr geschehen.

Darüber hinaus zeichnet sich der Digitalisierungsdiskurs der EU durch eine weitgehend unentschlossene Haltung aus. Auf der einen Seite erleben wir eine pragmatische, interessengeleitete und selbstbewusste EU, die sich in der digitalen Welt als Vorreiter etablieren und Standards setzen will. Auf der anderen Seite bleibt die strategische Vision der EU für ein digitales Afrika noch sehr vage. Interessen werden nur zaghaft geäußert, und Digitalisierung wird selten als eigenständiges Thema und außenpolitisches Ziel gesehen. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe erfordert jedoch einen ehrlichen Diskurs, der sowohl Interessen und Kooperationsmöglichkeiten, als auch Unvereinbarkeiten klar benennt.

Das Plädoyer für eine eigenständige digitale Strategie in Afrika geht über die Verteidigung europäischer Interessen im Ausland hinaus. Richtig umgesetzt bietet eine Partnerschaft auch Afrika die Möglichkeit, seine digitale Zukunft mitzugestalten, anstatt sich nur an bestehende Systeme anzupassen. Die EU erkennt mit ihrer geplanten umfassenden EU-Afrika-Strategie den Mehrwert der Zusammenarbeit an, indem sie „eine Partnerschaft für die digitale Transformation“ als eine von fünf Hauptsäulen benennt. Die Gründung der EU-AU Task Force für die digitale Wirtschaft und der Start der Digital4Development-Plattform im vergangenen Dezember bekräftigten den Wunsch nach einer tatsächlichen digitalen Partnerschaft, mit der sich gemeinsame Projektziele erreichen lassen.

Nur wenn sich Afrikanische Union (AU) und EU auf gemeinsame Interessen verständigen, können sie ihre geplante digitale Partnerschaft mit Leben füllen, zum Beispiel mit Innovationen und einem sicheren digitalen Binnenmarkt. Die digitale Transformation allein wird die Welt nicht zu einem besseren Ort machen, kann jedoch ihren Teil dazu beitragen. Daher ist es nun an Afrika und Europa, die Bedeutung des vorgeschlagenen menschenzentrierten Ansatzes in der Digitalisierung zu verdeutlichen und eine Partnerschaft zu etablieren, die zu einer inklusiveren Digitalwirtschaft und Wohlergehen auf beiden Kontinenten führen wird.

España y EEUU, de Trump a Biden

Real Instituto Elcano - Mon, 08/02/2021 - 02:28
Carlota García Encina. ARI 17/2021 - 8/2/2021

¿Cuál es la relación bilateral entre España y EEUU con la nueva Administración en la Casa Blanca?

Če bi bila Marine Le Pen predsednica Francije …

Fondapol / Général - Sun, 07/02/2021 - 15:11

Si je predstavljati, da bi Francijo vodila Marine Le Pen? Voditeljica skrajno desnega Nacionalnega zbora se dobro leto pred predsedniškimi volitvami spretno osvobaja avre političnega demona, zato bi lahko na koncu, kakor nakazuje javno mnenje, celo zasedla prvi stolček v državi. Da jo bo še prej, podobno kot že leta 2017, demokratično razgalil aktualni predsednik, […]

The post Če bi bila Marine Le Pen predsednica Francije … appeared first on Fondapol.

Social cohesion after armed conflict: a literature review

How does armed conflict affect social cohesion, that is, the social fabric of societies? This question is central if we want to understand better why some countries experience repeated cycles of violence. It is also a crucial question for the design of peacebuilding interventions. In recent years, considerable scientific work has been put into studying the social legacies of armed conflict. This literature review brings these academic studies together in a novel way.
In this discussion paper we conduct an extensive review of the empirical academic literature on how armed conflict affects social cohesion. We take a holistic perspective and analyse each of the three constituent elements of social cohesion – trust, cooperation and identity – in detail and along both a vertical (state-society relations) and a horizontal (interpersonal and intergroup relations) dimension. Regarding conflict, the focus lies on intrastate conflict and civil war, but the review also includes the few studies that focus on armed conflict between states or groups (interstate and non-state conflict). Overall, this review brings together insights from 39 published, peer-reviewed, empirical studies, most of which analyse the effects of conflict based on comprehensive survey data or behavioural experiments. Strengths and shortcomings are discussed and future avenues for research are identified.
Contrary to the initial optimism of the potentially positive legacies of armed conflict expressed by some scholars, our main finding holds that the literature by now mainly points towards such conflict harming social cohesion. Most clearly, there is quite a large body of literature showing that social trust is negatively affected by experience of violence. Research on political trust and social identities is still nascent but currently also points towards negative effects. The literature on cooperation is more mixed with studies finding both support for an increase or a decrease in cooperative behaviour. However, several (and particularly newer) studies demonstrate that an increase in cooperation can often be explained by prosocial behaviour towards the in-group but not the out-group, calling into question whether this should be interpreted positively for social cohesion overall. Political participation does, however, seem to be one aspect of social cohesion in which effects of the “post-traumatic growth” mechanism can indeed be traced in several contexts.

Social cohesion after armed conflict: a literature review

How does armed conflict affect social cohesion, that is, the social fabric of societies? This question is central if we want to understand better why some countries experience repeated cycles of violence. It is also a crucial question for the design of peacebuilding interventions. In recent years, considerable scientific work has been put into studying the social legacies of armed conflict. This literature review brings these academic studies together in a novel way.
In this discussion paper we conduct an extensive review of the empirical academic literature on how armed conflict affects social cohesion. We take a holistic perspective and analyse each of the three constituent elements of social cohesion – trust, cooperation and identity – in detail and along both a vertical (state-society relations) and a horizontal (interpersonal and intergroup relations) dimension. Regarding conflict, the focus lies on intrastate conflict and civil war, but the review also includes the few studies that focus on armed conflict between states or groups (interstate and non-state conflict). Overall, this review brings together insights from 39 published, peer-reviewed, empirical studies, most of which analyse the effects of conflict based on comprehensive survey data or behavioural experiments. Strengths and shortcomings are discussed and future avenues for research are identified.
Contrary to the initial optimism of the potentially positive legacies of armed conflict expressed by some scholars, our main finding holds that the literature by now mainly points towards such conflict harming social cohesion. Most clearly, there is quite a large body of literature showing that social trust is negatively affected by experience of violence. Research on political trust and social identities is still nascent but currently also points towards negative effects. The literature on cooperation is more mixed with studies finding both support for an increase or a decrease in cooperative behaviour. However, several (and particularly newer) studies demonstrate that an increase in cooperation can often be explained by prosocial behaviour towards the in-group but not the out-group, calling into question whether this should be interpreted positively for social cohesion overall. Political participation does, however, seem to be one aspect of social cohesion in which effects of the “post-traumatic growth” mechanism can indeed be traced in several contexts.

Social cohesion after armed conflict: a literature review

How does armed conflict affect social cohesion, that is, the social fabric of societies? This question is central if we want to understand better why some countries experience repeated cycles of violence. It is also a crucial question for the design of peacebuilding interventions. In recent years, considerable scientific work has been put into studying the social legacies of armed conflict. This literature review brings these academic studies together in a novel way.
In this discussion paper we conduct an extensive review of the empirical academic literature on how armed conflict affects social cohesion. We take a holistic perspective and analyse each of the three constituent elements of social cohesion – trust, cooperation and identity – in detail and along both a vertical (state-society relations) and a horizontal (interpersonal and intergroup relations) dimension. Regarding conflict, the focus lies on intrastate conflict and civil war, but the review also includes the few studies that focus on armed conflict between states or groups (interstate and non-state conflict). Overall, this review brings together insights from 39 published, peer-reviewed, empirical studies, most of which analyse the effects of conflict based on comprehensive survey data or behavioural experiments. Strengths and shortcomings are discussed and future avenues for research are identified.
Contrary to the initial optimism of the potentially positive legacies of armed conflict expressed by some scholars, our main finding holds that the literature by now mainly points towards such conflict harming social cohesion. Most clearly, there is quite a large body of literature showing that social trust is negatively affected by experience of violence. Research on political trust and social identities is still nascent but currently also points towards negative effects. The literature on cooperation is more mixed with studies finding both support for an increase or a decrease in cooperative behaviour. However, several (and particularly newer) studies demonstrate that an increase in cooperation can often be explained by prosocial behaviour towards the in-group but not the out-group, calling into question whether this should be interpreted positively for social cohesion overall. Political participation does, however, seem to be one aspect of social cohesion in which effects of the “post-traumatic growth” mechanism can indeed be traced in several contexts.

La unificación monetaria y cambiaria en Cuba: normas, efectos, obstáculos y perspectivas

Real Instituto Elcano - Fri, 05/02/2021 - 12:58
Carmelo Mesa-Lago. DT 2/2021 - 5/2/2021

El Documento de Trabajo analiza las normas legales, los efectos potenciales, los obstáculos, el momento y las perspectivas de la unificación monetaria-cambiaria decretada en Cuba el 1 de enero de 2021.

Marcel Fratzscher: „Bedürftigste zu Recht im Fokus der neuen Corona-Hilfen“

Die große Koalition hat beschlossen, die Folgen der Corona-Pandemie mit weiteren finanziellen Mitteln abzufedern. DIW-Präsident Marcel Fratzscher kommentiert die Ergebnisse des Koalitionsausschusses wie folgt:

Im Fokus der neuen Corona-Hilfen stehen zu Recht die Schwächsten der Gesellschaft und diejenigen, die von der Pandemie am stärksten betroffen sind. Der einmalige Corona-Zuschuss für EmpfängerInnen der Grundsicherung ist wichtig, um sie beispielsweise beim Kauf von FFP2-Masken zu unterstützen. Eltern haben den größten Teil des Kinderbonus von 300 Euro im Jahr 2020 für ihre Kinder verwendet und ausgegeben. Auch deshalb ist ein weiterer Kinderbonus in diesem Jahr sinnvoll und eine - wenn auch nur kleine - Anerkennung der riesigen Herausforderungen, die Familien im Umgang mit Kita- und Schulschließung bewältigen müssen. Die Hilfen für Kunstschaffende sind ebenfalls ein wichtiger, wenn auch kleiner Schritt. Auch die Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie bis 2022 ist ein wichtiges Signal für die Branche.

Dies wird bei weitem noch nicht das letzte Hilfsprogramm der Pandemie gewesen sein. Vor allem Solo-Selbstständige und MinijobberInnen brauchen mehr Unterstützung - ein temporärer Zugang zu Kurzarbeitergeld für beide Gruppen wäre notwendig, um ihre Situation zu stabilisieren.

Die meisten Corona-Hilfen kommen nach wie vor den Unternehmen zugute. Deshalb ist es für eine Ausgewogenheit der Hilfen wichtig, dass auch Familien und stark betroffene Menschen Unterstützung erhalten. Die jetzt beschlossenen Hilfen schlagen finanziell deutlich weniger zu Buche als viele der Unternehmenshilfen. Die Hilfen sind sehr gut investiertes Geld, weil sie die Akzeptanz für die eingeschlagene Strategie stärken. Eine starke Akzeptanz der Menschen ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Bewältigung der Pandemie und ein schnelles Ende der zweiten Infektionswelle.

Hacia una nueva línea de acción exterior tecnológica en España y Europa

Real Instituto Elcano - Thu, 04/02/2021 - 11:48
Raquel Jorge Ricart. ARI 16/2021 - 4/2/2021

Gestionar de forma coordinada los retos y oportunidades que la digitalización y las tecnologías emergentes y disruptivas presentan es una oportunidad para la adaptación de la acción exterior de España a las nuevas exigencias del multilateralismo y la necesaria anticipación a escenarios futuros en un ejercicio de prospectiva.

Argentinien – politische Ruhe im sozioökonomischen Unwetter

SWP - Thu, 04/02/2021 - 00:30

Im Dezember 2020 vollendete Alberto Fernández das erste Jahr seiner Amtszeit als argentinischer Regierungschef. Seine Präsidentschaft fällt in eine extrem kritische sozioökonomische Lage, die noch verschärft wird durch eine besorgniserregende Ent­wicklung der Covid-19-Pandemie. Und dennoch herrscht in der südamerikanischen Republik eine gewisse institutionelle Stabilität, die umso bemerkenswerter erscheint, wenn man sich die Geschichte des Landes und die Gegenwart der Region vor Augen führt. Der verbündete Peronismus in der Regierung, eine konstruktiv agierende Al­lianz in der Opposition und die Geduld der Bevölkerung, die das wirt­schaftspolitische Scheitern der Vor­gängerregierung noch frisch in Erin­nerung hat, tragen dazu bei, dass sich das Land aktuell in einer dynamischen politischen Balance befindet. Doch länger­fristig könnten wachsende Armut, anhaltende Rezession und Inflation sowie Spaltungen innerhalb der peronistischen Bewegung den sozialen Frieden gefährden.

Putin und die Proteste in Russland: Die Zeit des Taktierens ist vorbei

SWP - Thu, 04/02/2021 - 00:20

Am 2. Februar 2021 wurde Alexei Nawalny von einem Moskauer Gericht zu zwei Jahren und acht Monaten Gefängnishaft verurteilt. Als Vorwand für das Urteil dienten Verstöße gegen Bewährungsauflagen, die Nawalny begangen haben soll, als er sich in Deutschland von einer Vergiftung durch russische Geheimdienste erholte. Schon im Vorfeld der Verurteilung war es an zwei Wochenenden zu großen, nicht genehmigten Protesten in vielen russischen Städten gekommen. Auslöser waren die Verhaftung Nawalnys kurz nach seiner Ankunft in Moskau sowie sein wenig später erschienener Film »Palast für Putin«, in dem er dem russischen Präsidenten maßlose Korruption attestiert. Zur Unterdrückung der Proteste ließ die russische Führung ein beispielloses Aufgebot schwer gerüsteter Sicherheitskräfte aufmarschieren und landesweit bereits über 10 000 Menschen festnehmen.

In der Vergiftung Nawalnys und den Repressionen der letzten Wochen spiegelt sich eine langjährige Entwicklung des russischen Regimes wider, das spätestens seit Putins Rückkehr in den Kreml im Jahr 2012 immer autoritärer regiert. Zwar ist es auch in den letzten Jahren zu Massenverhaftungen bei Protesten und Verfolgung von Oppositionellen gekommen. Allerdings war der Kreml dabei bemüht, den Anschein eines angemessenen Vorgehens aufrechtzuerhalten. Moskaus gewiefte »Polit-Technologen« erfanden zudem immer neue Taktiken, um Unzufriedenheit und Proteststimmungen in der Bevölkerung einzufangen und zumindest teilweise in kontrollierbare Bahnen zu lenken. Dazu gehörten auch Experimente, bei denen gezielt ein gewisses Maß an Opposition zugelassen wurde. So wurde es Nawalny noch im Jahr 2013 ermöglicht, bei der Moskauer Oberbürgermeisterwahl anzutreten, wo er über 27 Prozent der Stimmen erhielt.

Gegenüber den Russinnen und Russen, die das Nawalny widerfahrene Unrecht auf die Straße treibt, hat die russische Führung ihre weicheren politischen Taktiken zugunsten von Einschüchterung und Abschreckung aufgegeben. Dabei werden auch die Erfahrungen im benachbarten Belarus eine Rolle gespielt haben, wo sich im vergangenen Sommer innerhalb kürzester Zeit eine gewaltige Protestwelle entfaltete. Die neue Härte des Kremls ist aber auch Ergebnis der Arbeit Nawalnys, dessen Widerstand sich jeglicher Eingliederungsversuche entzieht. Indem er die Korruption der herrschenden Elite und insbesondere Wladimir Putins anprangert, greift er die durch wirtschaftliche Schwierigkeiten ohnehin angeschlagene Legitimität des Regimes fundamental an.

Im Kreml scheint man überzeugt zu sein, die Menschen, die Nawalny mit seinen Videos erreicht, nicht mehr für sich gewinnen zu können. Ihre Zahl ist nach dessen Vergiftung im letzten Jahr noch einmal deutlich gewachsen. In einer repräsentativen Umfrage des Lewada-Instituts äußerten im September 20 Prozent der Befragten, dass sie Nawalnys Arbeit gutheißen. In den großen Städten dürfte der Anteil noch darüber liegen. Diese Russinnen und Russen bekommen nun auf der Straße und in den sozialen Medien das harte Durchgreifen des Staates ungeschönt zu sehen, der zur Sicherung seiner Macht unverhohlener denn je auf seine Sicherheitsorgane setzt. Seit Tagen kursieren unzählige Videos, die exzessive Gewalt russischer Polizeikräfte gegen friedliche Demonstranten und Journalisten bezeugen.

Die Stabilität des Regimes ist von dieser Entwicklung kurzfristig nicht bedroht: Das Niederschlagen neuer Proteste ist für die russische Nationalgarde eine lösbare Aufgabe. Die Zahl der Protestierenden ist zu klein, um den russischen Polizeiapparat in Verlegenheit zu bringen. Außerdem sind die Proteste bislang friedlich und gewaltfrei; zu Gegenwehr von Demonstrantinnen und Demonstranten kam es bislang nur in Einzelfällen. Auch eine Spaltung innerhalb der Eilte, die eine wesentliche Voraussetzung für Instabilität wäre, ist bislang nicht erkennbar.

Allerdings wird die Legitimität der politischen Führung in den Augen gerade vieler junger Russinnen und Russen irreparabel beschädigt. Durch seine massiven Repressionen bricht der Kreml mit diesem Teil der Gesellschaft. Damit lädt er sich für die kommenden Jahre eine schwere politische Hypothek auf. Die massiven Repressionen könnten bislang unpolitische Teile der Bevölkerung mobilisieren. Bereits nach Nawalnys Vergiftung im Sommer 2020 äußerten sich einige Prominente kritisch, die sich zuvor aus der Politik herausgehalten hatten. Auch die Wahlen werden für den Kreml unter diesen Bedingungen risikoreicher. Um zu gewinnen, muss er zu umfassenderen und offensichtlicheren Wahlfälschungen greifen, die aber in der Vergangenheit selbst häufig zum Auslöser von Protesten wurden. Mit den Dumawahlen im Herbst 2021 steht die nächste Herausforderung für den Kreml unmittelbar bevor.

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