Die Welt feiert die dicke, schrille Israelin. Dabei nahm Netta nur wegen Geldnot am Eurovision Song Contest teil und fand dort nach ihrem Sieg die Rolle ihres Lebens.
No Smoking» steht an der Wand. Der Raum kennt nur die Dunkelheit. Um die Bar herum sitzen die Jungen mit ihrem Bier, stossen mit Araq-Shots auf das Leben an, rauchen. Manchmal riecht man Gras. Der Barkeeper ist der Freund aller, und die kleine Bühne im Hintergrund wartet darauf, mit Stimme und Klang gefüllt zu werden. Es gibt Dutzende solche Bars in Tel Aviv, und sie alle waren einst das Zuhause von Netta Barzilai.
Seitdem die 25-Jährige am 12. Mai 2018 den Eurovision Song Contest (ESC) gewonnen hat, sind all diese kleinen Bühnen im Hintergrund noch weiter nach hinten gerückt. Stattdessen ruft heute ein Publikum von Tausenden auf der ganzen Welt ihren Namen, wenn sie ins Scheinwerferlicht tritt. Aus den Gesichtern der rauchenden und Araq-trinkenden Jungen ist heute eine schreiende, anonyme internationale Masse geworden. Wie oft sie ihren Siegersong «Toy» bereits gesungen hat, kann sie nicht mehr zählen. Ob sie diesen Erfolg wollte? Sie sagt: «Nie.»
Während die meisten in der Schweiz den ESC mit mässigem Interesse verfolgen oder gar nicht, gehört dieses Musik-Ereignis in Israel zu den Unterhaltungs-Highlights des Jahres. Die Vorauswahl wird zur Primetime in Form einer Casting-Show ausgestrahlt. Wer in Israel von der grossen Bühne träumt, geht dahin. Netta suchte nicht die grosse Bühne, sie brauchte Geld. Wie sie die nächste Miete bezahlen sollte, wusste sie zu dem Zeitpunkt nicht. Ihre kleinen Auftritte in Nachtclubs wurden in Form von Bier honoriert, und ihre bezahlten Auftritte als Hochzeitssängerin wurden immer weniger.
Erst nachdem ihre Eltern ihr geraten hatten, zurück zu ihnen in ihre Heimatstadt Hod Hasharon zu ziehen, wagte sie den Schritt ins Fernsehen, wohl wissend, dass man sie in der Künstlerszene Tel Avivs für ihre Teilnahme an einer Reality-Show belächeln könnte. Und auch wohl wissend, dass sie mit ihrer dicken Statur nicht dem Schönheitsideal entspricht, das man sonst im Fernsehen sucht. «Hast du Angst, dass man dich dick nennen wird?», fragten die Produzenten der Casting-Sendung, als sie fast einen Rückzieher gemacht hätte. «Nennt man dich nicht etwa jetzt schon so?»
Vom Alpha-Kind zur AussenseiterinNetta lebte als Kind vier Jahre lang in Nigeria. Ihr Vater war dort als Unternehmer tätig. «Ich war während meiner Kindheit in Nigeria, wie alle anderen Kinder», erinnert sich Netta. «Auf der International School war jeder anders. Als dickes Mädchen aus Israel war ich Teil dieser heterogenen Gruppe und fiel als Exotin nicht auf. Ich war eine andere unter vielen.»
Erst mit sechs Jahren, als ihre Familie zurück nach Hod Hasharon zog, wurde sie wegen ihres Übergewichts zur Aussenseiterin. «Du bist schön», hat ihr ihre Mutter immer gesagt, wenn sie traurig war. «Du bist schön.» Netta hat es ihr nie geglaubt. Und so wurde das Mädchen, das in Nigeria als lustiges Alpha-Kind gefeiert wurde, in die Ecke gedrängt. Und von der Ecke aus beobachtete sie die Gesellschaft, in der sie lebte, und verstand schon früh, dass Schlanksein alleine nicht glücklich macht. So entschied sie sich, sich aus diesen gesellschaftlichen Schönheitsidealen und den damit verbundenen Zwängen zu befreien.
Bei Regen und Gedichten weinte sieUm sich endgültig entfalten zu können, zog sie in die Grossstadt Tel Aviv, wo Diversität in allen Bereichen gefeiert wird. In der Anonymität der Masse fiel es ihr leichter, sich auf sich selbst und ihre Musik zu konzentrieren. «Heute sehe ich bei meinen Konzerten dicke Frauen in der ersten Reihe, die mich feiern, und ich sehe, wie sie weinen», sagt sie. Und Netta versteht, weshalb sie weinen.
Trotz der Zurückweisungen während ihrer Kindheit sagt Netta von sich, dass sie ein glückliches Mädchen war. Glücklich und dramatisch. «Drama-Netta» hatte man sie genannt. Das Künstlerherz schlug bereits damals in der kleinen Brust. Wenn es regnete, erinnert sie sich, weinte sie. Wenn die Klasse Gedichte las, weinte sie. Ihr Herz war wie ein Schmetterlingsflügel, der auf jeden Reiz sensibel reagierte.
Nettas Körper ist im Laufe der letzten Monate Teil des öffentlichen Interesses geworden. Wo sie auch hingeht, wer auch mit ihr redet, es geht immer um ihr Dicksein. Darum, sich trotz des Dickseins wohl und schön zu fühlen. Eine Rolle, die Netta angenommen hat. Auf der einen Seite erkennt sie die Notwendigkeit, öffentlich über diesen oberflächlichen Druck zu sprechen. Sie selbst hätte sich ein solches Vorbild während ihrer Teenagertage gewünscht. Damals, als alle ihre Freundinnen Freunde hatten und nur sie nicht. Diese kurze Liebelei, die im Versteckten stattfand, weil ihr damaliger Schulschatz sich für sie schämte, sei keine Beziehung gewesen.
Heute fühle sie sich wie Superman, sagt sie. «Sucht sich Superman seine Herausforderungen aus? Nein. Er wird gerufen.» Als feststand, dass sie als Siegerin der Casting-Show Israel am ESC repräsentieren würde, wurde sie sich ihrer Superpower bewusst. Und plötzlich wollte sie die damit verbundene Verantwortung wahrnehmen. Sie wollte und will noch immer etwas verändern. Menschen ermutigen, anders zu sein oder anders zu bleiben. Sie sieht sich als Botschafterin, und das macht sie stolz.
Netta ist aber nicht nur dick. Sie ist auch schrill, bunt, verrückt und fühlt sich dennoch sexy und weiblich. Sie will demonstrativ anders sein, um zu zeigen, dass man in keine Schublade passen muss. Für ihre Mission verkleidet sich Netta nicht. Sie trägt lediglich ihr extremstes Ich als Bühnenkostüm. Als sie beim ESC gewann, schrie sie ins Mikrofon: «Vielen Dank, dass ihr Diversität gewählt habt! Vielen Dank, dass ihr Unterschiede akzeptiert! Danke, dass ihr Vielfalt feiert!»
Heute ist bei Netta alles gross: die Bühnen, die Outfits, die weltweite Aufmerksamkeit. Fast jeden Morgen wird sie von einem Maskenbildner für ihre Termine zurechtgemacht. Sie schläft in Hotels, entdeckt die Welt und wird die Welt im Mai 2019 zu sich nach Tel Aviv holen, wo der ESC dann stattfindet. Die beiden Mitbewohner ihrer kleinen Wohnung im Zentrum Tel Avivs sieht sie nur noch selten. Manchmal schläft sie monatelang nicht in ihrem Bett.
Dass der Ruhm des ESC bald verblassen wird, weiss sie. Und irgendwie kommt man nicht um den Eindruck herum, dass sie insgeheim darauf wartet, bis sich nicht mehr so viele Augen auf sie richten. «Ich wollte bei der Vorausscheidung zum ESC eigentlich nie gewinnen», verrät sie. «Ich wollte einen guten dritten oder vierten Platz belegen, um etwas Aufmerksamkeit zu erhalten und vermehrt gebucht zu werden. Dann hätte ich von der Casting-Show profitieren und dennoch mein eigenes Ding durchziehen können.» Womöglich kann Netta deshalb den riesigen Trubel um ihre Person so geniessen, weil sie weiss, dass er zeitlich begrenzt ist. Doch wie früher wird ihr Leben auch nach dem nächsten ESC nicht sein, denn wer ihn für Israel einmal gewonnen hat, bleibt hier auf Lebzeiten ein Held.
Dennoch freut sich Netta auf die Zeit danach. Wenn die kleinen, dunklen Bars wieder die Scheinwerfer auf sie richten. Wenn sie nach ihren Auftritten mit dem Publikum auf Augenhöhe anstossen kann. Die grosse Welt ist für sie heute ein Abenteuer. Ihr Zuhause ist jedoch die kleine Welt, in der sie sich am wohlsten fühlt. Und sie freut sich, wieder in diese zurückzukehren. l
Netta tritt am 13. November im Plaza in Zürich auf.
Erster Auftritt des neuen SFV-Generalsekretärs Robert Breiter: Der Miescher-Nachfolger trägt eine Wintermütze mit Everton-Emblem.
Abschlusstraining der Schweizer am Sonntagabend im Reykjaviker Laugardalsvöllur-Stadion. Der gegen Belgien (1:2) angeschlagene Manuel Akanji ist mit dabei. Ob es reicht bis zum Nations-Leauge-Spiel vom Montag in Island?
Erstmals dabei in neuer Funktion ist auch Robert Breiter: Der ehemalige Chef-Jurist des Schweizerischen Fussball-Verbandes ist neu der Nachfolger von Alex Miescher als General-Sekretär.
Wollmütze mit Everton-LogoDer neue General trägt eine Wollmütze mit einem aufgestickten Klub-Logo des Everton Football Club. Damit provoziert Breiter – wir nehmen mal an unbewusst – Nati-Star Xherdan Shaqiri. Denn der spielt seit dieser Saison bei Evertons Erz-Rivalen Liverpool.
Shaqiri hat das Everton-Logo noch nicht erspäht. Er überrascht dafür mit einem neuen Aussehen. «Ich liess mir einen Bart wachsen, wegen der Kälte», sagt der Liverpooler.
Das sagen Shaqiri, Petkovic und Rodriguez an der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Island:
Mexiko City, 1968: Die Black-Power-Spiele vor 50 Jahren haben den Sport und die Welt verändert. Oder doch nicht? Jedenfalls wurde gestritten, um Medaillen und um Menschenrechte. Zwei ballten die Fäuste wie Muhammad Ali. Sogar ein Weisser war mutig.
Der weisse Mann auf dem Foto sieht auf den ersten Blick aus, als ob er nur da ist, um seine Medaille abzuholen. Er steht links auf dem Podest, Silber hat er gewonnen, und als die US-Hymne ertönt, dreht er sich um und schaut hinüber zu den Flaggen. Was die zwei Schwarzen in seinem Rücken tun, sieht er nicht. Aber er weiss es.
Peter Norman ist Australier, und bequem könnte er sich heraushalten aus dem, was da hinter ihm passiert. Aber da war, vor der Siegerehrung, diese Frage der beiden anderen: «Glaubst du an Gott? Glaubst du an die Menschenrechte?»
Der Weisse hat genickt. Er ist daheim in Melbourne in einer tief religiösen Familie aufgewachsen, und er weiss alles über die Unterdrückung der Aborigines und die «stolen generation» – so nennt man noch in jenen 1960ern die australischen Kinder, die den Ureinwohnern weggenommen und von weissen Familien adoptiert werden. «Ich stehe an eurer Seite», sagt Norman.
Weiss und Schwarz im Protest vereintSo steht er nun also mit Tommie Smith und John Carlos auf dem Podium an jenem 16. Oktober 1968 in Mexiko City. Es ist einer der bedeutendsten Tage in der sozialen und politischen Geschichte des Sports, denn Weiss und Schwarz sind im stillen Protest vereint: Der Australier trägt an der Brust eine Plakette der Black-Power-Bewegung «Olympia für Menschenrechte», während die beiden Amerikaner mit gesenkten Köpfen die geballte Faust in den Himmel hauen, Smith die rechte, Carlos die linke.
Tommie Smith hat gerade den Weltrekord über 200 Meter auf 19,83 Sekunden verbessert, und nach der Zeremonie sagt er: «Wenn ich siege, bin ich Amerikaner. Wenn nicht, nennen sie mich Neger. Das schwarze Amerika versteht, was wir heute gemacht haben.» Aber auch der Rest der Welt wird den Tag nicht vergessen.
Eine ganze Woche ist aus diesem Tag schliesslich geworden, damals bei den Olympischen Spielen in Mexiko. Einem Black-Power-Gruss folgte der nächste, und spätestens beim Weitsprung fragten sich viele: Sind die 8,90 Meter von Bob Beamon noch Sport oder eher ein Wutausbruch? Es sind Dinge passiert, die in eine normale Woche gar nicht hineinpassen, und der Wahnsinn war vollends komplett, als George Foreman am Ende alles wieder rückgängig machte und mit seiner Goldmedaille und einem US-Fähnchen in der Hand durch den Boxring tänzelte. «Was ich damals von Politik wusste», entschuldigte er sich später, «hätte auf den Kopf einer Stecknadel gepasst.»
Als «Uncle Tom’s Nigger» hat ihn dafür im fernen Amerika Muhammad Ali beschimpft – und ihn als Judas sechs Jahre später im «Kampf des Jahrhunderts» verdroschen.
Aber fangen wir vorne an, bei Smith und Carlos. Letzterer hat in seinem Buch «Der Sportmoment, der die Welt veränderte» den Hymnen-Protest so beschrieben: «Es wurde so still im Stadion, dass man hätte hören können, wie ein Frosch auf Baumwolle pisst.» 50 000 schwiegen. Dann folgten die Buhrufe. Viele im Publikum sangen die US-Hymne. Carlos: «Es war, als ob sie sagten: Ihr antiamerikanischen Hurensöhne!» Sofort verbannte das IOC sie aus dem Olymp – wegen Missbrauchs des Sports. Er habe, sagt Carlos, den Überbringern der Botschaft wie ein strammer Soldat erklärt: «Falls ihr auch unsere Medaillen wollt, müsst ihr mit der Miliz kommen.»
Der Sprung des JarhundertsZwei Tage später, am 18. Oktober, war Bob Beamon an der Reihe. Die Nacht zuvor hatte er mit seiner Freundin Gloria verbracht, mit viel Tequila und Sex. Er selbst nennt es «Kardinalssünde», er stand voll neben sich. Hat er deshalb beim ersten Sprung seine schwarzen Socken vergessen, die er hochziehen wollte bis unters Knie? Jedenfalls hat er dann den «Sprung des Jahrhunderts» in den Sand gesetzt. Der dürre Kerl mit den endlosen Beinen machte 19 Schritte, sprang ab, katapultierte sich zwei Meter hoch, ruderte da oben, als ob er in die Pedale tritt, flog «wie ein grosser, prähistorischer Vogel» (so ein Augenzeuge) – und irgendwann, erzählt Beamon seither gerne, «habe ich dann auf die Uhr geschaut und gedacht: Es ist Zeit zu landen.»
Die elektronische Messanlage kapitulierte. Man holte in der Not ein altes Massband. 8,90 Meter. 55 Zentimeter mehr als der alte Rekord? Beamon brach zusammen. Totalkollaps. Er fiel auf die Knie und weinte. Nur einmal ist er noch gesprungen – in seinen schwarzen Socken. Und bei der Siegerehrung zog er die Hose hoch und zeigte sie der Welt nochmal, diese schwarzen, wunderbaren Socken. Hinter ihm zog sich der Dritte, Ralph Boston, die Schuhe aus. Black is beautiful.
Aber das war noch nicht alles an diesem 18. Oktober. Lee Evans siegte über 400 Meter vor Larry James und Ron Freeman. Bei der Siegerehrung trugen die drei US-Helden schwarze Barette, das Erkennungszeichen der Black-Panther-Bewegung. Als die Hymne ertönte, nahmen sie lachend den Kopfschmuck ab, und Evans sagte hinterher: «Ich dachte, sie werden auf dem Podest keinen erschiessen, der so fröhlich ist.»
Danach hatte die Welt nur noch eine Frage: Was macht George Foreman bei seinem Kampf um Gold? In seiner Biografie «By George» hat der Boxer später erzählt, dass er im olympischen Dorf in jenen Tagen John Carlos erlebt hat, «und John sah traurig aus, trauriger als traurig, als hätte er seine Mutter verloren». Kurz vor dem Kampf habe dann noch jemand zu ihm gesagt: «John lässt dir ausrichten: Mach dein Ding. Hol Gold.»
«Ich hatte die Sache verraten»Foreman tat es, am 23. Oktober. Und vor Freude wedelte er im Ring mit einem US-Fähnchen. Ein paar Tage später lobte ihn Richard Nixon bei einer Wahlkampfrede in New York als Patrioten, seine schwarzen Brüder schauten ihn dafür schräg an. Und Foreman begriff, was sie dachten: «Ich hatte die Sache verraten.» Sechs Jahre später gegen Muhammad Ali, beim «Rumble in the Jungle» in Zaire, brüllte das ganze Stadion: «Ali, boma ye!» Schlag ihn tot! Foreman fiel in Runde acht.
Mit John Carlos hat er nie gesprochen. Nur 1984, bei den Olympischen Spielen in Los Angeles, habe er ihn erlebt, erzählt Foreman süffisant: «Da sass er und hat für Carl Lewis gejubelt, als der nach seinem Gold mit der US-Flagge auf Ehrenrunde ging.»
Morddrohungen haben Smith und Carlos vom weissen Amerika erhalten nach ihrer Heimkehr als schwarze Schafe. Erfolglos haben sie sich als Footballer versucht, ehe sie als Lehrer und Trainer später wieder Boden unter die Füsse bekamen. Von Präsident Obama wurden sie sogar im Weissen Haus empfangen. Da sah es so aus, als hätte sich alles gelohnt. Heute? «Alles ist wieder beim Alten», sagte Carlos dieser Tage.
Gelegentlich heisst es in den Nachrichten, dass ihr Denkmal beschmiert wurde. 2006 wurde es vor der Universität im kalifornischen San Jose enthüllt, und auch Peter Norman war da. Die Bronzestatue ist dem Podium der Siegerehrung von 1968 nachempfunden, aber Platz 2 ist leer. Norman fehlt. «Das war sein Wunsch», hat John Carlos erklärt. «Jeder soll sich auf diesen Platz stellen und seinen Protest mit uns teilen.»
Ein paar Wochen später ist Peter Norman gestorben, beim Rasenmähen, das Herz. Smith und Carlos flogen nach Melbourne, um den Sarg zu tragen. «Er hat in Mexiko nicht die Faust gehoben», sagt Tommie Smith, «aber er hat uns die Hand gereicht.»
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Das will Black PowerErst Mitte der 1960er-Jahre erkämpften die Afroamerikaner die Aufhebung der Rassentrennung und den Zugang zu den Wahlurnen. Trotzdem blieben die Schwarzen in vielen Bereichen der Gesellschaft weiter diskriminiert. Die symbolisch geballte Faust im schwarzen Handschuh der Black-
Power-Bewegung symbolisierte Distanzierung von der weissen Gesellschaft. Ihr Wortführer Malcolm X predigte aktiven Widerstand. Ganz im Gegensatz zum prominentesten Bürgerrechtler Martin Luther King, der eine gewaltlose
Integration forderte. Black Power stand aber auch für ein neues Selbstbewusstsein, für den Stolz der Afroamerikaner auf ihre Wurzeln. «Black is beautiful!» war der Slogan der Zeit.
Malcolm X und Martin Luther King wurden beide erschossen. Die sozialen Differenzen zwischen Schwarz und Weiss bestehen nach wie vor.
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Ein Knie spaltet die USADer US-Präsident war ausser sich. «Diese Hurensöhne gehören vom Feld», tobte Donald Trump. «Feuern» müsse man diese Typen, welche «die US-Flagge nicht respektieren!» Was war passiert? Im August 2016 blieb der Footballstar Colin Kaepernick, damals Quarterback der San Francisco 49ers, während des Abspielens der US-Nationalhymne vor NFL-Spielen auf der Bank sitzen – als Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt. Nach ein paar Wochen änderte er seine Körperhaltung: Er wolle fortan knien, um zu zeigen, dass sein Protest nicht als Respektlosigkeit gegenüber Flagge und US-Militär zu verstehen sei.
Reihenweise schlossen sich die Sportkollegen Kaepernick an. So richtig angekommen ist die Botschaft allerdings nicht: Der konservative Teil der USA ärgert sich noch immer über die undankbaren Sport-Millionäre. Die Folge: Kaepernick, mittlerweile 30-jährig, ist seit Frühjahr 2017 ohne Job – obwohl er sportlich das Zeug für die NFL hätte. Mittlerweile versucht er, rechtlich gegen die Liga vorzugehen. Darben muss er dennoch nicht: Seit kurzem ist er das Gesicht einer Nike-Kampagne.
Florian Gluska, der unter dem Namen FloFPV antritt, triumphiert im zweiten Rennen der Swiss Drone League in Bern. In einem ultraknappen Final setzt er sich durch – und übernimmt damit auch die Gesamtführung.
«Mein Ziel war es, in den Final zu kommen, das habe ich erreicht. Ich konnte befreit fliegen und habe gar nicht gemerkt, wie knapp es am Schluss war», meint Sieger Florian Gluska zu BLICK. Ganz knapp hat er den österreichischen Piloten Jürgen hinter sich gelassen und gewinnt somit das zweite Rennen der Swiss Drone League. Gleichzeitig übernimmt der Pilot aus dem Jura die Führung im Gesamtklassement.
Favoriten tun sich in Bern schwerEs war nicht der Tag der Finalisten von Lausanne. Alle vier sind nacheinander rausgefallen – oder besser gesagt: im Sicherheitsnetz steckengeblieben. Überraschend viele Drohnen fanden sich im Netz wieder, auch die des Siegers FloFPV: «In der Qualifikation wollte ich die beste Zeit erreichen und habe zu viel riskiert. Darum musste ich meinen Racecopter oft aus dem Netz fischen. Beim Rennen habe ich immer geschaut, dass ich einen Sicherheitsabstand habe, was mir am Ende auch zum Sieg verholfen hat.»
Nicht um die Olma-, aber um die Swiss-Drone-League-Wurst geht es dann am 18. November an der Automesse in St. Gallen im dritten und letzten Rennen. BLICK ist live dabei und überträgt den Final ab 15.30 Uhr.
Beim Geburtstagsfest eins Einjährigen bekamen sich Mitglieder zweier Familien in die Haare. Dabei wurden vier Männer erschossen. Ein fünfter Mann liegt verletzt im Spital.
Ein Streit bei einer Kinder-Geburtstagsfeier ist in den USA in eine Schiesserei mit vier Todesopfern ausgeartet. Nach Polizeiangaben vom Sonntag gerieten Mitglieder zweier Familien am Samstagabend (Ortszeit) bei der Feier zum ersten Geburtstag eines Jungen in der texanischen Kleinstadt Taft aneinander.
Vier Männer wurden erschossen, ein fünfter kam mit Schussverletzungen ins Spital.
Was den tödlichen Streit ausgelöst hatte, war zunächst unklar. Die Polizei nahm Ermittlungen auf. Die Waffengesetze in Texas gelten als besonders locker. So dürfen Texaner beispielsweise in der Öffentlichkeit verdeckt Schusswaffen tragen. (SDA)
Der Psychiater Franz Xaver Vollenweider (64) will Depressive mit halluzinogenen Drogen behandeln. Der Wirkstoff Psilocybin aus den Magic Mushrooms soll ihre Stimmung heben. Langfristig. In der Forschung gibt es einen Hype um Psychedelika.
Herr Vollenweider, Sie wollen Depressiven den psychoaktiven Stoff Psilocybin geben?
Franz Xaver Vollenweider: Ja, wir wollen in einer Studie testen, ob der Wirkstoff Psilocybin als Medikament gegen Depressionen taugt. In den letzten Jahren sahen wir in Studien mit Gesunden, dass Psilocybin auf eine ganz spezielle Art die Emotionsverarbeitung verändert. Im positiven Sinn. Es fördert positive Reize und schwächt negative ab.
Der Stoff versetzt depressive Menschen in bessere Stimmung?Depressive Menschen werden vermehrt von negativen Gedanken und Gefühlen angezogen. Dabei ziehen sie sich oft zurück, sind in Negativspiralen gefangen. Das Psilocybin kann diese Negativspirale durchbrechen, indem es die Grenze zwischen dem Selbst und der Umwelt lockert, teilweise auflöst.
Klingt wirklich psychedelisch.
Depressive leiden oft an einer erhöhten Selbstzentriertheit. Das Psilocybin hilft, den Fokus auf sich selbst abzuschwächen, und begünstigt, dass man sich mehr mit der Umwelt verbindet. Man wird empathischer. Diese Wirkung ist interessant und neu. Klassische Antidepressiva machen einfach die Stimmung besser, stellen aber nicht diese Verbundenheit her.
Sie schreiben, es gebe Bedarf nach alternativen Behandlungen zu Antidepressiva.
Weltweit leiden circa 350 Millionen Menschen an Depressionen. Aktuelle Zahlen zeigen: Jeder Sechste in der Schweiz ist in seinem Leben einmal depressiv. Aber nur 30 bis 40 Prozent sprechen auf gängige Antidepressiva an.
Wie läuft ein begleiteter Trip ab?
Die Patienten müssen bestimmte Kriterien erfüllen und ansonsten gesund sein. Während zwei Wochen bereiten wir sie in mehreren Sitzungen unter anderem mit Entspannungsübungen vor. Danach kommen sie an einem bestimmten Tag um neun Uhr morgens in die Klinik. Legen sich hier nebenan auf ein Sofa, hören via Kopfhörer standardisierte Musik, damit alle gleich durch den Trip gehen.
Alle liegen da zusammen?
Nein, einzeln, stets von einer Fachperson begleitet. Wenn man die Kapsel schluckt, dauert es etwa eine Stunde, bis die volle Wirkung eintritt. Der Höhepunkt der Bewusstseinsveränderung dauert etwa eine bis eineinhalb Stunden. Dann flacht die Wirkung schnell ab. Nach sechs Stunden ist alles wieder verebbt. Wir wissen aus vielen Studien, dass die Leute dann das Bedürfnis haben zu erzählen, was sie erlebten.
Was erleben sie?
Gesunde beschreiben so einen Rausch zumeist als «fantastisch beglückend». Bei depressiven Patienten können aber wegen ihrer Leidensgeschichte auch negative Erinnerungen aufkommen. Es ist auch das Ziel, dass sie diese im geschützten Rahmen wiedererleben und neu bewerten.
Haben die Patienten Halluzinationen?
Nein. Sie können Pseudohalluzinationen haben, aber keine echten. Dafür ist die Dosis, die wir verabreichen, zu niedrig. Wir geben eine mittlere Dosis, etwa 15 bis 20 Milligramm. Hoch wäre ab 25. Ab dieser Dosierung können echte visuelle Sinnestäuschungen auftreten, das heisst, man sieht Dinge, die es gar nicht gibt. Aber das wollen wir gar nicht. Das ist wichtig. Wir schicken die Leute auf einen guten Trip.
Aber ein einziger Rausch ist doch nicht nachhaltig, oder? Antidepressiva muss man auch täglich einnehmen, und zum Psychotherapeuten geht man öfter.
Neuste, kleinere Studien aus den USA und England haben gezeigt, dass die Verbesserungen der Grundstimmung und Lebensqualität bis zu sechs Monate nach der Einnahme von ein bis zwei Dosen Psilocybin anhalten.
Das ist ja krass.
Die langfristige positive Wirkung ist auch für uns das Interessanteste. Was passiert im Hirn, wenn wir ein bis zwei Dosen geben können und die positive Stimmung so lange anhält? Das wollen wir in einer Doppelblind-Studie mit 60 depressiven Patienten, wobei 30 in der Kontrollgruppe sind und Placebos erhalten, untersuchen.
Aber alle denken, sie seien auf einem Trip?
Ja, und keiner der Teilnehmenden weiss, was er kriegt. Nicht einmal die Therapeuten wissen, wer ein Scheinmedikament bekommt. Viele Leute haben grosse Erwartungen. Auch Gesunde, die Pilze oder LSD nehmen. Bei Antidepressiva gibt es einen grossen Placebo-Effekt. Etwa 40 Prozent der Leute reagieren auf ein Scheinmedikament. Diesen Effekt müssen wir natürlich rausrechnen. Herkömmliche Antidepressiva haben oft Nebenwirkungen. Psilocybin kaum.
Gar keine?
30 Prozent der Gesunden hatten leichtes Kopfweh am nächsten Tag und waren ein bisschen müde. Sie fühlten sich zwar frisch, aber es ist doch ein emotional eindrückliches Erlebnis, das Energie braucht.
Muss man es als Studienleiter auch nehmen?
Es ist kein Muss. Man sieht es nicht gerne, wenn Therapeuten es selber schlucken. Aber es ist schwierig, sich vorzustellen, wie die Welt mit dem Stoff verändert sein kann.
Haben Sie es geschluckt?
Ich habe vor 20 Jahren bei einer Studie mitgemacht. Als wir noch nicht wussten, welche Dosierung wir geben sollten. Daher weiss ich, wie schwierig es ist, jemandem einen Psilocybin-Trip zu erklären. In dieser Forschung gibt es viele Therapeuten, die sagen, man müsse das selber verstehen. Das hat was. Ich habe das Bedürfnis nicht, dass ich in diesem Zustand sein muss, um den Patienten zu verstehen.
Warum wird es erst jetzt eingesetzt?
Wir Schweizer wollen erst wissen, ob es «verhebt». Deshalb machen wir weltweit die erste Doppelblindstudie mit einer Kontrollgruppe. Dies ist heute Standard für die Entwicklung eines Medikaments. Solche Studien sind sehr teuer und aufwendig. Wir mussten erst das Psilocybin nach bestimmten Richtlinien herstellen lassen, das macht es umso teurer.
Warum genau dieser psychedelische Stoff und nicht LSD oder Ketamin?
LSD ist unberechenbarer. Es kann auch bei einer mittleren Dosis ins Negative kippen. Psilocybin ist handhabbarer, gezielter und milder. Es wirkt im Peak nur ein bis eineinhalb Stunden, LSD vier bis fünf Stunden. Ketamin hat auch eine antidepressive Wirkung, sie hält aber nicht so lange an.
Wenn man Ihnen zuhört, klingt die Droge nach Wundermittel.
Es ist kein Wundermittel, sondern eine Alternative. Es wird nicht jeder darauf ansprechen. Hoffentlich aber jene, bei denen gängige Medikamente nicht wirken. Wir brauchen überzeugende Daten mit 500 bis 1000 getesteten Patienten.
Wann wird der medizinische Nutzen von Psilocybin kommerziell?
Das ist auch eine Geldfrage. Eine Registrierung kostet Millionen! Wir rechnen mit fünf Jahren. Mehrere Forschungsgruppen aus Europa sind daran, Daten zu sammeln. Wir sind hier Pioniere. Dass andere nun auch in diese Forschung einsteigen, zeigt, dass es Hand und Fuss hat.
Ist es schwierig, so eine Studie bewilligt zu bekommen?
Erst muss die Ethikkommission sie bewilligen. Die zweite Hürde ist die Swissmedic. Die dritte Hürde das Bundesamt für Gesundheit. Psylocybin, LSD oder Ayahuasca stehen unter dem Betäubungsmittelgesetz. Was seltsam ist, sie wirken nicht betäubend. Zum Forschen braucht man eine Sonderbewilligung, die haben wir – wir forschen seit 25 Jahren mit Psychedelika.
Ist schon mal etwas passiert?
Bis heute ist nie etwas Negatives passiert. Das erwarten wir auch nicht.
Haben Sie Bedenken bei der Wirkung?
In der Forschung ist Psilocybin gerade ein Hype. Immer mehr Mediziner entdecken die halluzinogenen Substanzen für die Medizin – allen voran für psychische Leiden. Man sollte solche Stoffe auf keinen Fall bei psychotisch Veranlagten anwenden. Bei unseren Dosen sind die Leute hellwach und immer orientiert. Wir wollen die Kontrolle lockern, aber nicht auflösen.
Man assoziiert vor allem Negatives mit Drogen.
LSD wird negativ bewertet, da mit der Hippie-Bewegung oft unkontrollierte Dosen eingenommen wurden. Psilocybin hatte nie so eine schlechte Konnotation. Es braucht aber Aufklärungsarbeit. Schon die Azteken haben es in Ritualen verwendet. In klassischen Psychiatrie-Medizinbüchern gehören Halluzinogene zu den Stoffen, die Psychosen und Halluzinationen auslösen. Das passiert erst bei hohen Dosen, bei mittleren stehen die Emotionsveränderungen im Vordergrund. Im kontrollierten Rahmen ist es auch ganz anders als auf der Gasse.
In «Die dunkle Seite des Mondes» von Martin Suter hat der Hauptcharakter wegen Magic Mushrooms Gewaltausbrüche.(Lacht) Ich war einmal bei Albert Hofmann, da ist Martin Suter aufgetaucht. Ich weiss wirklich nicht, wie er auf diese verrückte Idee gekommen ist. Logisch, kann man auch zu viel Psilocybin schlucken. Paracelsus sagte: Die Dosis macht die Wirkung.
Soll die Rauschdroge irgendwann frei erhältlich sein?
Nein, es soll ein Medikament werden. Es ist ein vielversprechender Therapieansatz. Die Kosten würden drastisch reduziert, wenn es diese Wirkung zeigen sollte.
Besteht keine Gefahr der Abhängigkeit?
Psilocybin verursacht keine körperliche Abhängigkeit. Wenn man es heute nimmt und morgen wieder, spürt man keine Wirkung mehr. Man wird ganz schnell tolerant.
Psilocybin und LSD soll man Ihrer Meinung nach nicht legalisieren. Was ist mit Marihuana?
Das ist eine ganz andere Klasse von Substanzen. Ich denke, dass eine Entkriminalisierung nötig wäre. Amerika war wieder einmal schneller und hat es uns vorgemacht, dass das geregelt werden kann. Nikotin und Alkohol verursachen volkswirtschaftlich immer noch viel grössere Kosten als die jungen Kiffer, die meistens ein paar Jahre kiffen und dann die Finger davon lassen. Ich unterscheide stark zwischen den einzelnen Drogen, und die Legalisierung oder medizinische Anwendung muss auch unterschiedlich geregelt werden.
Was ist Ihre grösste Sorge bei der Studie?
Ich bin gelassen. Wir haben sehr viel Erfahrung mit der Substanz. Ich befürchte eher, dass Fachleute zu wenig wissen. Dass viele auch nicht wissen, dass es nicht um den Trip, also den akuten Zustand, geht, sondern um den langfristigen.
Was ist das Schlimmste, was passieren könnte?
Dass wir keine Patienten finden (lacht).
Das Geld fehlt aber auch noch?
Der Grossteil der Studie ist vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert, das sind ein paar Hunderttausend Franken. Die Verkapselung des Psilocybin war aber unerwartet teuer, deswegen sammeln wir über eine Crowdfunding-Plattform noch 50'000 Franken.
Wann gehen die ersten Patienten auf einen Trip?
Wenn alles gut geht, im Dezember. Die Kapseln mit dem Psilocybin sollten jeden Moment aus England eintreffen.
Mithilfe eines Crowdfundings wollen die Zürcher Forscher um Franz X. Vollenweider weitere 50 000 Franken für die weltweit erste placebo-kontrollierte Studie mit Psilocybin sammeln. Mehr Informationen finden Sie hier.
Der Psychiater Franz Xaver Vollenweider (64) will Depressive mit halluzinogenen Drogen behandeln. Der Wirkstoff Psilocybin aus den Magic Mushrooms soll ihre Stimmung heben. Langfristig. In der Forschung gibt es einen Hype um Psychedelika.
Herr Vollenweider, Sie wollen Depressiven den psychoaktiven Stoff Psilocybin geben?
Franz Xaver Vollenweider: Ja, wir wollen in einer Studie testen, ob der Wirkstoff Psilocybin als Medikament gegen Depressionen taugt. In den letzten Jahren sahen wir in Studien mit Gesunden, dass Psilocybin auf eine ganz spezielle Art die Emotionsverarbeitung verändert. Im positiven Sinn. Es fördert positive Reize und schwächt negative ab.
Der Stoff versetzt depressive Menschen in bessere Stimmung?Depressive Menschen werden vermehrt von negativen Gedanken und Gefühlen angezogen. Dabei ziehen sie sich oft zurück, sind in Negativspiralen gefangen. Das Psilocybin kann diese Negativspirale durchbrechen, indem es die Grenze zwischen dem Selbst und der Umwelt lockert, teilweise auflöst.
Klingt wirklich psychedelisch.
Depressive leiden oft an einer erhöhten Selbstzentriertheit. Das Psilocybin hilft, den Fokus auf sich selbst abzuschwächen, und begünstigt, dass man sich mehr mit der Umwelt verbindet. Man wird empathischer. Diese Wirkung ist interessant und neu. Klassische Antidepressiva machen einfach die Stimmung besser, stellen aber nicht diese Verbundenheit her.
Sie schreiben, es gebe Bedarf nach alternativen Behandlungen zu Antidepressiva.
Weltweit leiden circa 350 Millionen Menschen an Depressionen. Aktuelle Zahlen zeigen: Jeder Sechste in der Schweiz ist in seinem Leben einmal depressiv. Aber nur 30 bis 40 Prozent sprechen auf gängige Antidepressiva an.
Wie läuft ein begleiteter Trip ab?
Die Patienten müssen bestimmte Kriterien erfüllen und ansonsten gesund sein. Während zwei Wochen bereiten wir sie in mehreren Sitzungen unter anderem mit Entspannungsübungen vor. Danach kommen sie an einem bestimmten Tag um neun Uhr morgens in die Klinik. Legen sich hier nebenan auf ein Sofa, hören via Kopfhörer standardisierte Musik, damit alle gleich durch den Trip gehen.
Alle liegen da zusammen?
Nein, einzeln, stets von einer Fachperson begleitet. Wenn man die Kapsel schluckt, dauert es etwa eine Stunde, bis die volle Wirkung eintritt. Der Höhepunkt der Bewusstseinsveränderung dauert etwa eine bis eineinhalb Stunden. Dann flacht die Wirkung schnell ab. Nach sechs Stunden ist alles wieder verebbt. Wir wissen aus vielen Studien, dass die Leute dann das Bedürfnis haben zu erzählen, was sie erlebten.
Was erleben sie?
Gesunde beschreiben so einen Rausch zumeist als «fantastisch beglückend». Bei depressiven Patienten können aber wegen ihrer Leidensgeschichte auch negative Erinnerungen aufkommen. Es ist auch das Ziel, dass sie diese im geschützten Rahmen wiedererleben und neu bewerten.
Haben die Patienten Halluzinationen?
Nein. Sie können Pseudohalluzinationen haben, aber keine echten. Dafür ist die Dosis, die wir verabreichen, zu niedrig. Wir geben eine mittlere Dosis, etwa 15 bis 20 Milligramm. Hoch wäre ab 25. Ab dieser Dosierung können echte visuelle Sinnestäuschungen auftreten, das heisst, man sieht Dinge, die es gar nicht gibt. Aber das wollen wir gar nicht. Das ist wichtig. Wir schicken die Leute auf einen guten Trip.
Aber ein einziger Rausch ist doch nicht nachhaltig, oder? Antidepressiva muss man auch täglich einnehmen, und zum Psychotherapeuten geht man öfter.
Neuste, kleinere Studien aus den USA und England haben gezeigt, dass die Verbesserungen der Grundstimmung und Lebensqualität bis zu sechs Monate nach der Einnahme von ein bis zwei Dosen Psilocybin anhalten.
Das ist ja krass.
Die langfristige positive Wirkung ist auch für uns das Interessanteste. Was passiert im Hirn, wenn wir ein bis zwei Dosen geben können und die positive Stimmung so lange anhält? Das wollen wir in einer Doppelblind-Studie mit 60 depressiven Patienten, wobei 30 in der Kontrollgruppe sind und Placebos erhalten, untersuchen.
Aber alle denken, sie seien auf einem Trip?
Ja, und keiner der Teilnehmenden weiss, was er kriegt. Nicht einmal die Therapeuten wissen, wer ein Scheinmedikament bekommt. Viele Leute haben grosse Erwartungen. Auch Gesunde, die Pilze oder LSD nehmen. Bei Antidepressiva gibt es einen grossen Placebo-Effekt. Etwa 40 Prozent der Leute reagieren auf ein Scheinmedikament. Diesen Effekt müssen wir natürlich rausrechnen. Herkömmliche Antidepressiva haben oft Nebenwirkungen. Psilocybin kaum.
Gar keine?
30 Prozent der Gesunden hatten leichtes Kopfweh am nächsten Tag und waren ein bisschen müde. Sie fühlten sich zwar frisch, aber es ist doch ein emotional eindrückliches Erlebnis, das Energie braucht.
Muss man es als Studienleiter auch nehmen?
Es ist kein Muss. Man sieht es nicht gerne, wenn Therapeuten es selber schlucken. Aber es ist schwierig, sich vorzustellen, wie die Welt mit dem Stoff verändert sein kann.
Haben Sie es geschluckt?
Ich habe vor 20 Jahren bei einer Studie mitgemacht. Als wir noch nicht wussten, welche Dosierung wir geben sollten. Daher weiss ich, wie schwierig es ist, jemandem einen Psilocybin-Trip zu erklären. In dieser Forschung gibt es viele Therapeuten, die sagen, man müsse das selber verstehen. Das hat was. Ich habe das Bedürfnis nicht, dass ich in diesem Zustand sein muss, um den Patienten zu verstehen.
Warum wird es erst jetzt eingesetzt?
Wir Schweizer wollen erst wissen, ob es «verhebt». Deshalb machen wir weltweit die erste Doppelblindstudie mit einer Kontrollgruppe. Dies ist heute Standard für die Entwicklung eines Medikaments. Solche Studien sind sehr teuer und aufwendig. Wir mussten erst das Psilocybin nach bestimmten Richtlinien herstellen lassen, das macht es umso teurer.
Warum genau dieser psychedelische Stoff und nicht LSD oder Ketamin?
LSD ist unberechenbarer. Es kann auch bei einer mittleren Dosis ins Negative kippen. Psilocybin ist handhabbarer, gezielter und milder. Es wirkt im Peak nur ein bis eineinhalb Stunden, LSD vier bis fünf Stunden. Ketamin hat auch eine antidepressive Wirkung, sie hält aber nicht so lange an.
Wenn man Ihnen zuhört, klingt die Droge nach Wundermittel.
Es ist kein Wundermittel, sondern eine Alternative. Es wird nicht jeder darauf ansprechen. Hoffentlich aber jene, bei denen gängige Medikamente nicht wirken. Wir brauchen überzeugende Daten mit 500 bis 1000 getesteten Patienten.
Wann wird der medizinische Nutzen von Psilocybin kommerziell?
Das ist auch eine Geldfrage. Eine Registrierung kostet Millionen! Wir rechnen mit fünf Jahren. Mehrere Forschungsgruppen aus Europa sind daran, Daten zu sammeln. Wir sind hier Pioniere. Dass andere nun auch in diese Forschung einsteigen, zeigt, dass es Hand und Fuss hat.
Ist es schwierig, so eine Studie bewilligt zu bekommen?
Erst muss die Ethikkommission sie bewilligen. Die zweite Hürde ist die Swissmedic. Die dritte Hürde das Bundesamt für Gesundheit. Psylocybin, LSD oder Ayahuasca stehen unter dem Betäubungsmittelgesetz. Was seltsam ist, sie wirken nicht betäubend. Zum Forschen braucht man eine Sonderbewilligung, die haben wir – wir forschen seit 25 Jahren mit Psychedelika.
Ist schon mal etwas passiert?
Bis heute ist nie etwas Negatives passiert. Das erwarten wir auch nicht.
Haben Sie Bedenken bei der Wirkung?
In der Forschung ist Psilocybin gerade ein Hype. Immer mehr Mediziner entdecken die halluzinogenen Substanzen für die Medizin – allen voran für psychische Leiden. Man sollte solche Stoffe auf keinen Fall bei psychotisch Veranlagten anwenden. Bei unseren Dosen sind die Leute hellwach und immer orientiert. Wir wollen die Kontrolle lockern, aber nicht auflösen.
Man assoziiert vor allem Negatives mit Drogen.
LSD wird negativ bewertet, da mit der Hippie-Bewegung oft unkontrollierte Dosen eingenommen wurden. Psilocybin hatte nie so eine schlechte Konnotation. Es braucht aber Aufklärungsarbeit. Schon die Azteken haben es in Ritualen verwendet. In klassischen Psychiatrie-Medizinbüchern gehören Halluzinogene zu den Stoffen, die Psychosen und Halluzinationen auslösen. Das passiert erst bei hohen Dosen, bei mittleren stehen die Emotionsveränderungen im Vordergrund. Im kontrollierten Rahmen ist es auch ganz anders als auf der Gasse.
In «Die dunkle Seite des Mondes» von Martin Suter hat der Hauptcharakter wegen Magic Mushrooms Gewaltausbrüche.(Lacht) Ich war einmal bei Albert Hofmann, da ist Martin Suter aufgetaucht. Ich weiss wirklich nicht, wie er auf diese verrückte Idee gekommen ist. Logisch, kann man auch zu viel Psilocybin schlucken. Paracelsus sagte: Die Dosis macht die Wirkung.
Soll die Rauschdroge irgendwann frei erhältlich sein?
Nein, es soll ein Medikament werden. Es ist ein vielversprechender Therapieansatz. Die Kosten würden drastisch reduziert, wenn es diese Wirkung zeigen sollte.
Besteht keine Gefahr der Abhängigkeit?
Psilocybin verursacht keine körperliche Abhängigkeit. Wenn man es heute nimmt und morgen wieder, spürt man keine Wirkung mehr. Man wird ganz schnell tolerant.
Psilocybin und LSD soll man Ihrer Meinung nach nicht legalisieren. Was ist mit Marihuana?
Das ist eine ganz andere Klasse von Substanzen. Ich denke, dass eine Entkriminalisierung nötig wäre. Amerika war wieder einmal schneller und hat es uns vorgemacht, dass das geregelt werden kann. Nikotin und Alkohol verursachen volkswirtschaftlich immer noch viel grössere Kosten als die jungen Kiffer, die meistens ein paar Jahre kiffen und dann die Finger davon lassen. Ich unterscheide stark zwischen den einzelnen Drogen, und die Legalisierung oder medizinische Anwendung muss auch unterschiedlich geregelt werden.
Was ist Ihre grösste Sorge bei der Studie?
Ich bin gelassen. Wir haben sehr viel Erfahrung mit der Substanz. Ich befürchte eher, dass Fachleute zu wenig wissen. Dass viele auch nicht wissen, dass es nicht um den Trip, also den akuten Zustand, geht, sondern um den langfristigen.
Was ist das Schlimmste, was passieren könnte?
Dass wir keine Patienten finden (lacht).
Das Geld fehlt aber auch noch?
Der Grossteil der Studie ist vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert, das sind ein paar Hunderttausend Franken. Die Verkapselung des Psilocybin war aber unerwartet teuer, deswegen sammeln wir über eine Crowdfunding-Plattform noch 50'000 Franken.
Wann gehen die ersten Patienten auf einen Trip?
Wenn alles gut geht, im Dezember. Die Kapseln mit dem Psilocybin sollten jeden Moment aus England eintreffen.
Den Vergleich zwischen der Hochzeit von Eugenie und Jack zu derjenigen von Harry und Meghan zogen sogar Familienmitglieder der Royals. Mit einigen Seitenhieben.
Zwei Tage nach der stürmischen Hochzeit von Prinzessin Eugenie (28) und ihrem Gatten Jack Brooksbank (32) kommen weitere Details der turbulenten Hochzeit ans Licht. Nebst einer ganzen Reihe von Pannen und peinlichen Situationen wurde während der Feier offenbar auch ordentlich gelästert – und das sogar in den eigenen Reihen!
Ein Lippenleser hat laut dem «Mirror» erkannt, dass Eugenies Cousine Zara Tindall (37) in einem Dialog mit Prinz Harry (34) vom Leder zog: «Es ist sehr still im Vergleich zu dem Geschrei bei deiner Hochzeit», soll sie zu Harry gesagt haben. «Meine?», soll dieser verdutzt nachgefragt haben. Danach schwenkte die Kamera weg.
Tindall ätzte damit aber nicht nur gegen den hohen Lärmpegel an der Hochzeit von Harry und Meghan (37) – sondern indirekt auch gegen die Feier der eigenen Cousine. Für die dürfte es ein wunder Punkt gewesen sein, dass das Interesse an ihrer Hochzeit deutlich geringer war als an der Harry-Meghan-Vermählung. Die BBC verzichtete zudem auf eine Live-Übertragung, aus Angst vor einem Quotenflop.
«Eugenie und Jack haben so viele Freunde»Dass hingegen in der Kirche diesmal mehr Gäste anwesend waren als noch bei Meghan und Harry, war wiederum für Eugenies Vater Andrew (58) Grund genug für einen Seitenhieb gegen seinen Neffen: 850 Menschen haben sie in die St. George’s Kapelle eingeladen. Bei Harry und Meghan waren es «nur» 600. «Heute werden noch ein paar Gäste mehr hier sein, als bei Harry und Meghan, aber das ist die Natur von Eugenie und Jack, sie haben so viele Freunde», prahlte er im britischen Sender ITV. Seine unterschwellige Botschaft: Harry und Meghan haben nicht so viele Freunde wie seine Tochter und deren Bräutigam.
Das Brautpaar liess sich von den diversen spitzen Pfeilen innerhalb der Familie nicht aus der Ruhe bringen: Beim Posieren fürs traditionelle Hochzeits-Familien-Foto nach der Trauung wirkten Prinzessin Eugenie und ihr Jack besonders locker und ungezwungen. (wyt)
Erstmals nimmt der Aussenminister zum Begehren der SVP Stellung. Bei einem Ja wäre die Verlässlichkeit der Schweiz in Frage gestellt, glaubt Ignazio Cassis.
Economiesuisse scheut keinen Aufwand, die Selbstbestimmungs-Initiative (SBI) der SVP zu bodigen. Am Donnerstag karrte der Wirtschaftsspitzenverband 18 Frachtcontainer auf den Bundesplatz. In den Stahlbehältern ist Platz für 387 Tonnen Exportgüter – das entspricht der Menge, die alle zehn Minuten die Schweiz Richtung Weltmarkt verlässt.
Sagt das Volk am 25. November Ja zum Anliegen, sind diese Ausfuhren gefährdet, sagt Economiesuisse. Unterstützung bekommt die Organisation von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis (57). Kurzerhand nahm der Aussenminister das Werbeplakat der SBI-Gegner in die Hand und posierte vor der Installation, die frühmorgens per schwerem Hebekran vor das Bundeshaus gehievt worden war.
«Verlässlichkeit infrage gestellt»Im Gespräch mit SonntagsBlick äussert sich der EDA-Chef erstmals zum umstrittenen Begehren der Rechtspartei. Cassis teilt die Befürchtungen der Wirtschaftsorganisation: «Unser Aussenhandel ist auf Rechtssicherheit und Planungssicherheit angewiesen. Mit einer Zustimmung wäre diese Verlässlichkeit infrage gestellt.»
Die Schweiz gehöre zu den weltweit zwanzig grössten Volkswirtschaften. «Das ist nur dank zahlreicher internationaler Abkommen möglich, die Märkte für unser Land öffnen», sagt der freisinnige Magistrat. Die Exportunternehmen müssten sich darauf verlassen, dass diese Verträge auch in Zukunft gelten würden.
Arzt, nicht JuristAuf die Frage, ob er tatsächlich daran glaube, dass bei einer Zustimmung zur SBI alle diese Abkommen gefährdet sind, meint Cassis lachend: «Das kann ich nicht sagen. Ich bin Arzt.»
Fakt sei aber, dass die Schweiz schon heute ihre Entscheide über ihre internationalen Beziehungen «souverän und unabhängig» machen könne. «In der Schweiz hat der Souverän das letzte Wort – das ist heute schon so, und deshalb ist diese Initiative auch völlig unnötig.»
Die schlimmsten Überschwemmungen seit etwa 30 Jahren haben in Wales im Südwesten Grossbritanniens mindestens zwei Menschen das Leben gekostet.
Schweres Unwetter nun auch in Grossbritannien! Ein Mann ist in der Ortschaft Cwmduad in Westwales bei einem Erdrutsch getötet worden, schrieb die für Umwelt zuständige Regierungsbehörde Natural Resources Wales am Sonntag auf Twitter.
In Brighton an der Südküste Englands wurde ein Mann von Wellen ins offene Meer gerissen und ertrank. Die Küstenwache rief die Bevölkerung wegen des Sturms «Callum» und seiner Folgen zu höchster Vorsicht auf. Der Wetterdienst gab Hochwasserwarnungen für mehrere Regionen in Wales und England aus.
Ganze Ortschaften sind unter WasserStürme sind am Samstag und am frühen Sonntag mit schweren Regenfällen und Winden über einige Gebiete in Wales gezogen, wie Behörden und Medien berichteten. Mehrere Flüsse traten über die Ufer, ganze Ortschaften standen unter Wasser.
Einen grossen Teil der Unwetter hatte Sturm «Callum» mitgebracht, der längst über Grossbritannien hinweggezogen ist. Doch sich nur langsam bewegende Wetterfronten brächten auch in den kommenden Tagen Regen in Teilen des Königreichs mit, teilte die Nationale Wetterbehörde Met Office auf Twitter mit.
Am Sonntag hielt der Starkregen in Teilen von Wales zunächst an, doch die Lage verbessere sich generell, schrieb die Umweltbehörde weiter. Die Stürme erfassten auch Gebiete in Schottland und England.
In Wales blieben am Sonntag elf Flutwarnungen in Kraft, wie Natural Resources Wales weiter berichtete. «Wir müssen ungefähr 30 Jahre zurückschauen, um in den Aufzeichnungen ein Ereignis solcher Grösse und Bedeutung zu finden", zitierte der Sender BBC Aneurin Cox von der Behörde. (SDA)
Unsere Autorin spazierte in München der Isar entlang und musste sich aufgrund des Gestanks die Nase zuhalten. Ein Artikel klärte sie später auf: Sie roch den Tod! An diesem Sonntag erstickten 100 000 Fische qualvoll im Fluss.
Wir spazierten die Isar entlang. Genau heute vor einer Woche. Das macht man so am Wochenende in München. Mit dem Schatz. Mit der Kollegin. Mit dem Hund. Weshalb ich Anfang Oktober in München war, können Sie sich vorstellen. Die frische Luft tat gut, mein Kopf wurde durchgelüftet. Wir quatschten über dies und jenes. Irgendwann fragte ich für eine gute Freundschaft vielleicht etwas zu smalltalkmässig: «Hat die Isar nun viel oder wenig Wasser?» – «Hmm», sagte die Freundin, «viel mal nicht.» Keine Ahnung, weshalb man bei Flüssen immer den Wasserstand kommentiert. Eventuell sitzt die Urangst einer Überschwemmung oder einer Austrocknung der Flussbette in unseren Genen. Als ich die zahlreichen Kiesinseln sah, die normalerweise unter Wasser sind, war klar: wenig Wasser!
Bald gelangten wir bei ihrer bevorstehenden Geburt an. Nein, sie gebar nicht im Flussbett, wörtlich kamen wir da an. Also nicht bei ihrer Geburt, bei der ihres Mädchens. Bald – selbstverständlich – sprachen wir von der Plazenta. Mir wurde schlecht. Erst dachte ich, das Thema nimmt meinen Magen vielleicht etwas mit. Dann meinte ich, die vielen Mass vom letzten Abend (spätestens jetzt ist klar, weshalb München) werden mich nun gleich niederstrecken. Aber dann kam dieser beissende Geruch, und ich sah, wie auch die Freundin sich die Hand vor Mund und Nase hielt. «Bähh», rief ich, «was ist denn das für ein ekliger Fisch-Scheiss?!» Es roch nach Fisch, nach Algen (gibt es im Fluss Algen?) und nach abgestandenem Blumenwasser (es gibt nix Schlimmeres als altes Blumenwasser!). Ich kommentierte wieder: «Von wegen Naherholung Münchens!» Wir gingen den Weg zurück nicht mehr am Wasser.
Zurück in der Schweiz, las ich Ende Woche in der «Süddeutschen Zeitung»: «Massensterben in der Isar». In der Isar seien am Sonntag Tausende Fische verendet, nachdem der Flusspegel innerhalb kürzester Zeit rapide gesunken und Kiesbänke trockengefallen seien. Insbesondere kleine Fische und Jungfische sassen in der Falle und erstickten. Kruzefix, wir rochen den Tod! Anscheinend hatten die Münchner Stadtwerke bei Reinigungsarbeiten zu schnell Wasser in den Werkkanal geleitet – so fehlte dem Fluss plötzlich reichlich Wasser. Diese Nachricht hab ich gleich mal der Freundin weitergeleitet. Die arbeitet für die Münchner Stadtwerke.
Shaqiri, Petkovic und Rodriguez stellen sich vor dem Island-Knüller den Fragen der Journalisten. Auf die Stürmer-Frage angesprochen, stellt Shaqiri klar: «Wir haben genug Qualität im Sturm, wir brauchen keinen Lukaku!»
BELLINZONA - Täglich werden Hunde illegal in die Schweiz importiert. Und das ist gefährlich: Experten warnen vor möglichen Tollwut-Ausbrüchen.
Ohne Papiere und nicht geimpft: Jeden Tag wird mindestens ein Hund illegal über die Schweizer Grenze ins Tessin geschmuggelt, wie «Le Nouvelliste» berichtet. Und das vor allem aus Osteuropa und Süditalien, wo Tollwut immer noch verbreitet ist.
Experten schlagen deshalb Alarm: «Die Bevölkerung ist sich weder der Gefahr noch der Leichtigkeit bewusst, mit der man sich mit dem Virus anstecken kann», warnt Emanuele Besomi, Präsident des Tierschutzvereins in Bellinzona. Dabei gehe vergessen, dass die Tollwut unheilbar und tödlich für Menschen ist, wenn sie falsch behandelt wird.
Hundert Tage in QuarantäneAlleine letzten Monat habe Besomi fünf Hunde aufgenommen, die keine Dokumente oder elektronische Chips hatten. «Bei solchen Fällen greift der Tierschutzverein ein. Wurde der Hund nicht gegen Tollwut geimpft, dann wird es für uns kostspielig.» Ein solches Tier muss denn auch Hundert Tage in die Quarantäne.
Hinzu kommt, dass viele Hundekäufer sich nicht über die Herkunft oder die Echtheit der Dokumente informieren. «Es muss ein Impfschein gegen die Tollwut vorliegen, wie es das Schweizer Gesetz verlangt», sagt Besomi zur Zeitung. Zudem neigen diese Hunde durch fehlende Sozialisierung dazu, ängstlich und aggressiv zu sein.
«Man neigt zu vergessen, dass das Risiko immer besteht»Doch die Gefahr der Tollwut sei nicht nur im Tessin angesiedelt, wie Reto Zanoni, Leiter der Schweizerischen Tollwutzentrale, gegenüber «Le Nouvelliste» sagt. «Die Zahl der Einschläferungen von illegal importierten Tieren ist höher, wo auch internationale Flughäfen sind: Zürich, Genf und Basel. Das heisst aber, es ist einfacher, die Flughäfen zu kontrollieren als die äusseren Landesgrenzen.»
In der Schweiz infizierte sich ein Mensch mit der Krankheit zum letzten Mal im Jahr 1999. Aber: «Man neigt zu vergessen, dass das Risiko immer besteht», so Zanoni. Der Virus wird durch Bisse, Kratzer oder Speichel von infizierten Tieren auf den Menschen übertragen. Laut der Weltgesundheitsorganisation sterben jährlich 60'000 Menschen an der Tollwut. (szm)
München/Berlin – Bei der Landtagswahl im deutschen Bundesland Bayern haben die regierenden Christsozialen laut ersten Prognosen schwere Verluste erlitten.
Nach Berechnungen der Fernsehsender ARD und ZDF verlor die CSU von Ministerpräsident Markus Söder mehr als zehn Prozentpunkte und landete bei 35,5 Prozent. Sie hatte bisher mit absoluter Mehrheit regiert und bräuchte jetzt zum Weiterregieren einen oder mehrere Koalitionspartner.
Zweitstärkste Kraft wurden die Grünen mit 18,5 bis 19 Prozent (2013: 8,6 Prozent). Die in Berlin mit der CSU und der CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer grossen Koalition regierenden Sozialdemokraten verloren ebenfalls massiv Stimmen und fielen von 20,6 auf 9,5 bis 10 Prozent.
Die rechtspopulistische AfD, die zum ersten Mal bei einer Landtagswahl in Bayern antrat, kam auf 11 Prozent. Die konservativen Freien Wähler erreichten 11,5 Prozent.
Die Liberalen, die vor fünf Jahren klar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert waren, mussten mit 5 Prozent um den Wiedereinzug ins Landesparlament bangen. Die Linke hatte mit 3,5 kaum Chancen auf einen erstmaligen Einzug in die bayerische Volksvertretung.
Autorin Silvia Tschui kann die neue Tatort Folge nicht überzeugen.
Auf die Gefahr hin, dass meine Chefs gleich meinen: Das kannst du nicht mehr bringen, wir geben diese Kolumne jetzt dann sonst wem – ich hab den heutigen «Tatort» wieder mal nicht geschafft. Zum zweiten Mal, seit es diese Kolumne gibt. Und dabei mag ich ja eigentlich Adele Neuhauser respektive die Bibi mit ihrem Wiener Schmäh. Aber ich habe vier oder fünf Mal angefangen, diese Chose zu schauen, und muss sagen: Die Folge «Her mit der Marie» – Marie ist übrigens Ösi-Slang für Geld – ist leider soooo laaangweilig.
Man schaut der Bibi beim Leberkäsessen zu. Man schaut dem Eisner beim Einkaufen zu. Und beim Sich-über-den-Leberkäsgeruch-Beschweren. Man schaut den beiden beim Keine-Hinweise-Finden zu. Beim Rumfahren in der Landschaft. Irgendwie gehts noch um einen weinliebenden Grosskriminellen und eine verkohlte Leiche. Aber bei Minute siebenunddreissig ist noch immer nichts Nennenswertes passiert. Man googelt nebenher, was man zum Abendessen kochen soll, und verpasst die Handlung, spult zurück und sieht dann zum fünften Mal dem Kriminellen beim Weisswein-Gügelen zu und hört den Eisner vermuten, dass die Bibi wieder säuft.
Und dann gähnt man und denkt, nee, das kann man mir und dem Zuschauer und dem Leser nicht zumuten, da muss ein besserer Filmtipp her, einer, der knallt und über den man was richtig Lustiges schreiben kann. Und dann kommts noch dicker: der Blick ins weitere Fernsehprogramm – auch da bleierne Ödnis. Ich sags Ihnen ehrlich: Der Krimi-Abend ist heute nicht zu retten, und diese Kolumne auch nicht. Laden Sie stattdessen Ihre Nachbarn zum Jassen ein. Und nächsten Sonntag gibts dann im «Tatort» was Modernes mit böser Computerkriminalität und so, da kann man dann auch was Gescheiteres darüber schreiben. Wenn man mich dann noch lässt. l
Tatort: «Her mit der Marie», 20.15, SRF 1
Die ZSC Lions sind aktuell nicht zu bremsen und grüssen neu von Rang 3. Lausanne kassiert indes die fünfte Niederlage in Folge.
ZSC Lions – Lausanne 2:1 (0:0, 1:0, 1:1)Das Spiel: 31 Minuten und 12 Sekunden müssen sich die Fans im Hallenstadion gedulden, dann fällt endlich das erste Tor. Es ist Roman Wick, der im neunten Spiel zum ersten Mal trifft. Am Ende kassiert Lausanne die fünfte Pleite in Serie.
Die Premiere: Ex-Ambri-Stürmer Cory Emmerton, der zuletzt für Sibir Nowosibirsk in der KHL spielte, gibt gegen die ZSC Lions seinen Einstand.
Die Trikots: Die ZSC Lions erklären das Duell gegen Lausanne zum Retro-Spiel, treten in den Shirts aus dem Jahre 1967 an – und erinnern an die New York Rangers.
Der Beste: Jérôme Bachofner (ZSC Lions): Unglaublich, was der 22-jährige Topskorer zeigt. Trifft zum dritten Mal in Folge – und entscheidet nach 46 Minuten das Spiel. Nach einem Laserpass von Severin Blindenbacher zieht Bachofner los – und vernascht Lausanne-Goalie Luca Boltshauser.
Die Pflaume: Etienne Froidevaux (Lausanne): Der Captain verschuldet die Strafe, die Bachofner zum Sieg verwertet. Froidevaux reklamiert solange bei Ref Stefan Eichmann, bis dieser gar nicht mehr anders kann, als den Stürmer in die Kühlbox zu schicken.
Die Tabelle SpieleTorverhältnisPunkte1. Biel1040:18242. Bern1029:14203. ZSC Lions919:16184. SCL Tigers1028:17185. Zug1030:25186. Genf1121:26157. Fribourg1022:25158. Ambri924:27139. Lugano926:251210. Lausanne1021:261011. Davos1019:37912. Lakers109:323
Mindestens 80 Nachrichten pro Tag und bis zu sechs Stunden im Netz. Robin mag es, dass er sein Leben mit Freunden teilt. Doch es hat auch seine Schattenseiten.
Mein Handy ist mein Wecker, logo. Gleich nach dem Aufwachen schau ich nach, wer mir über Nacht geschrieben hat. Und dann verschick ich einen Morgensnap an meine Streaks. Das sagt den meisten Erwachsenen vermutlich gar nichts. Also: Einen Streak erhält man, wenn zwei sich drei Tage in Folge einen Snap schicken. Dann erscheint neben dem Namen ein Flämmli-Emoji. Das behält man, solange man sich weiterhin jeden Tag gegenseitig eine Nachricht schickt. Neben dem Namen steht die Anzahl Tage, die man so in Kontakt ist. Mit einer Kollegin habe ich bereits 430 Streaks. Wir haben uns also schon mehr als ein Jahr jeden Tag gegenseitig mindestens einen Snap geschickt.
Zurzeit habe ich etwa 40 solche Streaks mit Kollegen und Bekannten. Meinen Morgen-Snap, meistens sind das nur die Worte «Guete Morgä», schicke ich also an all diese Leute. Wenn meine Eltern und meine kleinen Schwestern nicht zu Hause sind und ich alleine frühstücke, scrolle ich durch den Instagram-Feed. Das ist aber mehr ein Zeitvertreib, ich poste dort selber nicht viel. Facebook ist eh out, da ist niemand mehr wirklich aktiv in meinem Alter.
Welt ohne Internet?Nach der Berufsschule oder dem Morgen im Büro schaue ich am Mittag als Erstes wieder, wer geschrieben hat. Ich öffne jene App zuerst, bei der am meisten ungelesene Nachrichten aufpoppen. Meist plane ich dann mit Kollegen über Whatsapp, was wir am Abend machen. Wir schreiben dort meist in Gruppenchats, reine Dialoge führe ich kaum.
Ich denke oft, dass eine Welt ohne Internet so viel einfacher wäre. Ich hätte weniger Stress, und wir würden verbindlicher abmachen. Ich weiss schon, dass ich mir diesen ganzen Druck selber mache. Aber es ist eben schön, so eng in Kontakt zu bleiben mit Freunden. Wir schicken uns diese Lebenszeichen, um uns zu sagen, dass wir uns nicht vergessen. Das gefällt mir.
Netflix, Snapchat und FortniteWenn mein Mami was besonders Feines gekocht hat oder ich an einem krassen Ort esse, zum Beispiel auf einem Boot in den Ferien, snape ich ein Bild vom Zmittag. Wenn ich das verschicke, erwarte ich nicht unbedingt eine Antwort. Snaps sind mehr dazu da, andere zu unterhalten und lustige Erlebnisse zu teilen. Oft ist es eine Art Beweis, dass man wirklich an einem Ort war. Zum Beispiel an einem geilen Konzert oder eben auf einem Boot mit 200 PS.
Wenn ich nach Feierabend nichts vor habe, gucke ich meistens Serien auf Netflix. Ab und zu game ich «Fortnite». Aber da rege ich mich meistens zu fest auf, deshalb sind Serien chilliger. Oft chatte ich neben bei noch ein bisschen oder lerne für die Schule.
Es nervt, wenn Eltern den Kindern im Internet followenIch finde es übrigens peinlich, wenn Eltern ihren Kindern in den sozialen Medien followen. Und Konten sperren bringt schon gar nichts. Wir finden immer wieder einen Weg, uns anzumelden. Ich rede mit meinen Eltern sehr offen über die sozialen Medien und habe zum Beispiel in der Sek an einem Elternabend mal einen Vortrag über Instagram und Snapchat gemacht. Schon krass, wie wenig die Erwachsenen wissen. Vielleicht machen sie sich deshalb zu grosse Sorgen.
Als wir in den Sommerferien waren, hatten wir kein WLAN in der Wohnung. Das war der Horror. Es nervt mich, wenn ich keinen Kontakt haben kann, und ich habe Angst, etwas zu verpassen. Deshalb bin ich nach dem Nachtessen jeweils noch in die Strandbar, wo es WiFi gab. Wenn hinter einem Streak ein Sanduhr-Emoji erscheint, hat man noch vier Stunden Zeit, sich zu schreiben. Sonst verliert man das Flämmli. Vor dem Einschlafen verschicke ich deshalb allen noch «Night».»
Eine Cessna ist in Hessen (D) hat auf einem Flugplatz keinen Auftrieb bekommen und eine Schranke durchbrochen. Anschliessend raste die Maschine in eine Menschengruppe. Drei Personen sind gestorben.
Auf dem Berg Wasserkuppe in Hessen (D) kam es am Sonntag um 15.45 Uhr zu einem Unglück auf einem Flugplatz. Eine Cessna ist in eine Fussgängergruppe gerast. Laut Polizei Osthessen gibt es mindestens drei Todesopfer - zwei erwachsene Frauen und einen etwa zehnjährigen Jungen, wie «Bild.de» berichtet. Acht weitere Menschen seien verletzt. Vier Flugzeuginsassen kamen zur Kontrolle ins Spital. Eine Augenzeugin erlitt einen schweren Schock. Der Pilot blieb unverletzt.
Die Sportmaschine von Typ Cessna F172N hatte die Landebahn zunächst nicht richtig getroffen und wollte darum nochmal starten. Als das Flugzeug abheben wollte, bekam es keinen Auftrieb mehr, durchbrach eine Schranke und erfasste in Folge die Menschen, sagte ein Polizeisprecherin. Die Gruppe habe zum Unglückszeitpukt am Rande des Flugplatzes gestanden. (man)
+++ Update folgt...
Heute geht in vielen Berghütten eine Rekordsaison zu Ende, die ihresgleichen sucht. Nach diesem Wochenende atmen viele Hüttenwarte erst mal tief durch.
Simone Landolt steht in der Küche, die Pfannen scheppern, Suppe und Spätzli stehen auf der Speisekarte. «Heute komme ich nicht vom Herd weg», sagt die Hüttenwartin der Leglerhütte im Glarner Kärpfgebiet. Das Haus auf 2273 Metern über Meer ist auch dieses Wochenende ausgebucht, dazu kommen die Tagesausflügler.
Der Ausnahmesommer sorgte in den Bergen für Ausnahmezustände. «Mehr als füllen kann man nicht», sagt Landolt. Bis Ende Oktober ist ihre Hütte noch offen, «danach freue ich mich auf die Ferien, mal wieder daheim sein und nichts müssen», sagt sie und verabschiedet sich eilig.
Das gleiche Bild ein paar Gipfel weiter in der Glärnischhütte (1990 Meter über Meer), ebenfalls im Kanton Glarus. «Heute kommen noch mal richtig viele Besucher», sagt Roman Zehnder, der an diesem Wochenende aushilft. Auch er vermeldet: «Eigentlich sind wir voll.»
Es purzelten RekordeHeute Sonntag geht in den meisten Berghütten die Saison zu Ende, neue Besucherrekorde werden in Erinnerung bleiben.
Wie in der Grialetschhütte (2542 Meter über Meer) in Graubünden: «Es war eine sehr strenge Saison, wir arbeiteten monatelang von morgens bis abends ohne Pause», sagt Cécile Reiss, die mit ihrem Mann die Hütte führt. In anderen Jahren habe es zwischendurch zwei oder drei Tage ohne Besucher gegeben, wo Zeit blieb für andere Arbeiten.
Holz hacken etwa oder die Kläranlage auspumpen. Dieses Jahr sei das nicht möglich gewesen, weil sie nonstop Gäste hatten. «Wir sind schon viele Jahre hier, aber so etwas habe ich noch nie erlebt», sagt Cécile Reiss.
Wenn das Holz gehackt, die Anlage geleert ist, dann ist auch hier Schluss, denn mit dem Winter rückt die Fliegerabwehr an, die Gegend wird zum Sperrgebiet der Armee.
«Es nimmt kein Ende»Ähnlich einem Sperrgebiet ist die Situation in den höheren Lagen. Ab 2500 Metern über Meer sind die meisten Berghütten bereits verwaist und zugesperrt. Heike John, Hüttengehilfin in der tiefer gelegenen Gelmerhütte (2412 Meter über Meer) im Berner Oberland merkt das, weil sie deswegen aktuell mehr Gäste bewirtet. «Es nimmt kein Ende mit Besuchen», sagt sie.
Die Lage auch hier: komplett ausgebucht! Anfang Oktober schneite es, der Schnee ist längst wieder weg, nun beginnt die letzte Woche. «Das passt schon, wenn die Saison einmal vorbei ist», sagt die Hüttengehilfin. Bis dahin klingelt das Telefon ohne Unterlass: «Die Leute wollen wissen, ob es noch für einen Tagesausflug reicht.»
Derweil hat in der Wiwannihütte (2470 Meter über Meer) im Wallis zeitgleich mit dem Ende der Saison auch das Hüttentelefon den Geist aufgegeben. «Eigentlich wäre ab heute Sonntag zu», sagt Hüttenwart und Bergführer Egon Feller. Solange das Wetter mitspiele, habe man aber noch ein paar Tage länger offen.
Es ist eine weitere Ausnahme in dieser Ausnahmesaison.
PARIS - Skoda hat den Wandel von der maroden Ostblock-Marke zum erfolgreichen, boomenden Autokonzern geschafft. CEO Bernhard Maier erklärt, wie das ging. Und wie sich das Auto der Zukunft verändern wird.
Der oberste Chef ist auch der erste Verkäufer. Und so präsentiert CEO Bernhard Maier die zwei neuen Skoda-Modelle am Pariser Autosalon gleich selbst. In einer perfekt inszenierten Show. Danach treffen wir uns zum Interview: nicht über technische Details, sondern über die grossen Fragen unserer Mobilität.
Sie haben eine Ausbildung zum Automechaniker gemacht. Was haben Sie dabei gelernt, das Ihnen heute noch nützt?
Bernhard Maier: Das Verständnis für den technischen Gesamtzusammenhang. Der hat sich trotz aller Innovationen im Automobilbau nicht grundlegend verändert. Im Gespräch mit meinen Entwicklern und Technikern, aber auch mit den Kunden hilft mir das noch heute.
Haben Sie Benzin im Blut oder hätten Sie in jeder Branche Karriere machen können?
So etwas lässt sich in der Retrospektive nie genau beantworten. Ich hatte Präferenzen: Ich bin in einer Unternehmerfamilie aufgewachsen. Meine Eltern hatten ein Autohaus, verkauften Landmaschinen und betrieben eine Tankstelle. Ich bin bereits in frühen Jahren mit dem Duft von Öl und Benzin in Berührung gekommen und hatte immer schon ein Faible für Technik. Mein Vater gab mir viele Freiheiten, forderte aber auch viel ein – das hat nicht geschadet (lacht)! Mein erster Schritt nach der Ausbildung führte mich in die IT. Danach hat es mich dann doch wieder in die Automobilbranche zurückgezogen.
Das Auto ist ein Objekt, das einen von A nach B bringt. Wieso ist es für so viele Menschen mit grossen Emotionen verbunden?
Die individuelle Mobilität war schon immer eine der Triebfedern der Gesellschaft. Und schon immer war es das grösste Glück, selber bestimmen zu können, wohin man geht und wie. Früher ging es um bessere oder schnellere Pferde, heute geht es um Autos, Flugzeuge oder den Schienenverkehr, morgen um ein multimodales Angebot mit bester digitaler Vernetzung. Die individuelle Mobilität ist wesentlicher Treiber für eine blühende Wirtschaft. Wo die Verkehrsinfrastruktur weitsichtig ausgestattet ist, geht es den Menschen besser.
Das sind die ökonomischen Gründe. Die Faszination für dieses oder jenes Modell, für starke Motoren und schönes Design hat etwas Irrationales.
Natürlich! Das sehe ich bei mir selbst. An dem guten Gefühl, wenn ich in ein schönes Auto steige.
Sie fahren selber?
Ja, mit Leidenschaft! Das Auto ist ein Stück Freiheit. Es ist ein teures Produkt, für das viele sehr lange sparen – und häufig auch ein Spiegelbild des Besitzers: Es sagt schon etwas über einen Fahrer aus, was er fährt ...
Wie wichtig ist das Design?
Was Ihnen nicht gefällt, das kaufen Sie nicht. Es gibt aber auch die alte Erkenntnis, dass alles, was man mit Liebe anschaut, schön ist.
Vor 25 Jahren war Skoda eine marode Ostblock-Marke. Wie schafft man da den Wandel?
Skoda gehört zu den ältesten Automarken der Welt: Es gibt uns seit 1895! Das Unternehmen hat alle politischen Systeme überlebt: Ursprünglich baute es Luxuswagen, im Kommunismus als Staatsbetrieb Autos für jedermann, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde Skoda von Volkswagen übernommen. Das war eine der erfolgreichsten Reprivatisierungen – nicht nur in Tschechien, sondern auch in Europa, vielleicht sogar weltweit.
Wie ging Volkswagen vor?
Skoda hat in 123 Jahren rund 20 Millionen Fahrzeuge gebaut, 75 Prozent seit der Übernahme von Volkswagen und ein Viertel allein in den vergangenen vier Jahren. Das zeigt das enorme Wachstum unter der Ägide von Volkswagen. Es war nur möglich, weil gezielt in Infrastruktur und Modernisierung investiert wurde. Und so geht es weiter: Wir bringen bis 2020 zwanzig neue Modelle auf den Markt, neun davon sind elektrisch.
Mancher frühere VW-Kunde wird sich für einen günstigeren Skoda entscheiden. Wann werden Sie dem Konzern zu erfolgreich?
Wenn der Erfolg nachhaltig ist, kann ein Unternehmen nie zu erfolgreich sein. Der VW-Konzern besteht aus Marken mit einer klaren Positionierung. Unser Wettbewerb findet definitiv nicht innerhalb der VW-Marken statt.
Wem, wenn nicht VW, schnappen Sie dann Kunden weg?
Da gibt es genügend Konkurrenz. Der Volkswagen-Konzern deckt mit seinen Marken zwölf Prozent des Weltmarktes ab. Es verbleiben also 88 Prozent Potenzial. Zudem wächst die Nachfrage nach individueller Mobilität: 2017 wurden weltweit 83,5 Millionen Autos verkauft. Experten gehen davon aus, dass wir 2025 schon bei mehr als 95 Millionen sein könnten!
In welchen Märkten wollen Sie Fuss fassen?
Wir sind soeben in Singapur gestartet, nächstes Jahr folgt voraussichtlich Südafrika. Bis 2025 wollen wir in 120 Märkten präsent sein. Viel Potenzial sehen wir zum Beispiel in Indien. Weltweit betrachtet hilft uns die SUV-Offensive, die wir vor zwei Jahren gestartet haben.
Warum wollen immer mehr Leute einen SUV, obwohl die meisten dieser Fahrzeuge nie einen Kieselstein berühren werden?
Auch das ist eine Frage des Gefühls. Der SUV gibt dem Menschen ein sicheres Fahrgefühl. Man sitzt höher, hat mehr Raum, Allradtechnologie bietet viele Einsatzmöglichkeiten, gerade in Ländern wie der Schweiz: SUVs sind ein nachhaltiger Trend.
Als Teil des VW-Konzerns ist auch Skoda vom Dieselskandal betroffen. Er hat dem Konzern aber nicht geschadet – Sie verkaufen mehr Autos denn je ...
Als Skoda-Chef kann ich nur für unser Unternehmen sprechen: Ich bin dankbar für die Loyalität unserer Kunden und dafür, dass uns immer mehr ihr Vertrauen schenken.
Auch Ihre Kunden wurden betrogen. Was sollen sie jetzt tun?
Wir haben alle betroffenen Kunden umfassend informiert. Für uns hat es oberste Priorität, dass jede Massnahme – sei es der angeordnete Rückruf oder die freiwillige Servicemassnahme – so schnell, professionell und zufriedenstellend wie möglich durchgeführt wird. Wir sind heute sehr weit in der Abarbeitung. In der Schweiz liegt die Rate bei 100 Prozent.
Ist der Diesel tot?
Der Diesel hat eine Zukunft, keine Frage. In Europa kommen wir bei Skoda heute auf einen Anteil von etwa 45 Prozent. Für die Abgasnachbehandlung müssen wir künftig sicherlich eine ganze Menge investieren, das wissen wir. Bei kleineren Fahrzeugen, also in den Einstiegssegmenten, wird der Diesel schneller von anderen Antriebskonzepten ersetzt. Deshalb bieten wir im Kleinwagen Fabia künftig keinen Diesel mehr an. Für Vielfahrer, die auf langen Strecken unterwegs sind, bleibt der Diesel eine lohnende Alternative. Auch Erdgas und bezahlbare Hybridsysteme sind interessante Alternativen.
Blicken wir in die Zukunft: Wie werden wir in 30 Jahren unterwegs sein?
Das Auto wird sich zu einem rollenden Smartphone entwickeln. Wir werden in Zukunft deutlich mehr im Auto machen können als heute – Unterhaltung, Arbeit etc. – und deshalb dort mehr Zeit verbringen.
Wir tun also alles im Auto, bloss nicht mehr selber fahren.
Der sehr langfristige Trend geht zum teilautonomen, irgendwann zum vollautonomen Fahren. Das wird in den verschiedenen Märkten unterschiedlich schnell erfolgen und in unterschiedlicher Ausprägung. In den USA beispielsweise geht es im ersten Schritt mehr Richtung autonome Taxis, in Deutschland liegt der Fokus aktuell mehr in der privaten Nutzung.
Werden die Menschen wirklich noch eigene Autos besitzen oder eher eines bestellen, wann immer sie es brauchen?
Das Teilen von Fahrzeugen wird in Zukunft zunehmen. Aber es wird auch weiterhin Menschen geben, die ihr Auto nicht teilen wollen, die ein ganz bestimmtes Modell wollen, das eben mit Emotionalität verbunden ist. Je höher das Preis-segment,desto geringer sind Wille und Bereitschaft zum Teilen.
Beim selbstfahrenden Auto sind Motorenstärke und PS-Zahl plötzlich egal.
Trotz Tempolimits findet man heute überall auf der Welt hoch motorisierte Autos. Das sollte auch in Zukunft die individuelle Entscheidung eines jeden sein. Abgesehen davon wird auch selber fahren hoch attraktiv bleiben. Es ist nun mal ein unglaublich emotionales Thema!