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Deutsches Institut für Entwicklungspolitik / Briefing Paper

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Publikationen des German Institute of Development and Sustainability (IDOS)
Updated: 2 days 8 hours ago

Ein Wegbereiter für den SDG-Gipfel?

Mon, 09/04/2023 - 08:46

Am 9. und 10. September treffen sich die Staats- und Regierungschefs der G20 Staaten zu ihrem diesjährigen Gipfel in New Delhi. Dort werden sie von globalem Wachstum über Digitalisierung bis hin zu nachhaltiger Entwicklung eine Vielzahl drängender Themen diskutieren. Die G20 trifft keine bindenden Entscheidungen und ist vor allem dann wirkmächtig, wenn sie an multilaterale Prozesse andockt und diese befördert. In diesem Jahr folgt auf den G20 Gipfel am 18. und 19. September der SDG Summit der Vereinten Nationen in New York. Letzterer ist von höchster Bedeutung, findet er doch nur alle vier Jahre auf Ebene der Staats- und Regierungschef*innen statt, um Maßnahmen zur beschleunigten Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zu beschließen. Es ist dringend notwendig, dass die Treffen in New Delhi und New York sowohl politisches Momentum als auch konkrete Initiativen hervorbringen, da die Bilanz zur Halbzeit der Agenda 2030 verheerend ist: nur bei 18% der SDG-Indikatoren ist die Staatengemeinschaft auf dem richtigen Weg, diese bis 2030 zu erreichen.

Die G20 bringt 19 wirtschaftsstarke Staaten und die Europäische Union zusammen, die gemeinsam für 80% der globalen Wirtschaftsleistung aber auch 80% der globalen Treibhausgase verantwortlich sind. Ins Leben gerufen zur Lösung der globalen Finanzkrise im Jahr 2008, ist die G20 zu einem der wichtigsten Foren für die Bearbeitung globaler Herausforderungen geworden. Zunehmende geopolitische Rivalitäten und eine Vertrauenskrise, die durch Russlands Krieg in der Ukraine deutlich hervortreten, belasten die thematisch fokussierten Diskussionen der G20. Dabei wiederholten einzelne G20 Staaten zuletzt explizit, dass die Gruppe nicht der Klärung geopolitischer Fragen diene, sondern die Themen Wachstum und Entwicklung im Mittelpunkt stünden.

Wie kann der G20 Gipfel vor dem Hintergrund eines geopolitisch belasteten Umfelds einen konstruktiven Beitrag zum SDG Summit leisten? Drei zentrale Themen sollten hervorgehoben werden: Finanzierung für die SDGs, nationale Umsetzung der Agenda 2030 und Reform des multilateralen Systems.

Die bisherigen Fachminister*innentreffen der G20 bieten einen ersten Eindruck davon, wo die Gruppe kurz vor dem Delhi-Gipfel steht. Nach wie vor gibt es ein klares, allgemeines Bekenntnis zur Agenda 2030. Die indische Präsidentschaft benennt sie als zentrales Zielsystem und betont die Verantwortung der G20 hinsichtlich ihrer Umsetzung. Von vielen wird die Agenda 2030 vor allem als Investitionsagenda verstanden. So rief UN-Generalsekretär Guterres die G20 auf, einen SDG Stimulus aufzusetzen, um öffentliche und private Gelder für die Umsetzung der Agenda 2030 zu generieren, während innovative Maßnahmen wie debt for SDG swaps zur Schuldenerleichterung führen sollen. In diesem Kontext betonen die Entwicklungs- und Außenminister*innen der G20, dass es neuer und innovativer Finanzierung für die Implementierung der Agenda 2030 bedürfe. In ihrer Abschlusserklärung bekräftigen die Finanzminister*innen routinemäßig die Verpflichtung der Industrieländer, bis 2025 jährlich 100 Mrd. USD an Klimafinanzierung für die Unterstützung von Ländern niedrigen Einkommens zu mobilisieren. Es ist ernüchternd, dass diese Verpflichtung trotz des tatsächlich weit höheren Finanzierungsbedarfs noch immer nicht erfüllt ist. Zumindest sprechen sich die Finanzminister*innen aber für Beratungen über ein ehrgeizigeres Ziel für Klimafinanzierung aus. Im für viele Niedrigeinkommensländer so wichtigen Bereich der Schuldenerleichterung gibt es allerdings nach wie vor wenig Bewegung.  

Trotz der Priorisierung der Agenda 2030 in den Abschlusserklärungen der G20-Minister*innen fehlen zugleich wichtige Maßnahmen zur Umsetzung zentraler SDG. Selbst die wirtschaftsstarken G20 Länder hinken bei der nationalen Umsetzung hinterher, während bestehende Produktions- und Konsummuster zu negativen Spillover-Effekten führen, welche die Implementierung der SDG in anderen Ländern erschweren. Finanzielle oder politische Bekenntnisse, um zum Beispiel die geforderte Verdreifachung erneuerbarer Energien bis 2030 zu gewährleisten, bleiben in der Abschlusserklärung der G20 Energieminister*innen unerwähnt. Auch mit Blick auf den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verweist die Abschlusserklärung lediglich auf bestehende Differenzen zwischen den G20 Staaten und bietet so einen weiteren Beleg dafür, dass die G20 vom Abbau von Subvention fossiler Energieträger weit entfernt sind.

Auch wenn die Erwartungen an die Ergebnisse des G20 Gipfels also weitestgehend begrenzt bleiben, sind Reformen multilateraler Strukturen und der G20 selbst möglich. Die G20 spielt etwa eine zentrale Rolle in Diskussionen über eine Reform der Weltbank. Die G20 Außenminister*innen sprechen sich in ihrer Abschlusserklärung für eine „inklusiveren und wiederbelebten Multilateralismus“ aus. Viele G20-Mitglieder machen sich auch für die Aufnahme der Afrikanischen Union (AU) stark. Gleichzeitig steht eine Erweiterung der BRICS bevor, einem alternativen Staatenverbund der großen Mächte des Globalen Südens. Die erweiterten BRICS könnten zusätzlich an Bedeutung gewinnen und China die Möglichkeit bieten, eine noch wichtigere Rolle zu spielen. Die Aufnahme der AU in die G20 wäre ein wichtiger Schritt, um einer Blockbildung gegenüber den BRICS vorzubauen.

Das Bild des G20-Prozesses ist durchaus gemischt. In vielen der kontrovers diskutierten Themenbereichen wirkt das Misstrauen unter den zentralen Akteuren fort und erschwert entschiedene Fortschritte zur Umsetzung der Agenda 2030. Ohne konkrete Politikinitiativen der Staats- und Regierungschef*innen in New Delhi würde aber das erforderliche politische Momentum für den SDG Summit in New York in weite Ferne rücken. Dies wäre eine verpasste Chance, denn wir befinden uns zwar in der Halbzeit der Agenda 2030, längst aber nicht auf halbem Weg zu ihrer Umsetzung.

Re-thinking and revitalizing SDG financing

Fri, 09/01/2023 - 13:59

Delays in implementing the Paris Agreement on climate change and 2030 Agenda increasingly appear to come partly from unmet financing needs as well as the inability and unwillingness of the G20 to move away from fossil fuel subsidies. The current state of play reflects the international financial architecture’s failure to channel resources to the world’s most vulnerable economies at the necessary scale and speed. A study by IDOS, IDDRI, and SEI finds effective SDG financing is possible when four main conditions are met.

The effect of the WHO safe childbirth checklist on essential delivery practices and birth outcomes: Evidence from a pair-wise matched randomized controlled trial in Pakistan

Fri, 09/01/2023 - 13:25

We study the effect of the Safe Childbirth Checklist (SCC) – a tool developed by the WHO to improve the quality of delivery care – on a range of provider- and patient-level outcomes. We conducted a clustered pair-wise matched randomized controlled trial among 166 health providers in two districts of Pakistan. This included primary and secondary health facilities as well as non-facility based rural health workers. We do not find positive effects on health outcomes, but on the adherence to some essential delivery practices, mostly to those conducted during the patient's admission to the delivery ward. We also find increased rates of referrals to higher-level facilities.

Why people in the midlands have 'little faith' in Just Transition

Fri, 09/01/2023 - 10:13

Analysis: communities in the midlands historically feel left behind so scepticism and distrust about the Just Transition project are understandable

Pathways towards enhanced capacity in water governance to deal with complex management challenges

Thu, 08/31/2023 - 11:41

In recent years nexus approaches have been increasingly promoted for tackling persistent problems in environmental governance in general and water governance in particular. The Water-Energy-Food (WEF) nexus concept has gained importance in debates in business, policy and practice in recent years (Benson et al., 2015) – p
redominantly, but not only in the water domain. The WEF-nexus highlights that enhancing and guaranteeing water, energy and food security requires a cross-sectoral approach and innovative coordination instruments (Weitz et al., 2017, Pahl-Wostl, 2019). Such approaches shift focus towards complex cross-sectoral interdependencies and highlight the need for enhanced coordination. Indeed, despite numerous efforts to promote and implement more integrated approaches, coordination problems persist and impede sustainable water governance and management. Given persistent challenges and the importance of integrated governance, it is quite plausible that IWRM (Integrated Water Resources Management) is also an essential element of Sustainable Development Goal (SDG) 6. The baseline assessment of IWRM implementation unveiled a number of challenges with regard to coordination (UN Environment, 2018).

NDC-SDG Connections: Data on updated NDC submissions (Version 2)

Tue, 08/29/2023 - 10:45

NDC-SDG Connections is a joint initiative of the German Institute of Development and Sustainability (IDOS) and the Stockholm Environment Institute (SEI). The research and visualisation project aims at illuminating synergies between the 2030 Agenda for Sustainable Development and the Paris Agreement, and at identifying entry points for coherent policies that promote just, sustainable and climate-smart development. The objective of the NDC-SDG Connections is to: foster a dialogue on meaningful interaction between the 2030 Agenda and the Paris Agreement, globally and at the national level; to increase transparency with easy accessibility to all climate activities; and to cultivate learning and catalyse partnerships between countries and other actors to raise the ambition of future NDCs. With its second version, the NDC-SDG Connections project opened its data for public re-use.

Overlapping governmentalities and the cosmo-politics of Mongolian water- and miningscapes

Tue, 08/29/2023 - 09:36

Since transitioning to a market-based economy, Mongolia has experienced a mining boom that turned extractive industries into a key contributor to the country’s national budget. However, benefits from mining activities are allocated unevenly, with increasing rural poverty and degradation of water resources that threaten the livelihood and health of pastoralists, in particular. Regulatory efforts to improve the protection of water resources are confronted with severe implementation challenges as notions of what constitutes appropriate interpretations of the rules and appropriate ways of behaving diverge. Applying Foucault’s concept of governmentality and tying it to the literature on social imaginaries, I show how different rationalities overlap in Mongolian water- and miningscapes. They shape an extractive imaginary perpetuated by technical- managerial truth claims, an increasing monetization of social and social-environmental relationships, an imperative for industrial-economic development, and a state that performs sovereignty by enforcing procedures rather than substantive laws. However, an alternative, cosmo-political imaginary exists that derives its moral imperatives and individual incentive structures from an understanding that human land-use is contingent on the approval of spiritual entities that inhabit nature. As multiple governmentalities exercise power simultaneously, their interaction produces subjectivities that align with various and contradictory positions towards mining and that require negotiation. This challenges simplistic accounts of a homogeneous ‘state’ or ‘community’, as well as a priori assumptions about the interests and rationalities that motivate the behavior of stakeholders. It thus supports a call for environmental governance research and practice to give more attention to the cognitive-symbolic dimension of social-environmental interactions.

Für mehr Verbindlichkeit in der Umsetzung der Agenda 2030

Mon, 08/28/2023 - 11:12

Bonn, 28. August 2023. In einem Monat steht der SDG Summit an, auf dem Staats- und Regierungschef*innen eine Halbzeitbilanz zur Umsetzung der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung ziehen werden. Er ist ein wichtiger Moment, um neue Aufmerksamkeit für ein altes Problem zu generieren: Wie kann die Agenda 2030, mit ihrem umfassenden, aber rechtlich unverbindlichen Zielsystem, konsequent, kohärent und schnell umgesetzt werden?

Auf dem diesjährigen High-Level Political Forum on Sustainable Development (HLPF), das als entscheidendes UN-Gremium zur Abstimmung der globalen Nachhaltigkeitspolitik gilt und im Juli in New York getagt hat, um den SDG Summit vorzubereiten, wurde erneut deutlich: Trotz Willen und Motivation, die Agenda 2030 und ihre 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) voranzutreiben, scheint ihr Erreichen bis 2030 mit den bisherigen Strategien als nicht mehr realistisch. Die verheerenden Folgen globaler Krisen, wie der Covid-19-Pandemie, dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine oder sich durch den Klimawandel häufende Naturkatastrophen, drohen die Relevanz der Nachhaltigkeitsagenda in den Hintergrund zu rücken. Neu entstandene und verschärfte Zielkonflikte sowie die Verknappung öffentlicher Budgets stellen zusätzliche Hürden für eine beschleunigte Umsetzung dar und führen dazu, dass die Fortschritte bei mehr als 50 Prozent der Ziele der SDGs unzureichend und bei 30 Prozent ins Stocken geraten oder sogar rückläufig sind. Um das zu ändern, braucht es eine Reihe transformativer Maßnahmen: massive Investitionen in die SDG-Finanzierung, eine stärkere Mobilisierung des Privatsektors sowie eine bessere Verankerung der Agenda 2030 in öffentlichen Diskursen. Gerade angesichts einer Begrenzung der finanziellen Ressourcen kommt jedoch auch einem verstärkt ordnungspolitischen Ansatz durch Gesetzgebung und Regulierung neue Bedeutung zu. Denn auch wenn angesichts der komplexen Interessenkonflikte auf multilateraler Ebene die bloße Existenz der Agenda 2030 als gemeinsames Steuerungsinstrument durchaus als Erfolg verbucht werden kann, muss diese, für ihre beschleunigte Umsetzung, weltweit durch rechtsverbindliche Normen und Gesetze rahmengebend werden.

Während auf internationaler Ebene beispielsweise bereits ein weltweit rechtsverbindliches Instrument zum Schutz von Menschenrechten globalen Wertschöpfungsketten verhandelt wird oder durch die Europäische Union eine Taxonomie für nachhaltige Investitionen oder eine Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten vorgelegt wurden, braucht es auch auf nationaler Ebene ambitioniertere Initiativen. Deutschland, als Hocheinkommensland großer Verursacher negativer ökologischer und sozialer Spillover-Effekte weltweit, sollte hier mit gutem Beispiel vorangehen – sowohl mit Blick auf die Schaffung neuer Gesetze, als auch auf die Implementierung dieser.

Die Ampel-Koalition hat sich selbst zum Ziel gesetzt, die Verbindlichkeit der Nachhaltigkeitsziele im konkreten Regierungshandeln und in der Gesetzeserstellung zu erhöhen. Ihr Koalitionsvertrag enthält bereits viele wichtige Vorhaben, wie die Aktualisierung des Bundesbodenschutzgesetzes oder die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz. Insgesamt ist aber auffällig, dass insbesondere in Bezug auf ökologische Nachhaltigkeit die Realisierung vieler Gesetze noch aussteht. Gerade jetzt, zu ihrer Halbzeit, sollte die Ampel-Koalition die Chance nutzen, sich auf diese zu konzentrieren, denn ihr Regierungserfolg wird sich auch an der Umsetzung ihrer Versprechen messen lassen. Was es dafür braucht: politischen Willen und Langfristorientierung, das Austarieren von Ziel- und Umsetzungskonflikten sowie eine starke Zivilgesellschaft.

Eine konkrete Initiative, die Potential für die gesetzliche Verankerung von mehr Nachhaltigkeit in Deutschland birgt, ist die Empfehlung eines Ressourcenschutzgesetzes in Form eines Stammgesetzes. Ein solches Gesetz würde übergeordnete, konkrete Ressourcenschutzziele sowie stoffgruppenspezifische Unterziele gesetzlich verankern und wäre mit dem bereits bestehenden Klimaschutzgesetz vergleichbar. Doch wie die erst kürzlich veröffentlichte Kritik des Expertenrats für Klimafragen am Klimaschutzprogramm der Bundesregierung zeigt: Es braucht ein hohes Ambitionsniveau, eine stabile Datengrundlage, und einen konsistenten Maßnahmenrahmen, damit diese Gesetze wirklich umgesetzt werden können.

Ein weiterer Aspekt, der über die bestehende Gesetzesfolgenabschätzung für nachhaltige Entwicklung hinausgeht und welcher weltweit zunehmend Bedeutung gewinnt, ist die Anerkennung der Natur als Rechtssubjekt – wie seit 2010 in Neuseeland der Fall. Schon 2008 wurden weltweit erstmals in Ecuador die Rechte der Natur in die Verfassung aufgenommen. Im Sinne des Peer-Learnings lösten diese Entscheidungen international viele weitere Gesetzesinitiativen und Gerichtsverfahren aus. Anders als jedes Unternehmen ist die Natur hierzulande (noch) kein Rechtssubjekt, doch die Anerkennung der Rechte der Natur wären ein wichtiger Schritt für die bessere Erreichung ökologischer Ziele.

Die Unverbindlichkeit der Agenda 2030 bleibt neben fehlendem politischen Willen, ausreichender Finanzierung und mächtigen Interessengruppen eine große Herausforderung mit Blick auf ihre zu langsame Umsetzung. Auch durch sie hat die Weltgemeinschaft in der Hälfte der Implementierungszeit nur einen Bruchteil der Ziele umgesetzt. Deswegen sollte vor allem jetzt, in den Wochen zwischen HLPF und SDG Summit, erneut Aufmerksamkeit auf diese Hürde gerichtet werden. Insbesondere angesichts des rapide schrumpfenden Zeitfensters können neue Gesetze für Nachhaltigkeit eine neue Dynamik in die unbedingt nötige beschleunigte Umsetzung bringen.

Estuarine territorialization and the port of Hamburg

Thu, 08/24/2023 - 09:26

The port of Hamburg is the third-largest port in Europe and located approximately 120 km from the North Sea in the inner delta of the vast Elbe estuary. The foundation, expansion, and maintenance of Hamburg’s port required the reconfiguration of the estuary and its inner delta. Dredging and reclamation have transformed aquatic spaces and provided the material framework conditions for shipping and port industry. We build our contribution on an analysis of contemporary and historical documents, newspaper articles, and qualitative interviews, focusing on the metabolism of territorialization and protests against port expansion. Conceptually, we formulate a political ecology of estuarine territorialization and show how the materiality and the tidal-fuelled power of the Elbe estuary and constant dredging produce a specific form of territoriality, which is itself dynamic and in constant change, reflecting power dynamics within society and among humans and the estuary.

A case for open science in Indonesia: advancing digital literacy, scientific infrastructure, and leadership

Tue, 08/22/2023 - 15:46

This policy advice advocates for Indonesia to assert itself as a regional leader in science and technology by implementing specific policies and programmes. The policies and programmes are coherent with UNESCO's Open Science framework, which incentivizes Indonesia to make all of its publicly funded scientific research open access, to invest in a robust and ubiquitous digital infrastructure, and to establish a centralized online repository and publishing system for scientific research. Using the 2023 ASEAN Presidency to announce its  position on Open Science and international science cooperation, Indonesia would trigger a political gravity for regional and international science communities, making it an attractive country for highly talented scientists and researchers while creating a basis for the  Indonesian population writ large to participate in scientific knowledge production.

Die Vereinten Nationen und Chinas Aufstieg: Qu Dongyu bleibt FAO-Generaldirektor

Mon, 08/21/2023 - 19:12

Qu Dongyu wurde am 2. Juli 2023 als Generaldirektor der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Für ihn stimmten 168 von 182 Mitgliedsstaaten, es gab keine Gegenkandidaten. Die Wiederwahl Qus ist politisch bedeutend, da seine Führung der FAO auch im Zeichen des chinesischen Aufstiegs gesehen wird. Qu hat sich in seiner ersten Amtszeit als zupackender Reformer erwiesen und eine institutionelle und programmatische Erneuerung der FAO angestoßen, die auch bei Kritikern Respekt findet. Programmatisch hat Qu den Schwerpunkt auf Technologie, Innovationen und Digitalisierung als „Beschleuniger“ für den Kampf gegen Hunger und für globale Ernährungssicherheit gelegt. Für Kontroversen sorgt zum einen die Hand-in-Hand-Initiative, sein zentrales Reformprojekt, in dem Kritiker eine Instrumentalisierung der FAO für Chinas geopolitische Interessen sehen. Zum anderen hat sich die FAO unter Qu stark für den Privatsektor geöffnet. Verlierer sind die Zivilgesellschaft, der agrarökologische Ansatz und das Recht auf Nahrung als Element einer menschenrechtsorientierten Agrarpolitik. In seiner zweiten Amtszeit dürfte Qu versuchen, den eingeschlagenen Kurs zu konsolidieren. Einem robusten Durchregieren werden allerdings die Checks und Balances einer VN-Organisation, zu denen auch der beträchtliche finanzielle Einfluss westlicher Mitgliedsstaaten zählt, Grenzen setzen.

The United Nations and China's rise: Qu Dongyu remains FAO Director-General

Mon, 08/21/2023 - 13:02

Qu Dongyu was re-elected for a second term as Director-General of the Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) in July 2023. He received 168 out of 182 votes from member states, there was no competitor. With a budget of $2,6 billion (2022), the FAO is among the larger entities of the United Nations (UN). Its importance has arguably increased during the global food crisis, which has been exacerbated by the Covid pandemic and the war in Ukraine. Qu’s re-election is politically relevant as his leadership of the FAO should  also be seen in the context of China’s global rise. The robust diplomatic support China lent to his first candidacy in 2019 may serve as an indication of China’s strategic interests in the FAO, in view of food security at home, but also president Xi Jinping’s ambition to establish China as a global power in a new, multipolar world order. For developing countries, this means a welcome change. Western states, particularly in  Europe, remain skeptical.

Führen globaler Süden und die SDGs Indiens G20-Präsidentschaft zum Erfolg?

Mon, 08/21/2023 - 09:53

Bonn, 21. August 2023. „Eine Erde – eine Familie – eine Zukunft“ ist das Motto der indischen G20-Präsidentschaft 2023. Es betont das Verständnis, dass sich die Herausforderungen der „globalen Polykrise“ nur mit kooperativen Ansätzen bewältigen lassen. Im Rahmen der Präsidentschaft will Indien in der heterogenen Gruppe der G20 Handlungsfähigkeit in einem weiten Themenspektrum herstellen. Dazu gehören Klimafinanzierung, von Frauen geleitete Entwicklung, umweltverträgliche Lebensstile (LiFE), digitale Transformation und die Reform multilateraler Institutionen. Die Agenda wird überschattet von Spannungen, die sich aus dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, den schwierigen Beziehungen zwischen China und den USA sowie der Mitgliedschaft dieser geopolitischen Wettbewerber in der G20 ergeben.

Im Versuch diese Konfliktlinien zu umgehen, die sich auch in der Abgrenzung zwischen BRICS-Staaten und G7 ausdrücken, konzentriert sich der G20-Vorsitz auf die Beziehungen zwischen globalem „Norden“ und „Süden“. Indien setzt sich für eine Reform des internationalen Systems zugunsten einer besseren Vertretung des globalen Südens ein. Über Beteiligungsrechte hinaus wird tatsächliche Entscheidungsgewalt in internationalen Organisationen gefordert. Damit verbunden setzt sich Indien für die dauerhafte Aufnahme der Afrikanischen Union (AU) in die G20 ein.

Die „IIBSA“-Reihenfolge der G20-Präsidentschaften – Indonesien (2022), Indien (2023), Brasilien (2024) und Südafrika (2025) – ist eine Gelegenheit, die Perspektiven des Südens und seine Entwicklungsbelange in vier aufeinanderfolgenden Jahren zu priorisieren. Die Staaten bilden keinen festen Block, sie einen jedoch Entwicklungsherausforderungen sowie wirtschaftliche und politische Rollen in ihren jeweiligen Weltregionen. Unterstützt durch das Troika-Modell, das die aktuelle mit der vorherigen und der folgenden Präsidentschaft verbindet, hat Indien Vertreter*innen dieser Gruppe in die Prozesse seines Vorsitzes einbezogen. Zudem wurden mit dem „Voice of the Global South Summit“ 125 Länder zu ihren Erwartungen an die G20 befragt.

Aufbauend auf diesem Verständnis von Interessen und Spannungen versucht Indien die G20 als Institution zu definieren, die für Entwicklung und Wachstum verantwortlich zeichnet, nicht jedoch für Frieden und Sicherheit. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Versuch, den „geopolitischen Elefanten“ aus dem Raum zu manövrieren, zum Erfolg führt. Die Präsidentschaft wird sich an inhaltlichen Fortschritten und einem gemeinsam verabschiedeten Communiqué auf dem G20-Gipfel Anfang September messen lassen müssen. Dabei ist es Teil der indischen Strategie, die Themen der G20 an die Agenda 2030 als gemeinsamen Bezugspunkt anzulehnen. Dies zeigt sich an Sprachregelungen und Prioritäten, zum Beispiel an der „von Frauen geleiteten Entwicklung“ oder im Bereich Energiewende.

Neben der Orientierung an den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) versucht die Präsidentschaft durch die Betonung indischer Konzepte wie „LiFE“ oder digitale öffentliche Infrastruktur „die Geschichte Indiens zu erzählen“. Dazu trägt bei, dass die G20-Aktivitäten im ganzen Land verteilt umgesetzt werden. Die Idee, „Indien für die Welt und die Welt für Indien bereit zu machen“, ist verbunden mit der Hoffnung auf eine umfassendere Rolle der G20 im Weltgeschehen und dem Ziel, eine internationale Führungsrolle Indiens im In- und Ausland zur Geltung zu bringen. Mit Blick auf das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschef*innen und das Ende der rotierenden Präsidentschaft wächst allerdings der Druck, dem Scheinwerferlicht der Präsidentschaft und den hohen selbstgesteckten Ansprüchen als globaler Akteur gerecht zu werden.

Aus dieser Gemengelage ergibt sich eine Chance für die Agenda 2030 und mehr Einigkeit in der internationalen Gemeinschaft. Während die IIBSA-Vorsitze zu einer Verschiebung der Prioritäten zugunsten der Herausforderungen des globalen Südens führen, fördert Indien im Versuch der Umgehung geopolitischer Spannungen eine Rückbesinnung auf die Agenda 2030 als „kleinstem gemeinsamen Nenner“. Es wird kaum gelingen, bei allen SDGs substanzielle Fortschritte zu erzielen. Das wäre für jede andere Präsidentschaft ebenso schwierig. Der Ansatz, die Präsidentschaft an den SDGs auszurichten, bietet jedoch eine Möglichkeit, die gemeinsame normative Orientierung zu stärken; gerade in Zeiten, in denen Rückschritte in globalen Zielsetzungen befürchtet und die Entwicklung einer post-2030 Agenda drängender wird. Durch den Erhalt der G20 als gemeinsame Plattform kann Indien auch dazu beitragen, einer gefährlichen Fragmentierung im internationalen System entgegenzuwirken. Letztere könnte sich durch eine schärfere Gegenüberstellung von G7 und einer möglicherweise erweiterten Gruppe der BRICS-Staaten unter chinesischer Führung entwickeln. Gelingt es der G20 zudem, durch die Einbeziehung der AU eine Reform einzuleiten, könnte dies Hoffnungen nähren, dass die mangelnde Vertretung des globalen Südens – eine Ursache für die gegenwärtige Dysfunktionalität des Systems – auch in anderen Institutionen adressiert werden kann.

Einführung in das Welternährungssystem

Fri, 08/18/2023 - 18:59

Das Welternährungssystem umfasst die Bereitstellung von Produktionsmitteln, die eigentliche Produktion von Nahrung sowie ihre Verarbeitung, Nutzung und Wiederverwendung. Derzeit wird es seinen grundlegenden Funktionen und Herausforderungen nicht ausreichend gerecht.

Long-term fertilisation strategies for blended agricultural sustainability are needed

Fri, 08/18/2023 - 18:53

The world is currently experiencing a historic food crisis. High fertiliser prices are part of the problem. In addition to the necessary short-term aid measures, the crisis ought to be made use of to develop and implement longer-term fertiliser strategies for sustainable, in  particular smallholder increases in production in the Global South.

Der Green Impact Fund for Technology

Fri, 08/18/2023 - 14:17

Monetäre Anreize auf der Makroebene stellen das Zentrum der bis heute kontrovers diskutierten Homann’schen Wirtschaftsethik dar. Wir unternehmen in diesem Beitrag den Versuch, seine Ethikkonzeption auf ihre Praxistauglichkeit hin am Beispiel des von uns in einer internationalen Arbeitsgruppe entwickelten "Green Impact Fund for Technology" zu untersuchen. Dabei werden die Anschlussfähigkeiten, aber auch die Grenzen seines Ansatzes aus einer praktischen Perspektive verdeutlicht.

Lernen aus Ex-post-Evaluierungen der KfW? Wie Zielkonflikte den Nutzen einschränken können

Fri, 08/18/2023 - 11:45

Im Politikfeld der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) wird die Frage nach deren Wirksamkeit umfänglich diskutiert. Doch trotz zahlreicher Kontroll- und Evaluierungsformate, die zu Lernprozessen und damit zu einer Steigerung der Wirksamkeit führen sollen, ist diese Steigerung häufig nicht abbildbar. Dieses Paper hat vor diesem Hintergrund das Ziel, den Nutzen von Ex-post-Evaluierungen (EPE) der Entwicklungsbank der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu analysieren – sowohl innerhalb der KfW Entwicklungsbank als auch bei ihrem Auftraggeber, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Aus der Forschung lässt sich schließen, dass EPE mit hoher Sorgfalt betrieben werden. Zudem können EPE zur Legitimität der (finanziellen) EZ beitragen, da Projektergebnisse strukturiert reflektiert und präsentiert werden. Dennoch schätzen die für diese Studie Interviewten die EPE als eine (sehr) subjektive Bewertung ein und halten diese Evaluierungen unter Umständen auch nicht für untereinander vergleichbar. Die Vergleichbarkeit von EPE ist jedoch erforderlich, da aus ihren Gesamtnoten eine Erfolgsquote errechnet wird, die zurzeit bei ca. 81 % liegt. Dies wiederum hat Einfluss auf die Erfolgsberichterstattung der KfW gegenüber dem BMZ und der Öffentlichkeit. Die Daten aus den Interviews zeigen, dass durch Zielkonflikte, die bei der Erstellung und Anwendung der EPE entstehen, der Nutzen dieses Formats eingeschränkt zu sein scheint. EPE sollen sowohl der Rechenschaftslegung gegenüber der Öffentlichkeit bzw. dem BMZ als auch dem Lernen innerhalb der KfW dienen. Allerdings konfligieren diese beiden Ziele miteinander, da für jedes eine andere Herangehensweise erforderlich wäre. EPE werden laut den Befragten von KfW und BMZ nur selten gelesen oder genutzt. Interviewte beschreiben, dass EPE selten Relevanz für die operativen Bereiche haben, da sie erst mehrere Jahre nach Abschluss des Projektes erscheinen und nur vereinzelt relevante Informationen für aktuelle Projekte enthalten. Diese Zeit muss jedoch abgewartet werden, da sonst die Nachhal-tigkeit und die entwicklungspolitische Wirkung eines Projektes nicht abgebildet werden können. Zudem haben EPE laut den Interviews und der Evidenz aus anderen Untersuchungen kaum politische Steuerungsrelevanz im BMZ, auch nicht in aggregierter Form. EPE nicht mehr durchzuführen ist jedoch nach Ansicht der Autorin keine Option, da lediglich auf diese Weise kostengünstig und für eine repräsentative Projektanzahl entwicklungspolitische Wirkung und Nachhaltigkeit überprüft und somit die Basis für die Rechenschaftslegungsfunktion gebildet werden kann. Den Zielkonflikt zwischen Lernen und Rechenschaftslegung zu lösen stellt eine Herausforderung dar. Für die Lernkomponente erscheint es sinnvoll, verstärkt auf Querschnittsauswertungen zu setzen sowie eine zentrale Unterstützungsstruktur für alle Durchführungsorganisationen und das BMZ zu etablieren, um alle Kerninformationen aus den Evaluierungen zu sammeln und – zugeschnitten auf die Bedürfnisse an BMZ, KfW, aber auch an die Partnerländer – weiterzugeben. Für die Rechenschaftslegungskomponente sollte außerdem die Transparenz erhöht werden, indem abgeschlossene Evaluierungsberichte zeitnah und in voller Länge der Öffent-lichkeit zur Verfügung gestellt werden. Das Paper basiert neben einer Auswertung internationa-ler Forschungsliteratur insbesondere auf empirischen Interviewdaten. Insgesamt wurden 13 gezielt ausgewählte Expert*innen aus dem System der deutschen Entwicklungszusammenarbeit interviewt. Diese Interviewdaten stellen damit eine illustrative, aber keine repräsentative Stichprobe dar.

Kommunale Entwicklungspolitik in Deutschland: aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Empfehlungen zur weiteren Förderung

Thu, 08/17/2023 - 17:04

Wie hat sich die kommunale Entwicklungspolitik in Deutschland in den letzten Jahren weiterentwickelt und wo steht sie heute? Was wurde erreicht und welche Herausforderungen bestehen für kommunales entwicklungspolitisches Engagement? Und wie können deutsche Kommunen weiter unterstützt werden, um bis 2030 und darüber hinaus einen möglichst großen Beitrag zu einer global nachhaltigen Entwicklung leisten zu können? Diesen Fragen wurde in zwei komplementär angelegten Untersuchungen nachgegangen.

Unbeabsichtigte Risiken für Kleinlandwirt*innen im globalen Süden? Beispiel der Kakaobranche in Côte d'Ivoire

Tue, 08/15/2023 - 13:23

Bonn, 15. August 2023. Die Europäische Union hat eine neue Verordnung zur Bekämpfung des Klimawandels und des Biodiversitätsverlusts verabschiedet, um sicherzustellen, dass innerhalb ihrer Grenzen verkaufte Waren nicht zur Entwaldung in Drittländern führen. In den Exportländern des globalen Südens wird diese Verordnung mit Sorge betrachtet.

Eine neue Anti-Entwaldungsverordnung der EU, ein Bestandteil des Europäischen Green Deal, trat am 29. Juni 2023 in Kraft. Die hieraus erwachsenden Verpflichtungen werden für Großunternehmen zum 29. Dezember 2024 und für alle anderen Unternehmen zum 29. Juni 2025 wirksam. Während die Waldflächen innerhalb der EU zunehmen, ist der Konsum importierter Waren in der EU Schätzungen zufolge für etwa 10 % der weltweiten Entwaldung verantwortlich. Bei den Erzeugnissen, die von der neuen Verordnung erfasst werden, handelt es sich um Vieh, Kakao, Kaffee, Palmöl, Gummi, Soja und Holz sowie entsprechende Nebenerzeugnisse. Nach dieser Verordnung wird von EU-Importeur*innen ein Nachweis darüber erwartet, dass die importierten Erzeugnisse nicht aus Gebieten stammen, die nach dem Stichtag am 31. Dezember 2020 entwaldet wurden. Jede Charge eines Erzeugnisses muss demnach zu dem Grundstück rückverfolgbar sein, auf dem sie erzeugt wurde, und auf diesem Grundstück muss die Entwaldung nachweislich vor dem Stichtag stattgefunden haben.

Die tatsächlichen Auswirkungen auf die „Partner*innen“ der EU im globalen Süden beunruhigen nicht nur die Exportländer, sondern es bestehen auch Risiken durch unbeabsichtigte negative Auswirkungen, die gegenüber den beabsichtigten positiven Auswirkungen abzuwägen sind. Dies zeigt sich am Beispiel des Kakaos in Côte d'Ivoire.

In Côte d'Ivoire stellt der Kakaoanbau einen wesentlichen Bereich der Wirtschaft und Gesellschaft dar. Diese Branche sichert den Lebensunterhalt von fast einer Million Kakaolandwirt*innen, zusammen mit deren Familien und anderen Akteur*innen der Lieferkette über 8 Millionen Menschen. Mit einer jährlichen Erzeugung von etwa 2,4 Mio. Tonnen im Jahr 2022 macht die Branche 15 % des BIP und 40 % der Exporte Côte d’Ivoires aus. Das Land erzeugt 40 % des Kakaos weltweit und führt 59 % seiner Produktion in die EU aus.

Zugleich setzt sich der rapide Rückgang der Wälder Côte d'Ivoires fort. Seit 1960 hat man 9 Millionen Hektar eingebüßt und derzeit sind 9 % des Staatsgebiets von Wald bedeckt. Die Landwirtschaft ist für 62 % der Entwaldung verantwortlich, allen voran der Kakaoanbau mit 38 %. Die Regierung verfolgt das Ziel, diesen Trend umzukehren und strebt bis 2045 eine nationale Waldfläche von mindestens 20 % an. Um dieses Ziel zu erreichen, wird eine Nationale Strategie zur Erhaltung, Wiederherstellung und Erweiterung der Wälder umgesetzt. So gesehen stimmen die Ziele der EU mit den Ambitionen des Landes selbst überein.

Es bestehen jedoch Zweifel, ob die EU-Verordnung tatsächlich einen Wandel zum Guten bewirken kann, oder potenziell für Verschlechterungen sorgt. Die EU-Verordnung fordert Investitionen durch Staat, Privatwirtschaft und Landwirt*innen. Der Staat muss in ein System zur Identifizierung von Grundstücken anhand ihres Entwaldungsstatus investieren und dabei Landwirt*innen Identifizierungskennungen ausstellen. Die Privatwirtschaft muss Systeme zur Nachverfolgung jedes Erzeugnisses zu dessen Ursprung einrichten und für die Überprüfung sorgen. Die Landwirt*innen müssen den Ursprung ihres Kakaos von verschiedenen Grundstücken nachweisen und möglicherweise in Verpackungen, Chargen- und Sackkennzeichnungen investieren. Zudem bleibt unklar, wie traditionelle Praktiken wie der Wanderfeldbau (Brachflächen mit Sekundärwäldern) Berücksichtigung finden und welche Anpassungen erforderlich werden.

Es ist mehr als ungewiss, ob solche erheblichen Investitionen und Anpassungen in der kurzen Zeit bis zum Inkrafttreten der Verordnung getätigt werden können. In den letzten Jahren sind beträchtliche Anstrengungen und Mittel für verschiedene private, öffentliche und öffentlich-private Initiativen wie die Cocoa and Forest Initiative aufgewendet worden – jedoch mit recht bescheidenen Ergebnissen. Für den Zeitraum 2020 – 2028 werden für einen nachhaltigen Kakaosektor Prognosen zufolge 1,9 Mrd. US-Dollar an öffentlichen Investitionen benötigt.

Aus all diesen Gründen läuft Côte d'Ivoire Gefahr, einen erheblichen Rückgang seiner EU-Kakaoexporte zu erleben. Dies könnte zu einem Anstieg der Kakaopreise in der EU führen, wovon jedoch nur Akteur*innen jener Lieferketten profitieren werden, die die geforderten Nachweise erbringen können. Doch die Zusatzkosten zur Anpassung an die neuen Anforderungen entlang der Wertschöpfungskette werden einen Großteil dieser Preise verschlingen, die damit kaum den Landwirt*innen zugutekommen. Jene, die ausscheiden, werden gezwungen sein, den Kakao an andere, weniger regulierte Märkte in Ländern mit niedrigerem Einkommen und niedrigeren Preisen zu verkaufen. Oder sie müssen zu anderen Erzeugnissen übergehen, wobei die Auswirkungen auf die Entwaldung ungewiss sind.

Durch ihre neue Verordnung kann die EU bei der Entwaldung künftig eine neutrale Bilanz vorlegen. Sie läuft jedoch Gefahr, die Entwaldung nicht zwangsläufig zu beenden und könnte sie sogar beschleunigen. Wenn selbst ein Land mittleren Einkommens wie Côte d'Ivoire mit den Herausforderungen dieser Verordnung zu kämpfen hat, wie viel stärker werden dann erst ärmere Länder und deren Landwirt*innen herausgefordert, und möglicherweise ausgeschlossen?

Die Bereitschaft der EU, konkrete Initiativen zur Beschleunigung des nachhaltigen Wandels zu ergreifen, ist zu begrüßen. Doch die EU sollte es vermeiden, ein Leitbild von Nachhaltigkeit mit unrealistischen oder unvollständigen Maßnahmen durchzusetzen, und stattdessen dafür Sorge tragen, dass diese Initiativen für alle tragfähig, nachhaltig und positiv sind. Zur Erreichung ihrer Ziele sollte die EU systematisch Finanzierung für ärmere betroffene Länder und Akteur*innen bereitstellen, die sich um Compliance bemühen. Aus denselben Gründen sollten weitere Lieferkettenregelungen im globalen Norden einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden.

Alla Jacques Kirioua ist stellvertretender Direktor für Waldkataster und Kartographie im Ministerium für Wasser und Wälder der Côte d’Ivoire. Mit einem Hintergrund in Forstwirtschaft, Geografie und Umweltmanagement sind seine Arbeitsbereiche Agroforstwirtschaft, Wiederaufforstung, räumliche Überwachung von Wäldern sowie Wiederherstellung von Waldlandschaften.

Michael Brüntrup ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am German Institute of Development and Sustainbility (IDOS). Als ausgebildeter Agrarwissenschaftler führt er Forschungen und Projekte in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit mit Schwerpunkt auf Subsahara-Afrika durch.

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The impact of local financial development and corruption control on firm efficiency in Vietnam: evidence from a geoadditive stochastic frontier analysis

Mon, 08/14/2023 - 10:30

In this paper, we use a geoadditve Bayesian stochastic frontier analysis to empirically assess the impact of provincial-level financial development, corruption control, and their interaction on firm efficiency in Vietnam. Using panel data from more than 40,000 Vietnamese firms during 2006-2013, we find that financial development decreases firm efficiency, while corruption control promotes it. Moreover, financial development and corruption control interact positively in affecting firm efficiency. Our results imply that corruption control not only enhances firm efficiency directly by reducing unnecessary regulatory burdens, costs, and delays, but it also offsets potential inefficiencies that arise from increased financial development.

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