Bonn, 30.05.2022. Vor fünfzig Jahren schreckte ein 200 Seiten starkes Werk die Weltöffentlichkeit auf: „Limits to Growth – Grenzen des Wachstums“ rückte ins Bewusstsein, dass stetige Wachstumsprozesse auf einem endlichen Planeten an Grenzen stoßen können oder sogar müssen. Den Bericht hatte der Club of Rome in Auftrag gegeben. Dieser wurde 1968 ins Leben gerufen und ist ein informeller Zusammenschluss von hochrangigen Personen aus Politik, Diplomatie, Wissenschaft und Wirtschaft. Die Mission des Club of Rome ist es, drängende Menschheitsfragen nicht länger in disziplinären Silos, sondern als komplexe interdependente Themen zu betrachten. Diese sollen in umfassenden und langfristig angelegten Forschungen bearbeitet und daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Die Geschichte von „Limits to Growth“ hat gezeigt, dass so gestaltete Forschungen tatsächlich weltweite politische Debatten anstoßen und dauerhaft verankern können.
Lohnt sich die Lektüre von „Grenzen des Wachstums“ auch nach fünfzig Jahren noch und welche Lehren können gezogen werden?Der Bericht wirft einen Blick in die Zukunft, basierend auf fünf Megatrends der ausgehenden sechziger und beginnenden siebziger Jahre: Bevölkerungswachstum, Industrialisierung, Unterernährung, Verbrauch nicht-erneuerbarer Rohstoffe und Umweltverschmutzung. Erstmals in der Geschichte der Erdsystemforschung wurden Computer eingesetzt, um die Entwicklung komplexer Systeme im Zeitverlauf zu modellieren. Unter verschiedenen Annahmen wird untersucht, wie sich die genannten Megatrends jeweils für sich und im Zusammenspiel untereinander entwickeln werden. Eine zentrale Botschaft ist, dass einige der Beobachtungsgrößen, konkret die Bevölkerung und die industrielle Produktion nicht linear, sondern exponentiell wachsen. Wenn andere Systemelemente, beispielsweise die Nahrungsmittelproduktion, nur linear gesteigert werden können, müssen massive Probleme zwingend auftreten. Die Autor*innen äußern die Befürchtung, dass Fortschritte z.B. bei der Reduktion der Umweltverschmutzung je Produktionseinheit durch einen exponentiellen Anstieg der Produktion überkompensiert werden. Ohne den Übergang von einem Wachstums- zu einem Gleichgewichtsmodell, so die Schlussfolgerung, ist ein schneller Systemzusammenbruch in naher Zukunft zwingend.
Der Bericht wurde über die Jahrzehnte hinweg intensiv und vielfältig rezipiert. Die Berechnungen und die ihnen zugrundeliegenden Annahmen werden rückwirkend teilweise als übermäßig vereinfachend und zu pessimistisch beurteilt. So konnte die Belastung städtischer Luft mit Schwefeldioxid nach 1972 deutlich schneller verringert werden als im Bericht als bestmögliches Szenario beschrieben. Die Lebensmittelerzeugung wurde dynamischer ausgeweitet als angenommen. Die Industrialisierung als dominante oder gar einzige Form des Wirtschaftswachstums zu interpretieren, ist in der Nachbetrachtung unzureichend: Seit 1970 hat der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der Wertschöpfung deutlich zugunsten von Dienstleistungen abgenommen.
Andere Studien zeigen aber, dass einzelne der Megatrends und ihr Zusammenspiel sich im Zeitverlauf durchaus bestätigt haben. Andere Bedrohungen kamen hinzu, die 1972 noch kaum beachtet wurden. Der Klimawandel beispielsweise findet in „Grenzen des Wachstums“ lediglich kursorische Erwähnung im Mittelteil des Berichts; ähnlich verhält es sich mit dem Verlust an Biodiversität und dem Artensterben.
Für die Nachhaltigkeitsdebatte gerade in Deutschland ist folgende Betrachtung „50 Jahre danach“ von großer Bedeutung. Technologischer Fortschritt kann, stärker als 1972 prognostiziert, Wachstumsprozesse auf der einen von Umweltzerstörung und der Erschöpfung natürlicher Ressourcen und Senken auf der anderen Seite abkoppeln. Oft bedeutet dies keine absolute Entkoppelung, d.h. Ressourcen werden weiter verknappt und Senken belastet, nur geschieht dies deutlich langsamer als 1972 vermutet. Dies verschafft der Menschheit Zeit, um neue Modelle für die nachhaltige Entwicklung zu entwickeln und umzusetzen.
Leider wird in Deutschland der Technologiediskurs oft mehr von der Furcht vor Risiken als von Optimismus bezüglich neuer Chancen geprägt. Dies betrifft weite Teile von Politik und Zivilgesellschaft. Aber auch die wissenschaftliche Technikfolgenabschätzung steht in der Tradition, vor allem mögliche nicht-intendierte negative Folgen von neuen Technologien in den Blick zu nehmen. Diese von dem Philosophen Hans Jonas als „Heuristik der Furcht“ gekennzeichnete Haltung kann Innovationen ausbremsen, was sich am Beispiel von Carbon Capture and Storage (CCS) ebenso zeigen lässt wie bei neuen Pflanzenzuchtmethoden wie CRISPR-CAS. Wir plädieren nicht für Blindheit gegenüber möglichen Risiken neuer Technologien. Angesichts rasch erodierender planetarer Grenzen sollte eine angemessene Bewertung von Innovationen aber in eine ergebnisoffene Einschätzung von Chancen und Risiken eingebettet werden. Nur so können Politik und Gesellschaft wichtige Leitplanken für die technologische Entwicklung setzen, ohne sie unnötig und ethisch nicht vertretbar zu verlangsamen.
Andreas Stamm ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik.
Jakob Rhyner ist Wissenschaftlicher Direktor der Bonner Allianz für Nachhaltigkeitsforschung / Innovations-Campus Bonn (ICB).
Hartmut Ihne ist Präsident der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.
With their varied interests and needs, are European and African countries likely to build a stronger partnership? The Summit of the European Union and the African Union (EU-AU) at the end of February shows that cooperation between the two continents carries on. Yet, the need for a makeover of the partnership has been increasingly voiced. To ensure that the sustainability transition becomes an opportunity for enhanced cooperation rather than a barrier, the EU and African countries must discuss all implications of envisioned measures and plan for a sustainable future together. To that end, they need to ensure an eye-level partnership, with joint learning and knowledge creation, joint circular economy systems, and enhanced jobs and economic benefits on both sides. They must break out of old partnership patters to address each other’s challenges and support each other’s potential, while acknowledging intrinsic heterogeneity and varied needs as well as the implications of their long history together.
Global Supply Chains (GSCs) have become a key feature of globalisation. Production processes are increasingly broken down into specific tasks and organised across national borders. They are organised and governed by “lead firms” (Gereffi, 1994) that set many of the standards according to which other firms in the chain operate. About half of all global trade is nowadays organised in GSCs (World Bank, 2020a). The organisational structure of GSCs has an enormous influence on whether the global community reaches the Sustainable Development Goals. GSCs have enabled developing countries to access international markets and thereby increase people’s incomes, but the types of new employment created do not always meet international standards of decent work. Likewise, global firms often introduce new technologies and better environmental practices to local firms, but their integration in GSCs also triggers additional resource extraction and boosts transport-related greenhouse gas emissions. Put simply: While GSCs provide new opportunities to firms and countries, GSC integration does not automatically translate into sustainable development in its economic, social and environmental dimensions.
WhatsApp is the most popular messaging platform in over 80% of countries in West Africa, and a daily port of call for a wide range of information and services. This chapter is part of an edited collection that seeks to examine the impact that this technology and the fundamental changes that WhatsApp has brought to many citizens' lives in social, economic and political contexts.
This study explores to what extent the COVID-19 crisis has been a turning point in the industrialisation process and the overall progress of countries towards sustainable development and what this implies for future inclusive and sustainable industrial development policies. The focus of the study is on latecomer economies.
This paper examines whether social protection – in the form of existing social assistance programmes – affects measures of household well-being such as poverty, food security and costly risk-coping behaviour during the COVID-19 pandemic. Using primary data from nationally representative, in-person surveys in Kenya allows the exploration of the impacts of major social assistance programmes. Our analysis employs the doubly robust difference-in-differences approach to estimate the impacts of social assistance programmes on common measures of household welfare. We find that social assistance programmes significantly reduce the prevalence of economic shocks and the further impoverishment of beneficiaries during the pandemic. Furthermore, households with social assistance coverage are less likely to sell assets as a coping strategy. Overall, the results suggest that, during a systematic crisis such as a pandemic, pre-existing social assistance schemes can deliver positive impacts in line with the primary goals of social safety nets and prevent households from falling deeper into poverty by preserving their asset base.
The present situation of protracted crises – climate, biodiversity, the pandemic and the war in Ukraine – and their repercussions on human wellbeing appear overwhelming. With the Green Deal, Team Europe and Global Gateway the EU has presented several ambitious initiatives to address these crises but has neglected the dialogue with its partners. Europe was under considerable (geo)political pressure to provide these responses, yet the internal discussions leading to their adoption and the time pressure meant that the dialogue with its international partners was limited in both scope and depth. This not only contradicts its aim to move away from so-called ‘donor-recipient relations’ but also jeopardises the effectiveness and sustainability of its initiatives. In the long run, Europe can only address these crises by building and sustaining strong and responsive global alliances.
Germany promotes “just transition” as a guiding principle for the global transition to a socially and environmentally sustainable economy that incorporates the necessary climate, environmental and energy policy measures. This includes the urgent transformation of economies to become emission neutral while ensuring a process whereby poverty and inequality are reduced, and no one is left behind.
The German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), the World Bank and the German Federal Ministry for Economic Cooperation and Development (BMZ) worked together to explore ways to implement the concept of just transition in German development cooperation. The two papers that have resulted from this process outline approaches to a “just transition for all” and highlight its potential to reduce poverty and inequality (SDG 1 and SDG 10).
In recent decades, the interdependencies between social and ecological development have become clear: negative effects of climate change particularly affect vulnerable and marginalised groups living in poverty. At the same time, social inequalities contribute to an exacerbation of climate change. A just transition must effectively address the consequences at the international, national, regional and local levels.
Both papers provide an overview of existing approaches and challenges to foster a “just transition for all”. They offer different but complementary perspectives on an increasingly important complex of topics.
This first paper, by DIE, takes a broad perspective by considering the decarbonisation of the energy sector as a whole, outlining the connections between just transition, poverty and inequality, and exploring how to ensure a just transition (for both workers and consumers) through the use of different social protection mechanisms. It argues that it is possible to make energy transitions just, but that properly designed combinations of socio-economic and climate policies are needed.
A second paper, by the World Bank, zooms in on the transition away from coal. It lays out key social and community impacts resulting from the decommissioning of coal assets, based on experience gained from World Bank operations and from industrialised countries, and articulates an enhanced approach to supporting the coal transition. Both provide practical recommendations for international development cooperation in general, and for German development cooperation in particular.
Bei einem Treffen in Berlin haben die Entwicklungsminister der G-7 Staaten eine neue Allianz für globale Ernährungssicherheit ins Leben gerufen. Über die Bedeutung dieses Bündnisses. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erklärt die Direktorin des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE), Anna-Katharina Hornidge, welche Möglichkeiten aus diesem neuen Bündnis entstehen, wie sich die Entwicklungspolitik langfristig aufstellen muss – und warum wir dringend unser Bild von Afrika verändern müssen.
This paper uses the Quantile Vector-Autoregressive (Q-VAR) connectedness technique to examine the return and volatility connectedness among NFTs and (un)conventional assets including cryptocurrency, energy, technology, equity, precious metals, and fixed income financial assets across three quantiles corresponding to the normal, bearish, and bullish market conditions. It also explores the predictive powers of major macroeconomic and geopolitical indicators on the return and volatility connectedness across these three market conditions using a linear regression model. The main findings are as follows. First, the return and volatility connectedness vary across the market conditions, with the levels during the bearish and bullish market conditions being higher. Second, except under the bullish market condition, the total return connectedness is higher than those of total volatility connectedness. Third, NFTs are, at best, decoupled from (un)conventional assets during the normal market condition. Fourth, NFTs is a net return shock receivers except under the bullish market condition where it is a net transmitters. However, it is a net volatility shock receiver irrespective of the market condition. Fifth, during periods of economic crisis the total return and volatility connectedness rise (decreases) under the normal and bearish (bullish) market conditions. Finally, geopolitical risks, business environment conditions, and market and economic policy uncertainty are important predictors of return and volatility connectedness, although the predictive strength and direction vary across market conditions. We discuss the implications of our findings.
This paper analyzes the dependence between a newspaper-based economic sentiment index of the United States and four climate-themed financial indices since the outbreak of the COVID-19 pandemic. We use the quantile cross-spectral technique of Barunik and Kley (The Econometrics Journal 22:131–152, 2019), which allows dependence to vary across different time horizons and market conditions. Results show that when market conditions were very poor, dependence is strongest between economic sentiment and green bonds index in the intermediate time. However, under normal market returns, results show a similar pattern of increased dependence across the weekly, monthly and yearly cycles for all the climate-themed indices except green bonds. Besides, at the peak of the COVID-19 pandemic, normal returns dependence with economic sentiment was mostly positive and stronger than the lower and higher quantiles. Lastly, the strongest dependence under the 0.05|0.95 quantiles during the peak of COVID-19 pandemic occurred with green bonds in the short-term.
The ongoing fairway adaptation of the Elbe Estuary is one of the most contested infrastructure projects in Germany in recent years. After a 17-year, highly contested planning process, delayed by a number of court proceedings, the dredging works started in 2019. The dredging aimed to establish a depth of at least 17.40 m below mean sea level, permitting the port to handle larger container vessels independent of the tide. Environmental NGOs, fishers and the riverine municipalities claim that the dredging will lead to habitat destruction, terminate the fishery in the estuary, and that it violates the European Water Framework Directive. The conflict illustrates that knowledge production, political economy and power are closely intertwined and provides evidence that some planning conflicts go even deeper than this. They are ultimately rooted in different ‘estuary ontologies’, in the different ways in which nature is enacted, and in different imaginations of possible futures for the Elbe estuary and its riverine population. Based on qualitative interviews with the actors who are involved in, observe or fight against the intervention, and on a content analysis of press articles and webpages, we unravel the complex relations between political economy, knowledge production and the different performances of reality which characterize the ongoing conflict over the fairway adaptation. We relate competing narratives, knowledge claims and ontologies to the actors promoting and challenging the fairway adaptation. Finally, we identify multiple estuary realities, which are enacted by specific practices performed by fishers, port authorities and environmental NGOs.
This paper examines empirically whether social protection in the form of social assistance programmes are affecting social cohesion during the COVID-19 pandemic. Using unique primary data from nationally representative, in-person surveys from Kenya allows for the exploration of the effect of social protection on attributes of social cohesion. The analysis employs a difference-in-differences approach that compares households with and without social assistance coverage before and after the first wave of the pandemic. The main findings show that social assistance does not influence attributes of social cohesion. One potential explanation of this result is that social assistance benefits were in general too small to entirely offset the negative economic consequences of the pandemic. Overall, these results point to the limitations of social assistance programmes that do not necessarily affect social cohesion in times of large covariate shocks, such as the COVID-19 pandemic.
Bonn, 16.05.2022. Vom 9. bis 20. Mai findet in der Côte d‘Ivoire die fünfzehnte Konferenz der Vertragsparteien der Konvention der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Desertifikation (UNCCD) statt. Diese Konvention mit Sekretariat in Bonn ist viel weniger bekannt als ihre beiden großen Schwestern, die Klimarahmenkonvention (UNFCCC) und die Konvention über Biologische Vielfalt (CBD). Dies liegt nicht zuletzt daran, dass der Fokus der Konvention ursprünglich auf den Trockengebieten der von Wüstenbildung schwer betroffenen Ländern, insbesondere in Afrika, lag. Manche Länder des globalen Nordens, darunter Deutschland, deklarierten sich als „nicht betroffen“ und sahen die UNCCD vornehmlich unter entwicklungspolitischer Perspektive. Trotz mehrerer Reformen war zudem die Wirkmacht der UNCCD lange sehr bescheiden.
In jüngster Zeit ist jedoch Bewegung gekommen in die UNCCD. Ein wichtiger Schritt war die Entscheidung der UN, die UNCCD zur „Hüterin“ (custodian) des UN-Nachhaltigkeitsziels (SDG) 15.3. zu machen: „Bis 2030 die Wüstenbildung bekämpfen, die geschädigten Flächen und Böden einschließlich der von Wüstenbildung, Dürre und Überschwemmungen betroffenen Flächen sanieren und eine bodendegradationsneutrale Welt anstreben“. Durch „Adoption“ dieses Unterziels von SDG 15 „Leben an Land“ war die UNCCD nicht mehr auf Wüstenbildung und Trockengebiete beschränkt und erhielt erstmals eine wirklich globale Rolle. Obwohl somit die Fokussierung auf (afrikanische) Entwicklungsländer aufgeweicht wurde, hat dieser mission drift auch ihnen genutzt, zumindest was die globale politische Aufmerksamkeit betrifft – eine entscheidende Währung für Unterstützung.
Der nächste große Schritt für die UNCCD ist die bessere Bearbeitung von Dürren. Für die Bekämpfung von Dürren bzw. ihrer Auswirkungen, das Dürremanagement, ist Ursachenbekämpfung wie nachhaltigere Boden- und Landschaftsnutzung oder die Bekämpfung des Klimawandels notwendig, aber nicht ausreichend. Dürren sind ein Naturphänomen, sie können nur bedingt eliminiert werden. Es sind daher auf jeden Fall weitere Maßnahmen nötig. Sie umfassen Vorsorge, Vorwarnsysteme und Reaktion. Ziel muss es sein, durch proaktive Maßnahmen wie integrierte Wasserbewirtschaftung, Anbau- und Einkommensdiversifizierung oder offenen Agrarhandel die Widerstandsfähigkeit der öko-sozialen Systeme zu stärken, die Notwendigkeit von reaktiven Maßnahmen wie Katastrophenhilfe zu reduzieren und das gesamte System zu optimieren. Durch die Analyse früherer Dürren und von strukturellen Verletzlichkeiten können besondere Schwachstellen erkannt und gezielt angegangen werden. Schäden werden sich dennoch gerade bei schweren Dürren nicht vermeiden lassen, viele proaktive Maßnahmen kommen dann an ihre Grenzen. Umgekehrt werden manche getroffenen Maßnahmen beim Ausbleiben von Dürren als unnütz und kostspielig erscheinen. Das Austarieren von Kosten und Nutzen und die Beurteilung des Erfolgs von Dürrebekämpfungsstrategien ist daher sehr schwierig. Dies ist ein Dilemma aller Vorsorge-Ansätze. Zusätzlich zur Vorsorge können reaktive Maßnahmen wie Nahrungsimporte und Lagerung, Aktivierung von sozialen Sicherungssystemen oder Viehbestandsmanagement durch frühzeitige Warnungen rechtzeitig veranlasst und Kosten verringert werden. Katastrophenhilfe muss integriert werden in nachhaltigen Wiederaufbau (building back better), im Falle von Dürren gehören dazu bspw. die (Wieder-)Verbreitung von angepassten Sorten und der Aufbau lokaler Wasserinfrastruktur.
Für die UNCCD ist diese Gemengelage eine echte Herausforderung. Oft können die geeignetsten Maßnahmen nur auf lokaler Ebene erkannt, entschieden und umgesetzt werden, dazu gehören die meisten Natur-basierten Lösungen (nature-based solutions). Andere, wie handels- oder sozialpolitische Maßnahmen, können auf nationaler Ebene initiiert werden, müssen aber an lokale und zeitnah an die aktuellen Dürrebedingungen angepasst werden. Es kann kaum allgemeingültige Rezepte für Dürrestrategien geben. Die UNCCD muss sich daher darauf konzentrieren, internationale Aufmerksamkeit, integriertes Denken und Planen, allgemeine Leitlinien und lokales Lernen zu fördern. Dazu gehören:
Dürremanagement muss im Zusammenspiel mit anderen Risiken analysiert und angegangen, aber als eigenständige Aufgabe angesehen werden (nicht nur als Teil der Klimaagenda). Dürremanagement kann nur durch Koordination zwischen verschiedenen Sektoren, Ebenen und Akteuren verfolgt werden, es kann keine allein zuständige Dürre-Organisation geben. Natur-basierte Lösungen sind gerade im UNCCD-Kontext besonders naheliegend (Land!) und zu fördern. Und in der Tat brauchen gerade ärmere Entwicklungsländer, was sie schon lange fordern: mehr finanzielle Unterstützung. Dies muss innerhalb der UNCCD und seines Global Mechanism (eine Fazilität für Anschubfinanzierung) geschehen, aber auch im Rahmen der relevanten Sektorstrategien einzelner Länder und der Entwicklungszusammenarbeit. Finanzierung sollte an eine bessere Governance und an Ergebniskontrollen geknüpft werden, die im Fall der Dürrebekämpfung eher nicht auf beobachteten Wirkungen, sondern auf die nachhaltige Umsetzung von Präventionsmaßnahmen und Strukturaufbau schauen müssen.
Kommt es zu solchen Erfolgen, ist allen geholfen, auch dem Globalen Norden – durch weniger Bedarf an Katastrophenhilfe, stabilere Ökosysteme und Gesellschaften, weniger Krisen und Migration. Und lernen können und müssen wir zu Dürren und Bodendegradation ohnehin noch viel. Es wäre also auch Zeit, dass Deutschland seinen selbstgewählten UNCCD-Status als „nicht betroffenes Land“ aufgibt.
Cash-for-Work (CfW)/public works programmes have gained great interest recently because they can deliver employment and income for vulnerable households, in addition to dearly needed infrastructure. Studying donor-funded CfW programmes for Syrian refugees and their local neighbours in Jordan we show that CfW can also improve social cohesion, which is particularly important in the context of state fragility and migration. The studied programmes strengthen the sense of belonging and horizontal trust of participants and non-participants, refugees and locals, and in particular women. Their effect on vertical trust, however, is more ambiguous because many Syrians and Jordanians attribute positive effects to donor support rather than to Jordanian authorities. The authors use a mixed method approach including semi-structured interviews with 390 CfW participants, other community members and neutral observers and a quantitative analysis of a survey covering all 1847 participants of one CfW programme.
The first European Humanitarian Forum took place in March 2022. The hybrid event – co-hosted by the European Commission and the French Presidency of the Council of the EU – attracted a range of high-profile politicians and representatives from the humanitarian aid community and beyond. None of the various challenges the humanitarian community is facing are new: conflicts and climate change generate a growing number of people in need as well as refugees and internally displaced people while humanitarian funding from too few donors is stagnating. While the Forum addressed these and many other aspects, it did not offer many new insights and approaches. This commentary provides an overview of key takeaways and the aspects to keep in mind for the way forward.
Significant climate change mitigation policies are urgently needed to achieve emissions reduction targets. This paper shows that social protection and social cohesion play a critical role in making climate policies more acceptable to citizens by summarizing existing streams of research focusing on industrialized countries. Further, the empirical analysis explores whether these relationships also hold for low- and middle-income countries (LMICs), which are increasingly implementing climate change mitigation policies. The results show that vertical and horizontal trust increase acceptability in all countries. However, preferences for social protection have a positive effect only in industrialized ones. This may suggest a contrast between social and environmental goals in LMICs, where social goals are prioritized. The analysis also revealed a significant interaction between social cohesion and social protection. The paper concludes by discussing the existing research gap as to LMICs and outlines policy options to overcome the conflict between social and environmental goals.
Through a sequential mixed-methods approach, the paper investigates the effects of the different components of the Tingathe Economic Empowerment Programme (TEEP) on social cohesion in Malawi. The TEEP is an integrated social protection scheme offering to three different groups these services: a lump-sum transfer, a financial/business training connected to the creation of saving groups, and a combination of both. While other studies assessed the impacts of similar programmes on other outcomes, none focussed on social cohesion. The econometric analysis shows no concrete effect of the lump-sum, while both training and participation in savings groups affect within-group trust and cooperation. The qualitative analysis reveals a decline in trust towards local institutions and other village members; however, this was not related to the TEEP but to the social cash transfer (SCT) on whose infrastructure the TEEP rests. Other village members considered unfair that the beneficiaries received the SCT and this caused tensions.
Der Europatag erinnert an die Schuman-Erklärung vom 9. Mai 1950 und soll ein Tag des Friedens und der europäischen Einigkeit sein. Er ist auch der Jahrestag der Kapitulation der Nationalsozialisten vor der Roten Armee in Berlin am 8./9. Mai 1945, der dieses Jahr in Moskau mit einer trotzigen Militärparade begangen wird, während der Westen Russlands Kriegsverbrechen in der Ukraine verurteilt.
Das Wesen der EU als erfolgreiches Friedensprojekt ist in diesem Jahr besonders wichtig zu betonen. Denn der Krieg ruft Schrecken hervor, von denen die meisten Europäer*innen hofften, dass sie der Geschichte angehören. Die Schuman-Erklärung entwarf ein Europa, in dem Krieg nicht nur undenkbar, sondern aufgrund wirtschaftlicher und politischer Verflechtungen auch materiell unmöglich sein würde.
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine stellt die EU vor ein außenpolitisches Dilemma. Ihre Stärke als internationaler Akteur liegt in der Unterstützung der friedlichen Zusammenarbeit durch Entwicklungspolitik, Krisenprävention und Friedensförderung, durch Handel, Investitionen und Demokratieförderung, insbesondere in ihrer Nachbarschaft.
Die brutale Realität ist, dass Russland die Ukraine mit Panzern, Artillerie und Raketen angegriffen hat. Die russischen Streitkräfte haben zivile Infrastruktur und Wohnhäuser zerstört. Russische Politiker*innen und staatliche Medien haben völkermörderische Absichten in Bezug auf die ukrainische Bevölkerung geäußert. Zivilist*innen wurden von russischen Truppen gezielt angegriffen und ermordet. Die Ukraine verdient jede militärische Unterstützung, die sie von Europa erhalten kann – innerhalb der Grenzen, die durch die Notwendigkeit, eine nukleare Eskalation zu vermeiden, gesetzt sind.
Kurzfristig kann (und muss) die EU eine Schlüsselrolle darin spielen, die Fähigkeiten der Ukraine zu stärken, um die russischen Invasoren zurückzuschlagen. Die EU hat schnell, kohärent und entschlossen reagiert und das gesamte Spektrum ihrer außenpolitischen Instrumente eingesetzt. Über die Europäische Friedensfazilität (EPF) hat die EU militärische Ausrüstung für die Ukraine im Gesamtwert von 1,5 Mrd. EUR finanziert.
Der langfristige geostrategische Einfluss der EU in ihrer Nachbarschaft hängt jedoch nicht von ihrer militärischen Unterstützung für die Ukraine ab. Die EU hat zwar über die EPF eine gemeinsame Finanzierung von Waffenlieferungen vereinbart, doch deren Umsetzung ist Sache der einzelnen Mitgliedstaaten in Absprache auf NATO-Ebene.
Der Einfluss der EU wird davon abhängen, wie sie diejenigen geopolitischen Instrumente einsetzt, mit denen sie einen echten Mehrwert schaffen kann: humanitäre Krisenhilfe leisten, den Wiederaufbau der Ukraine unterstützen und den Binnenmarkt sowie die Anziehungskraft Europas nutzen, um für alle Seiten vorteilhafte wirtschaftliche, soziale und politische Beziehungen mit der Ukraine und anderen Nachbarn zu schaffen. Die jüngste EU-Entscheidung, alle Zölle auf Einfuhren aus der Ukraine auszusetzen, ist ein wichtiger erster Schritt.
Zunächst sollte die EU mit allen verfügbaren Mitteln humanitäre Hilfe leisten für die vertriebenen Menschen und für die Länder, in denen sie Zuflucht gesucht haben. Ebenso sollte sie den Wiederaufbau der ukrainischen Städte und der von der russischen Besatzung befreiten Gebiete sofort unterstützen. Die EU könnte die multilateralen Bemühungen zur finanziellen Unterstützung der Ukraine anführen und die größte Beitragszahlerin des zu dem zu diesem Zweck eingerichteten Multi-Geber-Treuhandfonds der Weltbank werden. Eine konzertierte Aktion zum Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur, z. B. über den vorgeschlagenen Solidaritätsfonds für die Ukraine, wäre ein wichtiges Signal.
Die EU hat vor kurzem die ehrgeizige Initiative „Global Gateway“ ins Leben gerufen. Sie sieht vor, 300 Milliarden Euro für Infrastrukturinvestitionen in Nicht-EU-Ländern und -Regionen aufzubringen. Obwohl die Initiative kein Instrument zur Krisenbewältigung ist, zielt sie auf den Aufbau genau der Art von physischer, digitaler und wirtschaftlicher Infrastruktur ab, die Frieden, Integration und nachhaltige Entwicklung unterstützen kann. Die EU könnte Initiativen zur Stärkung der Konnektivität mit der Ukraine auflegen, die auch anderen Ländern als Inspiration dienen könnten.
Längerfristig sollte die EU die friedliche Integration mit der Ukraine fördern, und zwar weit über das hinaus, was bisher im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik getan wurde. Die Ukraine wurde angegriffen, weil sie Russlands „Einflusssphäre“ den Rücken kehren und sich der EU zuwenden wollte. Sie sollte eine klare und realistische Beitrittsperspektive erhalten.
Am Europatag 2022, an dem erneut ein Krieg den Frieden und die Sicherheit in Europa bedroht, sollten wir uns daran erinnern, dass die Stärke der EU in ihrer Ablehnung des Militarismus und in den Grundsätzen einer friedlichen internationalen Zusammenarbeit wurzelt. Trotz der Schrecken des Krieges in der Ukraine und der Bedrohung durch Russland ist die EU nicht schwach. Sie ist wohlhabend, fortschrittlich und frei. Ihre erste Reaktion muss sein, die Niederschlagung der illegalen Invasion Russlands zu unterstützen. Langfristig wird eine starke Unterstützung der Ukraine genau das Gegenteil von dem bewirken, was die russische Regierung will: Die Unabhängigkeit der Ukraine und ihre Integration in die EU.
The Working Group III report provides an updated global assessment of climate change mitigation progress and pledges, and examines the sources of global emissions. It explains developments in emission reduction and mitigation efforts, assessing the impact of national climate pledges in relation to long-term emissions goals. Chapter 13 looks at national and sub-national actors, policies and institutions currently available and those that are necessary to reduce greenhouse gas emissions and achieve the Paris Agreement goals.