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Europäische Union

Ausführungen von Präsident Donald Tusk vor dem Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft in Riga

Europäischer Rat (Nachrichten) - Sat, 23/05/2015 - 13:09

Ich bin mit drei einfachen, sehr klaren Botschaften nach Riga gekommen.

Erstens: Die Europäische Union hält Kurs. Trotz der Einschüchterungen, der Aggression und sogar des Krieges des letzten Jahres bekennt sich die Europäische Union wie eh und je zu ihren östlichen Partnern. Beleg dafür ist, dass ungewöhnlich viele, nämlich 25 der 28 EU-Staats- und Regierungschefs hier anwesend sind. Ich bin mir absolut sicher, dass die Östliche Partnerschaft inzwischen ein gemeinsamer Schwerpunkt für uns ist – für ganz Europa, nicht wie vor fünf Jahren nur für den östlichen und mittleren Teil unseres Kontinents.

Zweitens: Die Europäische Union möchte ihre Beziehungen zu allen Partnern der Östlichen Partnerschaft voranbringen. D.h. unsere Zusammenarbeit muss sich nach ihren Bedürfnissen, ihrer Bereitschaft und natürlich nach ihren souveränen Entscheidungen richten. Wir möchten ihnen Hilfe zur Selbsthilfe leisten, damit sie ihre Gesellschaften zum Wohl ihrer Bürger umgestalten und damit sie widerstandsfähiger werden gegen äußeren Druck.

Drittens: Die Europäische Union ist ein verlässlicher Partner auf lange Sicht. Ich bin mir durchaus bewusst, dass wir alle ungeduldig auf Veränderungen warten, aber wir müssen uns in strategischer Geduld üben. Beim Gipfeltreffen von Riga geht es nicht darum, Riesenfortschritte zu verkünden. Nein: Unsere Partnerschaft wird sich Schritt für Schritt weiterentwickeln, genauso wie die Europäische Union aufgebaut wurde. Schritt für Schritt bedeutet dabei echte Fortschritte auf den Gebieten Handel, Energie, Mobilität und Reformen – im Interesse unserer Partner wie auch Europas insgesamt.

Zu guter Letzt möchte ich denen antworten, die behaupten, die Östliche Partnerschaft sei gegen Russland gerichtet. Das stimmt nicht. Die Östliche Partnerschaft ist kein Schönheitswettbewerb zwischen Russland und der Europäischen Union. Aber offen gesagt zählt Schönheit doch. Wenn Russland ein bisschen weicher, charmanter, und attraktiver wäre, müsste es vielleicht seine eigenen Unzulänglichkeiten nicht mit zerstörerischen und aggressiven Einschüchterungsmethoden gegenüber seinen Nachbarn kompensieren. Ich danke Ihnen.

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Zahlungsdienste: Rat und Parlament vereinbaren neue Vorschriften

Europäischer Rat (Nachrichten) - Sat, 23/05/2015 - 13:09

Der lettische Ratsvorsitz und das Europäische Parlament haben am 5. Mai 2015 eine vorläufige Einigung über den Entwurf einer Richtlinie erzielt, mit der der EU-weite Markt für elektronische Zahlungen weiterentwickelt werden soll. Die Einigung wurde in einer informellen Trilogsitzung in Brüssel erzielt. 

"Mit der neuen Richtlinie wird ein präziser Rechtsrahmen für mehrere Arten neuer Marktteilnehmer geschaffen, die bereits seit einigen Jahren im Bereich der Internet-Zahlungen aktiv sind, beispielsweise Zahlungsauslösedienstleister und Kontoinformationsdienstleister", so der lettische Finanzminister und Präsident des Rates Jānis Reirs. "Die Richtlinie wird auch neue Dienstleistungsarten wie die Emission von Zahlungsinstrumenten durch dritte Zahlungsdienstleister gestatten. Dadurch werden neue Wettbewerbsanreize geschaffen und Innovationen auf dem Zahlungsverkehrsmarkt gefördert. Ich bin überzeugt, dass die zusätzlichen Sicherheits- und Aufsichtsvorschriften auch die Sicherheit von Online-Zahlungen und den Verbraucherschutz in der EU erhöhen werden." 

Die Einigung muss noch vom Rat bestätigt werden, sobald der Wortlaut der Richtlinie auf fachlicher Ebene endgültig überarbeitet worden ist. Die Richtlinie wird dann dem Europäischen Parlament zur Abstimmung in erster Lesung und dem Rat zur endgültigen Annahme vorgelegt. 

Die geltende Richtlinie über Zahlungsdienste (Richtlinie 2007/64/EG), die Rechtsgrundlage für die Schaffung eines EU-weiten Zahlungsverkehrsbinnenmarkts war, wird in die neue Richtlinie eingearbeitet und kann daher aufgehoben werden. 

In der so überarbeiteten Richtlinie werden geltende Vorschriften an neue und innovative Zahlungsdienste, einschließlich Internet- und mobile Zahlungen, angepasst. Es werden umfassende Vorschriften mit dem Ziel festgelegt, ein sichereres Umfeld für Zahlungen zu schaffen, insbesondere für Zahlungen über einen Fernzugang. Mit der Richtlinie wird außerdem ein stärker harmonisierter und wirksamerer Rahmen für die Aufsicht durch die zuständigen nationalen Behörden festgelegt. 

Seit dem Erlass der ursprünglichen Richtlinie über Zahlungsdienste im Jahr 2007 sind innovative Methoden für Zahlungsauslösedienste im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs entstanden. Bei diesen Diensten wird eine Softwarebrücke zwischen der Website des Händlers und der Plattform für das Online-Banking des Zahlers eingerichtet, um auf Überweisungen gestützte Zahlungen über das Internet auszulösen. Diese Dienste, die nun von der neuen Richtlinie erfasst werden, ermöglichen es dem Zahlungsauslösedienstleister (der zu keinem Zeitpunkt über das Geld des Nutzers verfügt), dem Zahlungsempfänger die Gewissheit zu geben, dass die notwendigen Mittel für einen bestimmten Zahlungsvorgang auf dem Konto verfügbar sind und die Zahlung ausgelöst wurde. 

Darüber hinaus werden die Tätigkeiten von Kontoinformationsdiensten reguliert. Mit diesen Diensten werden dem Zahlungsdienstnutzer beispielsweise aggregierte Online-Informationen zu einem oder mehreren Zahlungskonten bei einem oder mehreren Zahlungsdienstleistern geboten. Damit erhält der Zahlungsdienstnutzer einen Gesamtüberblick über seine finanzielle Situation zu einem bestimmten Zeitpunkt. 

Zugleich werden mit dem Richtlinienentwurf die Sicherheitsmaßnahmen für Internet-Zahlungen und für die Nutzung der Dienste der obengenannten neuen Marktteilnehmer gestärkt. Mit der neuen Richtlinie wird eine starke Kundenauthentifizierung für die Identifizierung des Kunden für jede einzelne Transaktion gewährleistet. Der neue und verstärkte Aufsichtsrahmen wird die Sicherheit und den Verbraucherschutz auf diesem Gebiet noch weiter erhöhen.

Nach der Annahme der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, um sie in ihre einzelstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften umzusetzen.

 

 

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Europe Weekly: Mit Kriegsschiffen gegen Menschenschmuggler

EuroNews (DE) - Fri, 22/05/2015 - 19:16
Die wichtigste Entscheidung, die in den vergangenen Tagen in Brüssel fiel, war jene im Zusammenhang mit Militäraktionen, die auf hoher See und…
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Keine klare Beitrittsperspektive für Länder der Östlichen Partnerschaft

EuroNews (DE) - Fri, 22/05/2015 - 17:31
Das schwierige Verhältnis der EU zu Russland wirkt sich auch auf die Länder der Östlichen Partnerschaft aus. Bei einem Gipfeltreffen mit den sechs…
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Erklärung des Präsidenten des Europäischen Rates, Donald Tusk, im Anschluss an sein Telefongespräch mit dem Präsidenten Aserbaidschans, Ilham Aliyev, vom 21. Mai 2015

Europäischer Rat (Nachrichten) - Fri, 22/05/2015 - 12:44

Heute Morgen habe ich Präsident Aliyev und den Angehörigen und Freunden der Opfer des Wohnhausbrands in Baku mein Beileid ausgesprochen. Meine Gedanken sind bei ihnen. So sehr ich bedaure, dass dieses tragische Ereignis Präsident Aliyev daran hindert, heute und morgen am Gipfel der Östlichen Partnerschaft in Riga teilzunehmen, so sehr verstehe ich sein Bedürfnis, den Menschen in seinem Land in dieser schwierigen Situation beizustehen.  

Am Telefon haben wir auch über die Östliche Partnerschaft und die bilateralen Beziehungen zwischen Aserbaidschan und der Europäischen Union gesprochen. Dabei haben wir die Entschlossenheit beider Seiten bekräftigt, uns für diese Partnerschaft und den Ausbau der Beziehungen zwischen der EU und Aserbaidschan einzusetzen. Wir begrüßen die Tatsache, dass in Kürze die Verhandlungen über ein neues Abkommen zwischen der EU und Aserbaidschan aufgenommen werden.

Sehr gern habe ich schließlich die Einladung Präsident Aliyevs nach Aserbaidschan angenommen.

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Tischrede des Präsidenten Donald Tusk am Vorabend der Verleihung des Karlspreises in Aachen

Europäischer Rat (Nachrichten) - Fri, 22/05/2015 - 12:44

Ich möchte mich zunächst herzlich bei Herrn Vorsitzenden Linden, Bürgermeister Philipp und den Bürgern Aachens bedanken. Es ist mir eine Ehre, heute Abend hier zu sein. Aachen ist natürlich ein Symbol der europäischen Einheit. Aber es ist auch die Heimat der Person, in deren Namen wir uns am heutigen Abend versammelt haben: Martin Schulz.

Lieber Martin, ich freue mich für dich. Morgen wirst du ein Karlspreisträger sein. Zu den Preisträgern zählen Könige und Königinnen, Präsidenten und Premierminister, Päpste... und Polen. Genau wie du haben sie alle ihr Leben der Einheit Europas gewidmet. Du bist zwar nicht der erste Präsident des Europäischen Parlaments, der den Karlspreis erhält. Aber mit deinem persönlichen Beitrag zur parlamentarischen Demokratie in Europa sorgst du dafür, dass du nicht der letzte sein wirst. Nach den Europawahlen im letzten Jahr ist das Organ, für das du dich über 20 Jahre lang eingesetzt hast, in eine bedeutende neue Phase seiner Geschichte eingetreten.

Martin, ich habe deine enorme Arbeitsleistung, dein bedingungsloses Engagement und deinen unermüdlichen Einsatz als vehementester Wortführer der Demokratie im heutigen Europa aus nächster Nähe miterlebt. Jedes Mal, wenn ich nach einer Tagung des Europäischen Rates dem Parlament Bericht erstatte, beobachte ich mit Bewunderung, wie du mit eindrucksvoller Autorität die großen europäischen Debatten lenkst, an denen hunderte von Parlamentariern aus 28 Ländern beteiligt sind. Vielleicht stehe ich noch zu stark unter dem Eindruck der Sonate, die wir gerade gehört haben. Aber es scheint mir, als wärst du der gefürchtete Dirigent eines großen demokratischen Orchesters. Jeder, der dich kennt, weiß, dass immer mit dir gerechnet werden muss. Du gibst niemals auf und gibst niemals nach im Kampf für die Dinge, an die du glaubst, und dafür möchte ich dir meine Hochachtung aussprechen.

In diesem Jahr gehen wir von Schuman über zu Karl dem Großen, denn erst am 9. Mai noch haben wir die Anfänge der europäischen Integration gefeiert, und nun, ein paar Tage später, an Christi Himmelfahrt, verleihen wir diese renommierte Auszeichnung. Die Schuman-Erklärung und die Gründung der Gemeinschaft für Kohle und Stahl bedeuteten den Ausbruch aus dem verhängnisvollen Kreislauf von Gewalt und Vergeltung, der die Geschichte Europas prägt. Daran wurde ich eindringlich erinnert, als ich am vergangenen Wochenende in meiner Heimatstadt Danzig auf der Westerplatte an einer Gedenkfeier anlässlich der Beendigung des Zweiten Weltkriegs teilnahm – genau an dem Ort, an dem der Krieg begonnen hatte.

Heute sitzen wir hier – in der ersten größeren Stadt, die durch die westlichen Streitkräfte von der nationalsozialistischen Herrschaft befreit wurde – Seite an Seite, als engste Partner, Verbündete und Freunde. Doch vor 70 Jahren standen sich unsere Völker auf den Schlachtfeldern gegenüber, und noch vor 25 Jahren verlief zwischen ihnen ein Eiserner Vorhang. Unsere Aufgabe bleibt, niemals die Katastrophe, die sich in Europa zugetragen hat und die uns noch in lebendiger Erinnerung ist, in Vergessenheit geraten zu lassen: die bitteren Folgen der wirtschaftlichen Depression, militanter Nationalismus, Rassenhass und Totalitarismus. Sie wirkt noch immer nach.

Martin, ich weiß, dass du diese Verantwortung besonders stark empfindest. Sie ist einer der Gründe für deinen kompromisslosen Glauben an den Vorrang der Demokratie und die Rechte des Einzelnen. Das Schöne an der europäischen Integration ist auch, dass du nun der neunte Deutsche bist, der diesen Preis verliehen bekommt. Ein Preis, der sich – um es in den Worten seines Initiators, Dr. Kurt Pfeiffer, auszudrücken – "auf freiwilligen Zusammenschluss der europäischen Völker" zielt, "um in neu gewonnener Stärke die höchsten irdischen Güter – Freiheit, Menschlichkeit und Frieden – zu verteidigen".

Neben meinem Kollegen Herman (der ebenfalls heute hier anwesend ist) und dem Präsidenten der Europäischen Kommission, warst auch du dabei, als die Union im Jahr 2012 den Friedensnobelpreis erhielt. Dies war die endgültige Anerkennung für den einzigartigen Beitrag der europäischen Integration als Friedensprojekt und ein Meilenstein auf einer Reise, die noch nicht abgeschlossen ist.

Unsere Pflicht, die Vergangenheit in Erinnerung zu behalten, rückt die Herausforderungen der Gegenwart in die richtige Perspektive. Lasst uns nicht die Lehren der 1930er Jahre vergessen, die W.H. Auden als "ein erbärmliches, verlogenes Jahrzehnt" bezeichnet hat. Damals hat die politische Führung den wirtschaftlichen Missstand zu lange hingenommen. Sie tolerierte die Verletzung von Staatsgrenzen im Namen des Friedens. Sie tat den Aufstieg der rechten und der linken Extremisten als ein vorübergehendes Phänomen ab.

Jede Generation muss für Europa kämpfen. Die erste Nachkriegsgeneration musste die westliche Hälfte des Kontinents wiederaufbauen und aussöhnen. Die zweite Generation musste den Westen mit seinem weiten östlichen Hinterland wiedervereinen, das ein halbes Jahrhundert lang unter dem Totalitarismus leiden musste. Was ist dann die Herausforderung für die dritte Generation der europäischen Einheit? Nichts Geringeres, als mit fester Entschlossenheit die Versprechen Europas einzulösen. Die europäischen Werte zu leben und sie vor Feinden sowohl innerhalb als auch außerhalb Europas zu verteidigen. Nicht auf politische Scheinheiligkeit hereinzufallen. Ein Dach zu bauen, um das Haus des europäischen Projekts zu schützen.

In der Praxis bedeutet dies Handeln in verschiedenen Bereichen, von denen keiner eine Überraschung sein wird. Erstens bedeutet es, alles Notwendige zu tun, um nun eine dynamische europäische Wirtschaft zu schaffen, die den Bürgern dauerhaft zu Wohlstand verhilft. Dies kann nicht ohne eine zufriedenstellende Lösung der Griechenlandfrage, investitionsfreundliche Politik sowie weitreichende Steuer- und Arbeitsmarktreformen geschehen. Und schließlich müssen wir eine echte Wirtschafts- und Währungsunion schaffen, die auf demokratischer Zustimmung beruht, damit Europa sowohl wettbewerbsfähig als auch sozial sein kann.

Zweitens bedeutet dies, sich bewusst zu sein, dass unsere Glaubwürdigkeit als globaler Akteur nie mehr auf dem Spiel stand als in der heutigen Zeit. Im Osten herrscht Zweifel darüber, ob die Europäer den Mut haben, Einschüchterungen entgegenzutreten. Wir sollten die Menschen nicht im Zweifel lassen. Allgemeiner ausgedrückt, fragt man sich in der Welt, ob die Europäische Union – ein wirtschaftlicher Riese – sich wirklich bewusst ist, dass sie die Weltordnung nur dann gestalten kann, wenn sie sicheren Zugang zu Energie und auch zu den freien Märkten ihrer Verbündeten hat. Angesichts des Potenzials eines neuen transatlantischen Handelsabkommens zur Sicherung unseres Wohlstands und der Lebensweise einer ganzen Generation bin ich erstaunt, dass niemand auf die Straße geht und für dieses Abkommen demonstriert. Ein Scheitern von TTIP wäre ein Schlag für Europas Stellung in der Welt. Wir können entweder den weltweiten Wohlstand im atlantischen Raum mitgestalten oder ihn für uns im pazifischen Raum entscheiden lassen.

Martin, ich weiß, dass dein Lieblingsroman der Gattopardo von Giuseppe di Lampedusa ist, dessen berühmtestes Zitat lautet: "Wenn alles bleiben soll, wie es ist, muss sich alles ändern." Dem kann ich nur zustimmen. In all den Fragen, die ich angesprochen habe, brauchen wir einen kontinuierlichen Wandel, nur um den Status quo beizubehalten. Dieser Zeitpunkt in der Entwicklung der Europäischen Union ist keine Generalprobe. Die Bürger werden nicht ewig zusehen, wie es der etablierten Politik misslingt, für Wohlstand und Sicherheit zu sorgen. Wir müssen tun, was getan werden muss, jetzt, mit einer starken Zielbewusstheit, oder Europa wird Rückschritte machen – so einfach ist das.

Leider lässt der Name Lampedusa nicht nur an einen schönen Roman einer vergangenen Zeit denken, sondern auch an die menschliche Tragödie, die sich tagtäglich auf dem Mittelmeer abspielt. Es ist die dritte große Herausforderung, der sich Europa stellen muss, und unglücklicherweise auch diejenige, die uns am längsten begleiten dürfte. Uns steht ein schwieriger Sommer bevor. In den kommenden Monaten müssen wir auf die Krise so menschlich und verantwortungsvoll wie möglich reagieren. Es handelt sich dabei nicht nur um eine ungemein schwierige Aufgabe, sondern auch um eine Aufgabe, die wir nicht gänzlich ohne die Unterstützung auf der anderen Seite des Meeres bewältigen können. Kein Land kann sich seiner Verantwortung entziehen, wenn es gilt, weitere Tote zu verhindern.

Lassen Sie mich kurz ausholen zu einem ähnlichen Thema, das ganz ohne Frage von Bedeutung für die Zukunft Europas ist. Großbritanniens Debatte über Europa ist ein wesentlicher Aspekt beinahe aller Themen, die wir heute Abend und morgen erörtern werden – sei es in Bezug auf die Wirtschaft oder in Bezug auf die Geopolitik. Die Geschichte zeigt, dass, wann immer Großbritannien und der Kontinent zerstritten sind, das Ergebnis für beide sehr schlecht ist. Kein vernünftiger Mensch wünscht sich ein Europa oder eine Europäische Union ohne britischen Einfluss. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, eine Union zu errichten, die ihren 500 Millionen Bürgern angemessen dient.

Es ist meine größte Hoffnung, dass noch viele weitere britische Namen sich zu Winston Churchill, Roy Jenkins, Edward Heath und Tony Blair gesellen werden – Empfänger jenes Preises, den Martin morgen verliehen bekommt. König Alfred der Große war ein einigender europäischer Monarch ganz so wie Karl der Große, seine Inspirationsquelle und sein Vorbild.

In seiner Schrift Vom Geist der Gesetze führt Montesquieu aus, dass jedes demokratische System, wenn es denn gut funktionieren soll, eine klare Gewaltenteilung in Exekutive, Legislative und Judikative benötigt. Die Europäische Union bildet hier keine Ausnahme. Das Europäische Parlament jedoch ist ein Ausnahmefall: Es ist in Verbindung mit dem Rat der weltweit einzige übernationale, mehrsprachige Gesetzgeber. Jeder, der ein Mitentscheidungsverfahren miterlebt hat, kann bezeugen, dass das Europäische Parlament seit dem Vertrag von Lissabon zur wohl bemerkenswertesten Form parlamentarischer Macht in der Welt gereift ist. Sollte – wie Spinoza sagte – das Gesetz die Mathematik der Freiheit sein, so hat das Europäische Parlament die Freiheiten der einfachen Bürger Europas erweitert, indem es seine ganz eigene Rechnung angestellt hat.

Wie du weißt, Martin, ist im letzten Monat Günter Grass verstorben – nach einem bemerkenswerten, manchmal auch kontroversen Leben. Er war dein Landsmann und ebenso ein Sozialist wie du – und er war ein Kaschube aus Danzig, genau wie ich. Ich durfte ihm einige Male in unserer gemeinsamen Heimat begegnen. Von Grass ist der Ausspruch bekannt, dass es Bürgerpflicht ist, den Mund aufzumachen, nicht ihn zu halten. Was das betrifft, muss Günter Grass sicherlich sehr stolz auf dich gewesen sein! Ich denke, wir können getrost sagen, dass das Europäische Parlament ein großartiger Weltbürger ist, der oftmals als das Gewissen der Union auftritt und es sich nicht nehmen lässt, den höchsten Idealen Gehör zu verschaffen. Als sein eloquentester und furchtlosester Sprecher kannst du stolz darauf sein, Martin – so wie ich mir sicher bin, dass deine Parlamentskollegen am heutigen Abend ebenso stolz auf ihren Vorkämpfer sind.

Doch möchte ich an dieser Stelle ein Wort der Warnung aussprechen. Trotz all deiner Bemühungen müssen wir akzeptieren, dass der Aufstieg des direkt gewählten Parlaments nicht mit einem vergleichbaren Anstieg der Unterstützung für Europa auf dem gesamten Kontinent einhergeht. Populismus ist keineswegs ein europäisches Phänomen oder eines des Euro-Raums; es ist eine politische Realität in der ganzen Welt. Vor unserer eigenen Haustüre aber genügt es allein noch nicht, Institutionen aufzubauen und zu Eigenverantwortlichkeit zu befähigen. Für dauerhafte Akzeptanz müssen die Institutionen Ergebnisse liefern. Diejenigen, von denen nur leere Worte kommen, werden zur Fußnote der Geschichte.

Lieber Martin,
ich kann kaum glauben, dass es schon fünf Jahre her ist, seit ich dort saß, wo du nun sitzt, und dass ich heute Abend als Präsident des Europäischen Rates wiedergekommen bin. Ich kann dir und Frau Schulz nur dieselbe Freude wünschen, die meine Frau und ich damals empfunden haben. Beide habt ihr es wahrlich verdient.

Lieber Martin,
wir stehen für zwei unterschiedliche politische Lager. Du für die demokratische Linke, ich für die gemäßigte Rechte. Aber wir haben uns in den langen Jahren unserer Freundschaft verstanden – vielleicht sogar besser als Anhänger derselben Ideen –, weil das Leben wichtiger als die Ideologie ist, und tatsächlich haben unsere Lebensgeschichten so viel gemeinsam. Du bist politisch als Sozialist herangereift; ich wurde von den polnischen Kommunisten ins Gefängnis geworfen. Aber mein Gespür sagt mir, dass du, wärst du ein Pole, mit mir dieselbe Gefängniszelle geteilt hättest.

Wir beide wissen, was harte Alltagsarbeit bedeutet; als du Bücher verkauft hast, habe ich über viele Jahre als Bauarbeiter gearbeitet. Ja, wir sind beide durch die Schule des Lebens gegangen.

Deine Frau stammt aus dem heutigen polnischen Szprotawa (Sprottau), während meine Eltern in der Freistadt Danzig aufwuchsen, und so wissen wir beide, dass die Freundschaft zwischen Polen und Deutschen einer der Schlüssel für ein freies und sicheres Europa ist. Und nicht zuletzt haben wir beide von derselben, völlig unpolitischen Karriere geträumt, der Karriere eines Profi-Fußballers: Du spieltest für deinen geliebten Verein Rhenania 05 Würselen, ich spielte für Lechia Gdańsk. Wären da nicht unsere Verletzungen und einige fußballtechnische Schwächen gewesen – wir hätten 1982 bei der Weltmeisterschaft in Spanien gegeneinander antreten können. Ohne dich in der Mannschaft wurden die Deutschen nur Zweite, während es für Polen ohne mich auf dem Platz nur die Bronzemedaille gab. Nun spielen wir faktisch im selben Verein, und morgen wirst du mit zu den Trägern der Goldmedaille gehören.



Martin, herzlich Willkommen in unserer goldenen Mannschaft.
 

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Artikel - Höhepunkte des Plenums im Mai: Migrationsstrategie und Konfliktmineralien

Europäisches Parlament (Nachrichten) - Fri, 22/05/2015 - 10:29
Plenartagung : Konfliktmineralien, die Migrationsstrategie der EU-Kommission und der digitale Binnenmarkt - Die Agenda der EU-Abgeordneten im Mai Plenum (18.-21.5.) war gut gefüllt. Ein Überblick, was die Abgeordneten diskutierten und entschieden.

Quelle : © Europäische Union, 2015 - EP
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Eine kinderfreundlichere Justiz in Europa

EuroNews (DE) - Fri, 22/05/2015 - 09:03
"Jedes Jahr kommen Hunderttausende Kinder innerhalb der Europäischen Union in Kontakt mit der Justiz. Sind die Justizsysteme ihren Bedürfnissen…
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EU-Gipfel in Riga: Ratspräsident Tusk wirft Russland aggressive Haltung vor

Euractiv.de - Fri, 22/05/2015 - 08:01

EU-Ratspräsident Donald Tusk hat zum Beginn des EU-Gipfels in Riga das Verhalten von Moskau in der Ukraine-Krise scharf angegriffen. Die EU halte laut Tusk trotz der Einschüchterung Kurs in ihrer Politik Richtung Osten. Bundeskanzlerin Merkel beruhigte indes, die Partnerschaft richte sich nicht gegen Russland.

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Merkel: Rückkehr von Russland zu G-7 derzeit kein Thema

Euractiv.de - Fri, 22/05/2015 - 07:58

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Rückkehr Russlands zu G-7 als derzeit "nicht vorstellbar" bezeichnet. Die Opposition kritisiert indes die Krisenpolitik der Kanzlerin scharf: Klimagespräche im Kreis der G-7 ohne Russland und China seien nicht zielführend.

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Großbritannien: Cameron startet in Riga Debatte über EU-Reform

Euractiv.de - Fri, 22/05/2015 - 07:57

Der britische Premierminister David Cameron hat zwei Wochen nach seinem Wahlsieg die Debatte um eine EU-Reform eröffnet. Er werde die Gespräche über Reformen und über die Neuverhandlung der Beziehungen zu Grossbritannien beginnen, sagte er beim EU-Gipfel in Riga.

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Regulierung hormonwirksamer Chemikalien: Kommission und Industrie dementieren Verzögerungstaktik

Euractiv.de - Fri, 22/05/2015 - 07:57

Die EU-Kommission und die Chemieindustrie haben schwere Vorwürfe zurückgewiesen: Durchgesickerte E-Mails in einem neuen NGO-Bericht sollen zeigen, dass sie gezielt die Regulierung endokriner Disruptoren verlangsamen wollten. EurActiv Brüssel berichtet.

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BND-Chef räumt Fehler in US-Spionage-Affäre ein

Euractiv.de - Fri, 22/05/2015 - 07:42

Der BND-Chef Gerhard Schindler übernimmt als erster Verantwortung für die Fehler des deutschen Geheimdienstes. Er verteidigte den BND aber auch vor dem NSA-Untersuchungsausschuss: Illegal sei eine Ausspähung von E-Mails und Telefondaten mit EU-Bezug nicht.

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