Ich kann unsere heutige Konferenz nicht einleiten, ohne zunächst der Journalistin Daphne Caruana Galizia zu gedenken, die am Montag auf Malta durch eine Autobombe getötet wurde. Ich bin davon überzeugt, dass die maltesischen Behörden alles in ihrer Macht Stehende tun werden, um sämtliche Umstände dieses abscheulichen Verbrechens zu untersuchen und aufzudecken. In diesem besonderen Moment gedenken wir aller Journalisten, die in Erfüllung ihres Auftrags ums Leben gekommen sind. Ich habe selbst viele Jahre als Journalist gearbeitet und weiß deshalb, was Sie heute fühlen. Lassen Sie uns Daphne Caruana Galizia mit einer Schweigeminute ehren.
Und nun zu den heutigen Beratungen. Einmal mehr hat unserer Dreigliedriger Sozialgipfel im Kontext positiver Wirtschaftsnachrichten stattgefunden. Die europäische Wirtschaft ist endlich erwacht. Das BIP-Wachstum in der Europäischen Union liegt bei über zwei Prozent, und die Arbeitslosenquote ist unter die Acht-Prozent-Marke gesunken. Im Euro-Währungsgebiet wird derzeit die höchste Wachstumsrate seit 2011 verzeichnet. Eigentlich ist der Aufschwung in Europa kein Aufschwung mehr, sondern bereits eine wirtschaftliche Expansion. Kurz gesagt ist 2017 ein Jahr des wirtschaftlichen Erfolgs.
Wir haben jetzt gemeinsam die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Vorteile des Wirtschaftswachstums möglichst allen zugute kommen. Deshalb haben wir bei unserem Treffen heute ganz konkret erörtert, wie die Sozialpartner besser in die einzelstaatliche Politikgestaltung eingebunden werden können. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass wir nur dann echte Fortschritte machen können, wenn wir die Standpunkte der Sozialpartner berücksichtigen. Dies gilt besonders im gegenwärtigen digitalen Zeitalter, in dem die Bürgerinnen und Bürger – ob jung oder alt – über die richtigen Kompetenzen verfügen müssen, um erfolgreich zu sein. Hierüber habe ich nicht nur heute mit den Sozialpartnern gesprochen, sondern auch mit den führenden Politikern Europas auf dem Digital-Gipfel in Tallinn. Und auch auf der morgigen Tagung des Europäischen Rates werden wir uns bei unseren politischen Entscheidungen vom Geist von Tallin leiten lassen.
Die Staats- und Regierungschefs werden auch über Migrationsfragen beraten. Wie Sie alle wissen, hat die italienische Regierung unter der Führung von Ministerpräsident Gentiloni effektiv damit begonnen, die hohen Migrationsströme im zentralen Mittelmeer, die wir seit 2014 beobachten, einzudämmen. Es ist Italien zu verdanken, dass sich die Zahl der irregulären Migranten und der Todesfälle auf See endlich verringert. Wir dürfen uns jedoch nicht darauf beschränken, Italien unseren Dank auszusprechen. Die Europäische Union muss nun ihre Hilfsanstrengungen verstärken. Unsere Mitgliedstaaten sollten bereit sein, ihre finanziellen Zusagen für den Treuhandfonds für Afrika aufzustocken. Und die Europäische Kommission, die diesen Fonds verwaltet, sollte sicherstellen, dass die Gelder ganz gezielt für die Eindämmung der irregulären Migration verwendet werden. Ich werde die Staats- und Regierungschefs auffordern, eine offene und ernsthafte Aussprache zu führen, damit wir dieses Problem ein für alle Mal aus der Welt schaffen.
Am Freitag wird sich der Europäische Rat im EU-27-Format mit dem Brexit befassen. Ich habe darauf hingewirkt, dass von dieser Tagung eine ausgewogene Botschaft ausgehen wird. Die von uns erhofften "ausreichende Fortschritte" sind eindeutig nicht erzielt worden. Daher können wir noch nicht zur zweiten Phase der Verhandlungen übergehen. Trotz der nicht ausreichenden Fortschritte sind vielversprechende Fortschritte zu verzeichnen, insbesondere nach der Rede von Premierministerin May in Florenz. Ich werde der EU27 daher empfehlen, mit den internen Vorbereitungen für Gespräche über den Übergang und die künftigen Beziehungen zu beginnen.
Gestern Abend habe ich den Staats- und Regierungschefs der EU eine neue Agenda vorgelegt, die als Richtschnur für die Arbeiten der Europäischen Union bis Juni 2019 dienen soll. Sie ist das Ergebnis einer vollständigen Runde bilateraler Konsultationen mit den Staats‑ und Regierungschefs seit unserer Tagung in Tallinn vor einigen Wochen. Überall ist nun eine neue Bereitschaft vorhanden, unserer Arbeit neue Impulse zu verleihen und sie zu bereichern, auf neuen Ideen aufzubauen, unsere Einheit zu wahren und die EU dynamischer zu gestalten. Ich werde die Staats- und Regierungschefs auffordern, bei den Fragen, die wir als besonders dringlich eingestuft haben, vom Thema Migration bis hin zur Reform der WWU, wo wir in einer Sackgasse stecken und den gordischen Knoten durchschlagen müssen, die Zusammenarbeit einem strikten Zeitplan zu unterwerfen.
Einheit ist das Ziel, das mit der Leaders' Agenda verfolgt wird. Denn ich bin der festen Überzeugung, dass Einheit ein Wert an sich ist und dass Ehrgeiz kein Vorwand für eine Spaltung sein darf. Daher wird die EU27 oder gegebenenfalls die EU28 stets den Ausgangspunkt bilden. Einheit darf jedoch auch nicht gleichbedeutend mit Stillstand sein.
Die soziale Dimension wird ein wichtiger Bestandteil dieser neuen Agenda sein. Und bereits in einem Monat werden die Staats- und Regierungschefs auf dem Sozialgipfel für faire Arbeitsplätze und Wachstum in Göteborg Gelegenheit zur Erörterung sozialer Fragen haben. Das heutige Gipfeltreffen mit den Sozialpartnern war in diesem Zusammenhang ein hervorragender Start. Vielen Dank.
Heute haben wir über die Agenda der EU-Führungsspitzen für unsere Arbeit in den nächsten zwei Jahren gesprochen, und ich bin darüber erfreut, dass alle Gipfelteilnehmer einhellig grünes Licht für diesen Plan gegeben haben. Dies ist keine einfache Aufgabe, da im Rahmen dieser Agenda die strittigsten Punkte behandelt werden sollen und damit meine ich die Reform des Euro-Währungsgebiets, die Migrationskrise, innere Sicherheit, Handel und die künftige Finanzierung der EU. Deshalb habe ich auch eine neue Arbeitsmethode vorgeschlagen, die vielleicht etwas direkter aber gleichzeitig auch informeller ist. Es wird darum gehen, sich mit den Bereichen auseinanderzusetzen, in denen die europäische Zusammenarbeit nicht gut funktioniert, und in Bezug auf die Gründe dafür ehrlich zu sein. Solange die Auseinandersetzung respektvoll ist, ist sie gesund und bringt uns weiter. Und das ist der Geist der vor uns liegenden Arbeit. Vor allem hat mich heute sehr erfreut, dass keiner der Gipfelteilnehmer die Tatsache in Frage gestellt hat, dass wir gemeinsam Hand in Hand arbeiten und alle Mitgliedstaaten an einem Strang ziehen müssen.
Nach den Ausführungen von Premierministerin May gestern Abend und unseren Beratungen über den Brexit von heute früh habe ich den Eindruck, dass die Berichte über einen Stillstand der Verhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich übertrieben waren. Die Fortschritte sind zwar nicht ausreichend, das bedeutet jedoch nicht, dass es überhaupt keine gäbe. Der Rat hat heute vereinbart, dass interne vorbereitende Beratungen über den Rahmen der künftigen Beziehungen und Übergangsregelungen aufgenommen werden. Es liegt auf der Hand, dass dies ohne die neue Dynamik, die von der Rede von Premierministerin May in Florenz ausging, nicht möglich wäre. Ich möchte unseren britischen Freunden versichern, dass wir die dabei unterbreiteten Vorschläge bei unserer internen Arbeit berücksichtigen werden. Die Verhandlungen gehen also weiter und wir werden sie weiterhin positiv und konstruktiv angehen. Und da wir alle aktiv auf eine Einigung hinwirken, hoffe ich, dass wir im Dezember zur zweiten Phase unserer Gespräche übergehen können.
Schließlich haben wir infolge unserer Beratungen von gestern Abend über die Türkei die Kommission beauftragt, Überlegungen anzustellen, ob die Mittel der Heranführungshilfe gekürzt und umgewidmet werden sollen. Es war eine substanzielle Diskussion, wir wollen Ankara die Tür nicht zuschlagen, doch die derzeitige Realität in der Türkei macht dies schwierig. Es wurde außerdem betont, dass die Türkei in ihren Beziehungen mit der EU alle Mitgliedstaaten respektieren muss – auch wenn es um die Umsetzung des bestehenden Abkommens über eine Zollunion geht. Ferner haben wir die Bedenken von Präsident Anastasiades in Bezug auf Maßnahmen der Türkei gegenüber den griechischen Zyprern und Maroniten gehört.